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Der Akademiehof soll sicher werden

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350_0900_37092_21_07_21Wolschendorf_10.jpg Foto: Holm Wolschendorf
Der Akademiehof ist ein beliebter Treffpunkt, vor allem bei jungen Ludwigsburgern. Doch für die benachbarten Hochschulen haben zuletzt Müll, Wildpinkler und eine zunehmend aggressive Stimmung zu späterer Stunde das Fass zum Überlaufen gebracht. Oberbürgermeister Dr. Matthias Knecht macht das Thema nun zur Chefsache. Wird es künftig dort Videoüberwachung geben?

Ludwigsburg. „Der Akademiehof sollte ein Platz sein, auf dem niemand Angst hat“, sagt Thomas Schadt, Leiter der Filmakademie. Das sei aktuell jedoch nicht mehr der Fall. Bei ihm landeten vermehrt Rückmeldungen von Studierenden, die belästigt oder bedroht werden, wenn sie etwa nach einem Nachtdreh die Akademie verlassen. „Wir sind maximal daran interessiert, dass sich die Situation verbessert“, betont Schadt, in dessen Werkstätten und Räumen oft 24 Stunden Betrieb herrscht.

„Studentinnen wurden belästigt und sexistisch beleidigt“, beklagt Elisabeth Schweeger, Leiterin der Akademie für Darstellende Kunst, die eine „deutliche Eskalation“ feststellt. Zuletzt seien sogar Personen aufs Dach der Theaterakademie geklettert. „Das ist nicht mehr der Hof der Akademien“, so Schweeger.

Schauspielschüler und Studierendenvertreter Nils Müller hatte zuletzt selbst die Polizei gerufen, nachdem eine Außenbar der Studierenden, die für ein internes Fest aufgestellt worden war, von Feiernden mutwillig beschädigt wurde. Er spricht von „purer Zerstörungswut“ und nennt die Situation „problematisch und beängstigend“.

Im Rathaus nimmt man die Klagen der Hochschulen sehr ernst und arbeitet gemeinsam mit der Polizei an einem mehrstufigen Konzept. „Der Akademiehof ist ein gut genutzter Platz, der uns viel bedeutet“, sagt Oberbürgermeister Matthias Knecht. „Wir wollen ganz bewusst, dass Menschen sich dort in Frieden treffen.“ Deswegen hält er auch nichts von Überlegungen, den Akademiehof ausschließlich den Hochschulen zu deren Nutzung zu überlassen und für die Öffentlichkeit zu schließen.

In der ersten Stufe ist zunächst eine höhere Kontrolldichte durch Polizei und kommunalen Ordnungsdienst vorgesehen. Wenn die Stimmung zu kippen droht, soll der Platz geräumt werden, so wie dies der Polizei zufolge am vergangenen Wochenende bereits geschehen ist. Denn: „Beim Akademiehof haben wir seit längerem den Zustand, dass bis Mitternacht gute Stimmung herrscht – dann kommt ein gewisses Klientel dazu“, berichtet Heinz Mayer (Fachbereichsleiter Sicherheit und Ordnung) im Gespräch mit unserer Zeitung.

Für die späteren Stunden sieht Stufe zwei des Konzepts vor, den Akademiehof mit hellem Licht auszuleuchten und damit ausufernde Partys und aufkeimende Konflikte zu beenden. „Ein bisschen wie im Fußballstadion“, stellt Knecht sich das Licht vor.

Als Notlösung beschreibt der OB die dritte und letzte Eskalationsstufe, mit der er bisher sehr defensiv umgehe: Videoüberwachung ab Mitternacht. Beispiel dafür sei der Eckensee nahe dem Schlossplatz in Stuttgart. Die Landeshauptstadt hat nach der sogenannten Krawallnacht im vergangenen Jahr den Blick auf öffentliche Plätze verschärft. So sind beispielsweise nächtliche Verweilverbote ab Mitternacht für den Feuersee und den Marienplatz verhängt worden, um Partyexzessen vorzubeugen.

Während Knecht hofft, nicht zu letzten Mitteln greifen zu müssen, soll ein weiteres Element ausgebaut werden: „Die städtische Jugendarbeit soll sich stärker auf dem Platz engagieren.“

Außerdem könnte er sich vorstellen, das Thema Kunst und Kultur zusammen mit Theater- und Filmakademie stärker in den Fokus zu rücken. Ein öffentlicher Platz, auf dem sich die Bürger abends treffen, ohne dass zu später Stunde die Situation eskaliert und Müll und andere Hinterlassenschaften für Unmut sorgen – Knecht ist sich bewusst, dass das ein „schwieriger Spagat“ wird. Das Dilemma sieht auch Schauspielstudent Nils Müller: „Wir wollen keine Polizei, die rund um die Uhr den Platz überwacht.“

Auch in der Kommunalpolitik entbrannte jüngst die Diskussion über den Akademiehof. „Wir brauchen solche Flächen“, betonte SPD-Stadträtin Margit Liepins und schwärmte von der oft „tollen Atmosphäre“. Auch die Zukunftsumfrage des Jugendgemeinderats hatte kürzlich ergeben, wie wichtig den jungen Menschen eben solche Plätze und Treffpunkte sind. Auf die Schattenseiten wies Andreas Rothacker, Stadtrat der Freien Wähler und Gastronom, hin. Er kritisierte, dass die Toilettenanlage auf dem Akademiehof geschlossen sei und Feiernde dadurch entweder die Toiletten der umliegenden Restaurants nutzen oder in verschiedene Ecken auf dem Akademiehof pinkeln.

Die Hygiene auf dem Platz wurde in der Vergangenheit immer wieder von den Hochschulen angemahnt. Laut Heinz Mayer sollen in dieser Woche die Toiletten wieder öffnen, nachdem Schäden an der Zuleitung beseitigt worden seien. Ob das Toilettenhäuschen im gewünschten Maße angenommen wird oder doch wildgepinkelt wird, halten Kenner des Platzes indes für fraglich.

An manchen Dingen scheint sich trotz guter Ideen nicht viel ändern zu lassen. „Wir kommen zu dem Zustand zurück, der vor Corona aufgekommen ist“, sagt Bürgermeister Michael Ilk mit Blick auf die Müllberge und Glasscherben, die die Reinigungstrupps der Stadt dort regelmäßig morgens vorfinden. Daran haben auch die extragroßen Müllbehälter nichts geändert.