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Brennpunkt
Der Bahnhof ist sicherer geworden

Brennpunkt Bahnhof: Viele Passanten fühlen sich hier nicht sicher. Die Zahl der Straftaten ist aber deutlich zurückgegangen.Archivfoto: H. Wolschendorf
Brennpunkt Bahnhof: Viele Passanten fühlen sich hier nicht sicher. Die Zahl der Straftaten ist aber deutlich zurückgegangen. Foto: H. Wolschendorf
Die Zahl der Straftaten am Bahnhof ist im ersten Halbjahr 2019 deutlich zurückgegangen. Eine wirkliche Erklärung dafür gibt es nicht. Die Polizei vermutet, dass die seit Jahren laufenden verschärften Kontrollen langsam Wirkung zeigen.

Ludwigsburg. Vor einem Jahr sorgte der Ludwigsburger Bahnhof wieder einmal für Schlagzeilen. Damals wurde eine Statistik veröffentlicht, nach welcher der Ludwigsburger Bahnhof einer der unsichersten im Land ist. Über 400 Straftaten registrierte die Polizei 2017 im Bahnhof und seinem direkten Umfeld. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl sogar noch weiter an.

Für das laufende Jahr zeichnet sich jetzt aber eine Trendwende ab. Die Polizei hat gestern in einer Mitteilung eine positive Halbjahresbilanz gezogen. Bis Ende Juni seien im Bereich des Bahnhofs nur noch 87 Straftaten erfasst worden. Im ersten Halbjahr 2018 waren es noch 145 Delikte gewesen.

65 Straftaten beziehen sich direkt auf den Bahnhof, seinen Vorplatz und die Bahnhofstraße. 22 Fälle wurden aus dem Umfeld, der Solitude-, der Alleen- und der Karlstraße gemeldet. Die Straftaten auf dem Bahnsteig und in den Zügen fehlen allerdings in der Statistik der Ludwigsburger Polizei. Dafür ist nämlich die Bundespolizei zuständig.

Keine sexuellen Straftaten angezeigt

Einen sehr starken Rückgang hat es laut Polizei vor allem im Bereich der einfachen Körperverletzung gegeben. Hier ging die Anzahl der registrierten Fälle im ersten Halbjahr von 56 in 2018 auf 20 im laufenden Jahr zurück. Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung – also sexueller Missbrauch, sexuelle Nötigung, Vergewaltigung oder sexuelle Belästigung – wurden in diesem Jahr bisher überhaupt nicht angezeigt. Darüber hinaus gab es: Raub (zwei Fälle), gefährliche Körperverletzung (13 Fälle), Bedrohung (fünf Fälle), Diebstahl (34 Fälle), Sachbeschädigung (drei Fälle) und Beleidigung (zehn Fälle).

Der Rückgang der Straftaten ist erstaunlich. Denn die Polizei hat an ihrem Sicherheitskonzept für den Bahnhof nichts verändert. Die „Konzeption Bahnhof“ gilt bereits seit mehreren Jahren. Sie sieht tägliche Kontroll- und Präsenzeinsätze vor Ort und im direkten Umfeld vor. Offenbar trägt diese Strategie jetzt erst die ersten Früchte.

Die Ludwigsburger Polizei stimmt sich am Bahnhof eng mit der Bundespolizei und dem Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) der Stadt Ludwigsburg ab. „Alle Sicherheitsakteure tauschen sich regelmäßig aus und investieren viel in diese konzeptionellen Maßnahmen“, so der Leiter des Polizeireviers Ludwigsburg, Harald Prasky. Und weiter: „Wir sehen die Erfolge und die positive Entwicklung bestärkt uns, diese Maßnahmen gemeinsam mit unseren Partnern weiterhin fortzuführen.“

Auch die Ergebnisse aus der Umfrage des Jugendgemeinderats nimmt die Polizei sehr ernst, sagt Prasky. Die Umfrage hatte ergeben, dass viele Passanten sich am Bahnhof unsicher fühlen. Auch den Eindruck des Bahnhofs bewertete knapp ein Drittel der Befragten als schlecht. Die Umfrage zeige, „dass wir noch nicht am Ziel angekommen sind“, so der Leiter des Polizeireviers.

Aufenthaltsverbote für vier Personen

Dabei helfen, den Bahnhof sicherer zu machen, sollen auch Aufenthaltsverbote für polizeibekannte Kriminelle und Unruhestifter. Allein im ersten Halbjahr hat die Polizei bei der Stadt Aufenthaltsverbote für vier Personen beantragt. Für diese Verbote sind laut Polizeigesetz nämlich die Kommunen zuständig. Betroffen sind davon eine 14-Jährige und ein 18-Jähriger. Beide sind wegen Drogen und Körperverletzungen aufgefallen und dürfen nun die gesamte Ludwigsburger Innenstadt nicht mehr betreten. Ein 17- und ein 34-Jähriger dürfen sich dagegen auf dem Akademiehof nicht mehr blicken lassen. Auch gegen sie wurde wegen Drogen und Diebstählen ermittelt.

Nach Auskunft eines Polizeisprechers sind solche Verbote nichts Neues. Damit arbeite die Polizei am Bahnhof und in der Innenstadt schon seit einigen Jahren.

Der „Wohlfühlbahnhof“ als krimineller Schwerpunkt

Immer wieder ist der Ludwigsburger Bahnhof in den vergangenen Jahren in den Fokus gerückt. Vom „Wohlfühlbahnhof“, von dem die Verwaltung seit 2012 spricht, ist man noch immer weit entfernt. In den vergangenen Jahren wurden immer über 400 Straftaten im und um den Bahnhof verübt. Ganz vorne stehen dabei die Diebstähle und Rohheitsdelikte (Körperverletzungen) sowie Drogenhandel.

Wie in anderen Städten hat es die Polizei am Bahnhof auch mit der Drogen- und Trinkerszene zu tun. Der Bahnhof ist ein beliebter Treffpunkt, hinzu kommen Tausende Passanten jeden Tag. Das alles sorgt für eine hohe Zahl an Straftaten. Seit 2017 werden Teile des Bahnhofs videoüberwacht. Aber auch das hat nicht zu einer sofortigen Verbesserung der Situation geführt.

Anfang 2018 wurde sogar das freie WLAN am Bahnhof kurzzeitig abgeschaltet. Damit wollte man Ansammlungen junger Flüchtlinge verhindern, die durch Ordnungsstörungen und Kriminalität aufgefallen waren. Als der Fall öffentlich wurde, machte die Verwaltung schnell einen Rückzieher und stellte das WLAN wieder an. Kurz darauf sorgten schwere Auseinandersetzungen zwischen Syrern und Irakern am Bahnhof für Unruhe. Die jungen Männer gingen mit Messern, Holzlatten und Eisenstangen aufeinander los. Mehrere Flüchtlinge wurden in dem Konflikt verletzt.

Auch zwischen Kurden und Türken kam es am Bahnhofsareal in jüngster Vergangenheit immer wieder zu folgenschweren Aufeinandertreffen.

Die verstärkte Polizeipräsenz am Bahnhof hat in den vergangenen Jahren schon zu einem Verdrängungseffekt geführt. Der Reithausplatz und der Akademiehof sind seither bei einigen Gruppen, die eher ungestört sein wollen, beliebter. Aber auch dort sind Polizei und der Kommunale Ordnungsdienst der Stadt regelmäßig präsent.

Neben dem mangelnden Sicherheitsgefühl wird von Passanten die fehlende Sauberkeit des Bahnhofs bemängelt. Belästigungen sind nach wie vor an der Tagesordnung – auch wenn diese nicht immer angezeigt werden. (wa)