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Lwinenabgang
Schock, Trauer und tiefe Betroffenheit

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Rettungskräfte beraten sich nach dem Lawinenunglück am Mittwoch in St. Valentin in Südtirol (Italien). Gegen 14 Uhr hatte sich auf 2100 Metern das Schneebrett gelöst und Mutter sowie Tochter aus einer Gruppe mitgerissen. Wegen des schlechten Wetters konnten weder Hubschrauber noch Motorschlitten eingesetzt werden, die Retter stiegen mit Tourenskiern zur Unfallstelle im Skigebiet Schöneben-Haideralm auf – was wertvolle Zeit kostete.Foto: Walter Wegmann/dpa
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Auch zwei Tage nach dem Lawinenunglück in Südtirol sind Schock und Trauer in Ludwigsburg groß. Der Tod einer 45-jährigen Ludwigsburgerin und ihrer Tochter im italienischen Skigebiet Schöneben-Haideralm hat tiefe Betroffenheit ausgelöst. Die Angehörigen sind weiter vor Ort und werden auch psychologisch betreut.

Ludwigsburg/St. Valentin. „Wir wollten einfach da sein und Hilfe geben, wenn nötig.“ Michael Finkbeiner und Gernot Jäger haben sich am Donnerstag um 4 Uhr morgens aufgemacht, um nach St. Valentin in Südtirol zu fahren. Der eine zweiter, der andere erster Vorsitzender der Schneeläuferzunft Ludwigsburg (SZL), war das für sie eine Selbstverständlichkeit – die von einer Lawine Getöteten sowie nahezu alle Gruppenmitglieder waren im Verein.

Entgegen anderslautender Berichte war die neunköpfige Gruppe von Skifahrern, die am Mittwoch gegen 14 Uhr von einer Lawine überrascht wurde, nicht Teil der parallel stattfindenden Ausfahrt der Schneeläuferzunft. Die fünf Erwachsenen sowie vier Kinder und Jugendlichen wohnten seit Anfang der Woche autonom in dem Ort St. Valentin.

Seit Montag befinden sich 45 Teilnehmer und fünf Betreuer und Skilehrer der Schneeläuferzunft auf der Haideralm. Die Ausfahrt ist Teil des jährlichen Programms der SZL und endet am Samstag. Eine erste Gruppe war die Woche zuvor vor Ort gewesen. Wie Michael Finkbeiner sagt, hätte die Gruppe bis auf Einzelne nach Gesprächen mit ihm und Jäger beschlossen, bis zum regulären Ende am Samstag zu bleiben und nicht bereits heute nach Hause zu fahren. Bis auf die Betreuer habe die Gruppe keine persönlichen Berührungspunkte mit den Opfern.

Wie berichtet, war die 45-Jährige mit ihrer elfjährigen Tochter und der Gruppe im Skigebiet Schöneben-Haideralm abseits der Piste unterhalb der Mittelstation unterwegs, als die Lawine abging. Der Vater soll den Alarm ausgelöst haben, die Einsatzkräfte mussten wegen der widrigen Wetterverhältnisse im Vinschgau jedoch mit Tourenskiern aufsteigen und konnten Mutter wie Tochter erst nach einer Stunde bergen. Beide starben.

Michael Finkbeiner betont, auch bei Lawinenwarnstufe 3 (siehe rechts oben), die in dem Moment galt, könne von Leichtsinn keine Rede sein. Alle in der Gruppe seien versierte Skifahrer gewesen und hätten nach ersten Angaben Airbags, Piepser und eine Sonde dabeigehabt. Es hätten offenbar gute Bedingungen mit Tiefschnee geherrscht. Die verunglückte Frau hatte bereits Preise im Ski alpin gewonnen, die vierköpfige Familie war auf den Skiern zu Hause. Finkbeiner: „Das ist immer eine situative Entscheidung, die sich im Nachhinein als falsch herausgestellt hat. Das steht uns nicht zu, das zu beurteilen.“

Auch Rudolf Pollinger warnt vor vorschnellen Urteilen: „Das sehr schlechte Wetter und der zusätzliche Schneefall erlauben derzeit noch keine direkten Erhebungen im Gefahrengebiet.“ Der Direktor der Agentur für Bevölkerungsschutz in Bozen von der Südtiroler Landesverwaltung kennt die Verhältnisse. „Für den 3. Januar war für ganz Südtirol die Lawinenwarnstufe 3 festgelegt worden.“ Trotzdem benötigen Skifahrer in freiem Gelände „eine gute Beurteilungsfähigkeit der örtlichen Lage, um die Gefährdung richtig einzuschätzen. Die widrigen Wetterbedingungen im betroffenen Gebiet haben eine solche Beurteilung wahrscheinlich wesentlich erschwert.“ Der Sturm Burglind hatte am Mittwoch in Mitteleuropa mit Geschwindigkeiten bis zu 200 Stundenkilometern gewütet und in den Alpen viel Neuschnee gebracht. Auch gestern fiel wieder viel Schnee.

Es habe keine Möglichkeit gegeben, die Unfallstelle zu besichtigen, sagt Michael Finkbeiner, Rudolf Pollinger betont, der Ablauf sei immer noch nicht geklärt. Berichtet wird in vielen Medien davon, die Gruppe hätte das Schneebrett selbst ausgelöst, was Finkbeiner nicht bestätigen will. Bei Gesprächen vor Ort soll einer der Jugendlichen berichtet haben, die Gruppe sei erst eine halbe Stunde zuvor ins freie Gelände gefahren und bereits nach der Abfahrt unten gestanden, als sich die Lawine plötzlich gelöst und die Ludwigsburger unter sich begraben habe.

Die Beteiligten seien gut versorgt worden, erzählt Finkbeiner. Sowohl die Bergwacht wie das Weiße Kreuz und auch Notfallseelsorger seien mit Mitarbeitern am Unglücksort zur Stelle und weiter präsent, „die psychologische Betreuung ist sehr gut“. Die Angehörigen seien weiter vor Ort und würden mittlerweile auch von weiteren Familienmitgliedern unterstützt. „Dieses Unglück ist eine unglaublich schwierige Situation für die Angehörigen, denen wir unser tiefstes Mitgefühl ausdrücken“, sagt auch Rudolf Pollinger.

Die Schneeläuferzunft kondoliert auf ihrer Website, laut Finkbeiner soll es innerhalb des Vereins mit rund 400 Mitgliedern „natürlich eine Aufarbeitung geben“. Jetzt gehe es jedoch erst einmal darum, die Betroffenen zu unterstützen und ihnen Ruhe zu geben.