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Bietigheim-Bissingen
Metzgermeister muss doch zahlen

Jetzt ist die Wurst vorerst einmal gegessen: Ein großer Metzger aus Bietigheim wurde gestern zu einer Geldstrafe von 10 000 Euro verurteilt, weil aus seiner Produktionsstätte verunreinigte Lebensmittel in den Handel kamen.

Ludwigsburg. Ausgerechnet ein Polizist kaufte sich im April letzten Jahres in einer Stuttgarter Filiale der Metzgereikette zwei verschweißte Bratwürste „Paprika-Chili“. Er biss auf ein Stück Plastik. 1,7 Zentimeter groß, spitz, scharfkantig und damit gesundheitsgefährdend. Es stellte sich heraus: Zwei Wochen davor war unbemerkt ein Messbecher in den Kutter gefallen. Er wurde mit dem Fleisch zerkleinert und zusammen mit den Gewürzen vermischt (wir berichteten).

Als er davon erfahren habe, habe er noch am selben Produktionstag alles in seiner Macht stehende getan, damit die komplette Charge sofort gesperrt wurde. Der Metzgermeister war sich nach eigener Aussage „absolut sicher“, alles erwischt zu haben. Von den 80 Kilo Rohmasse wurden 77,4 Kilo sichergestellt und später vernichtet. Ein Schwund von drei bis fünf Prozent sei nach dem Trocknen, Räuchern und Kochen normal, so die Aussage des 50-Jährigen. „Wenn ich damals gewusst hätte, dass noch mehr im Umlauf ist, hätte ich den ganzen Laden auf den Kopf gestellt.“ Es sei nicht seine Absicht, unsichere Lebensmittel zu verkaufen. Seine Angaben zu den persönlichen Verhältnissen am zweiten Prozesstag vor dem Amtsgericht Besigheim bezeichnete die Staatsanwältin als „lachhaft“. Angeblich gibt sich der Inhaber der Metzgerei ein Geschäftsführergehalt von nur 4000 Euro brutto. Die 13 000 Euro, die er monatlich durch Mieteinnahmen aus den eigenen Immobilen einnehme, gingen fast vollständig für Zins und Tilgung drauf.

Wie viel Schulden er hat, wollte er in der öffentlichen Hauptversammlung nicht sagen. Sein Geschäftswagen sei alt, er und seine Familie lebten in der „Hausmeisterwohnung“ über der Betriebsstätte. „Sehr witzig“, kommentierte die Anklagevertreterin.

Sie warf ihm vor, nicht die geeigneten Maßnahmen ergriffen zu haben, dass die verunreinigten Würste nicht in den Verkehr gelangten. 19 Stück wurden verkauft. Weder die Mitarbeiter in der Produktion, noch die in den Filialen, weder die Verbraucher, noch die Behörden seien informiert worden. „Das war grob fahrlässig und grenzt schon fast an Vorsatz.“ Es sei nur ein glücklicher Zufall gewesen, dass sich niemand an einem Plastikteil verletzt habe.

Die Staatsanwältin rügte außerdem die Betriebsführung eines so großen Filialunternehmens als „mangelhaft“ und die Organisation als nicht angemessen. „Der Angeklagte macht, was er für richtig hält.“ Es habe sich nach dem Vorfall in den Betriebsabläufen auch nichts geändert. Sie forderte eine Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 300 Euro, also 21 000 Euro.

Freispruch dagegen wollte der Verteidiger. Es könne seinem Mandanten weder Fahrlässigkeit noch Organisationsverschulden nachgewiesen werden. Der sei kein „wurstiger“ Geschäftsmann. Er habe nicht ahnen können, dass etwas aus dieser Produktion in den Verkehr gelangte. Dass das ein Fehlschluss gewesen sei, könne ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden. Außerdem sei sein Image durch den Prozess angekratzt.

„Ich trage die Verantwortung und es tut mir leid, dass es passiert ist“, entschuldigte sich der Diplom-Betriebswirt. Er habe damals keine weiteren Maßnahmen ergriffen, weil er keine Notwendigkeit dafür gesehen habe, sieht aber nicht ein, warum ihm nun daraus ein Strick gedreht werden soll. „Bei 80 Kilo ist die Differenz zwischen drei und fünf Prozent groß“, rechnete ihm die Richterin vor. Rund 2,6 Kilo. So ziemlich genau das Gewicht der Würste, die dennoch ausgeliefert wurden. Außerdem habe er die Betriebsabläufe gekannt und wusste: Noch vor dem Verpacken zweigen Mitarbeiter Ware ab, um sie in kleineren Portionen für den Selbstbedienungsbereich der Filialen zu verschweißen. Es sei fahrlässig gewesen, nicht tiefer nach weiteren Würstchen aus dieser Produktion zu fahnden. Ihr Urteil: 50 Tagessätze je 200 Euro. In Summe macht das 10 000 Euro.