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Zeitreise
Der Hofstaat tafelt am Schloss Monrepos

Eine Zeitreise ins Jahr 1740 wurde gestern am Monrepos zur Attraktion für Spaziergänger.
Eine Zeitreise ins Jahr 1740 wurde gestern am Monrepos zur Attraktion für Spaziergänger.
Das Leben bei Hofe kann manchmal ganz schön langweilig sein. Um etwas Abwechselung zu bekommen, haben sich Mitglieder des Hofstaates von Herzog Carl Eugen gestern bei schönstem Sommerwetter zu einem Picknick am Schloss Monrepos getroffen.

Ludwigsburg. Im Schatten alter Bäume waren Bänke, mit weißen Hussen verzierte Sessel und Tische aufgestellt worden. Hier genossen mehr als 30 Frauen und Männer bei einer Zeitreise in das Jahr 1780 in historischen Kostümen erlesene Speisen und Getränke. Später vertrieben sie sich die Zeit mit Spaziergängen und Bootsfahrten auf dem See.

Einmal im Jahr inszenieren Mitglieder der Gruppe Teatro Veneziano mit Gästen ein Stück längst vergangener Lebenskultur unter freiem Himmel. „Wir treffen uns das erste Mal am Monrepos“, so Irma Beck. In den Vorjahren habe man die Tafel und Sitzgelegenheiten im Blühenden Barock aufgebaut. „Ludwigsburg hat viele tolle Locations“, sagte sie mit Blick auf die Schlösser und deren Gärten.

Die Damen trugen sommerliche Chemisenkleider, vorwiegend in Weiß. Dieser im Vergleich zu anderen Kleidungsstücken der Rokokozeit bequeme Modetrend ist der französischen Königin Marie Antoinette zu verdanken. Auch die Herren hatten sich für vergleichsweise lässige Kleidung entschieden und trugen zu Kniebundhose, weißen Strümpfen und mit Rüschen verziertem Hemd bestickte Westen. „Das sind authentische Kostüme“, betonte Irma Beck. Umgenähte Brautkleider oder gar Faschingskostüme sind tabu. Zu ihrem Fundus gehören mehr als 15 verschiedene Gewänder. Irma Beck nippte an einem verzierten Glas mit Goldrand. Stilvoll waren auch die Tische eingedeckt worden. Kunststoffbehälter suchte man hier vergebens. Edles Porzellangeschirr, Glaskaraffen, Etageren und Kristallgläser waren angesagt. Und weil es sich bei diesem Event um eine Zeitreise ins Rokoko handelte, durfte es hier und da auch etwas mehr sein. Die Herren trugen Ringe mit funkelnden Steinen an den Händen, die Damen schmückten sich mit auffälligen Halsketten und Broschen.

Fantasie hatten sie auch bei der Gestaltung des Kopfschmucks gezeigt. Ob Kleidung oder Hüte: Alles ist selbst gemacht, und zwar so nah am Original wie möglich. Mit glänzenden Steinen verziert worden war auch das Halsband von Vierbeiner Kessy: Schließlich waren kleine Schoßhunde auch bei Hofe angesagt.

„Ich habe schon viele Nächte damit zugebracht, mich mit Schnittmustern zu beschäftigen“, sagte Gabriele Hilgenfeld, die ein kleines Geheimnis verriet. So bequem die Chemisenkleider auch aussehen, so tragen alle Damen darunter eine formende Korsage. „Das macht einen geraden Rücken“, sagte sie. Außerdem sorgten Perücken für eine üppige Haarpracht. Gabriele Hilgenfeld schlüpfte gestern in die Rolle von Königin Elisabeth Christine aus Preußen, die jedoch inkognito zum Hof nach Ludwigsburg gereist war. „Manchmal spiele ich auch eine Zofe.“

Irma Beck hatte sich für das gestrige Event dafür entschieden einfach eine Dame zu sein, die bei Hofe zu Gast ist. Ob sie gerne zur Zeit des Rokoko gelebt hätten? „Nein. Und wenn, dann nur in höheren Kreisen“, so die Antwort von Gabriele Hilgenfeld. Auch Irma Beck winkte ab: „Das ist ein Hobby, bei dem man seine Kreativität ausleben kann. Andere Leute sammeln Briefmarken.“

Einmal in der Woche treffen sich die Mitglieder von Teatro Veneziano, studieren Tänze ein, tauschen sich über Schnittmuster und Stoffe aus oder beschäftigen sich intensiv mit der Zeit des Rokoko. Heinz Skrzipietz ist mit seinen 86 Jahren das älteste Mitglied der Gruppe, gemeinsam mit Ehefrau Margit nahm er am Picknick teil.

„Es ist sinnlos, macht aber Spaß“, sagte Stefan Sucho, der mit Ehefrau Helene aus der Nähe von Speyer angereist war, über das Spiel mit der Kostümierung. Seit ungefähr sieben Jahren widmet er sich diesem Hobby und reist oft nach Frankreich, um sich dort mit Gleichgesinnten auf Schlössern zu treffen. Er schlüpft dann in die Rolle eines kurpfälzischen Kurfürsten. „Leider ohne das dazugehörige Bankkonto“, sagte er mit gespieltem Bedauern. Was ihn an diesem Rollenspiel fasziniert? „Es ist eine andere Art, Menschen zu begegnen“, so Stefan Sucho. Und man könne ein Lächeln auf ihre Gesichter zaubern. Das galt auch für das gestrige Event: Viele Spaziergänger, die am Seeschloss unterwegs waren, blieben stehen und hielten das ungewöhnliche Geschehen mit der Handykamera fest.