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Feuerwehr
Die Gefahr des zugefrorenen Sees

Am besten nicht bewegen soll sich ein unterkühlter Patient. Retter lernen, sich auf dem Bauch liegend vorwärts zu bewegen.
Am besten nicht bewegen soll sich ein unterkühlter Patient. Retter lernen, sich auf dem Bauch liegend vorwärts zu bewegen.
Kann nicht nur schwimmen, gleitet auch übers Eis: das aufblasbare Boot. Fotos. Oliver Bürkle
Kann nicht nur schwimmen, gleitet auch übers Eis: das aufblasbare Boot. Fotos. Oliver Bürkle
Wo normalerweise Kinder und Erwachsene auf Kufen unterwegs sind, warfen am Dienstagabend über 30 Feuerwehrleute aus Benningen, Pleidelsheim und Freiberg Seile, sie bewegten sich bäuchlings fort und brachten das aufblasbare Boot zum Einsatz. Das alles geschah nicht aus Spaß, sondern hatte einen ernsten Hintergrund: In der Eishalle wurde die Rettung von Mensch und Tier aus einem zugefrorenen Gewässer geübt.

„Bei uns gibt es nicht nur den Neckar, sondern auch einen Baggersee“, berichtete Felix Fedler von der Benninger Feuerwehr. Und in beiden Gewässern kann Schlimmes passieren, wenn sich Menschen im Winter aufs vermeintlich sichere Eis wagen, das dann doch nicht trägt. Es knackt und sie brechen ins kalte Wasser ein. Dann ist schnelle Hilfe angesagt.

Die Feuerwehr löscht bekanntlich nicht nur Brände, sondern ist auch bei solchen Rettungsmaßnahmen mit der richtigen Ausrüstung zur Stelle. Das geschah auch jüngst am Monrepos-See, als die Feuerwehr Ludwigsburg einen festgefrorenen Schwan aus seiner hilflosen Lage befreite. Mit dem aufblasbaren Boot erreichten sie das bewegungsunfähige und erschöpfte Tier.

Das Boot kann dabei nicht nur im Wasser schwimmen, sondern gleitet auch optimal auf Eis. „Wir wollen verschiedene Möglichkeiten der Rettung üben“, sagte Andreas Schmidt von der Benninger Feuerwehr. Entscheiden müssten die Retter dabei vor Ort, jede Situation sei anders, so Schmidt weiter.

Die Uhr tickt jedenfalls, denn im eiskalten Wasser kann der Mensch nicht lange überleben, das machte DRK-Rettungsdienstleiter Hermann Rometsch deutlich, der mit angehenden Notfallsanitätern die Übung verfolgte. Kühle der Körper auf unter 32 Grad ab, bedeute das Lebensgefahr, so Rometsch. Bei unter 27 Grad trete Erschöpfung ein, es folgten Lähmungen und schließlich der Tod.

Der Patient dürfe sich in jedem Fall nicht bewegen. Der Grund: Der Körper versuche so lange wie möglich, die inneren Organe funktionsfähig zu halten, die Temperatur werde dort noch auf einem normalen Level gehalten, während das Blut in den Extremitäten deutlich kühler sei. Bewege sich nun der Patient, vermische sich das Blut zuungunsten der Organe. Die erste Maßnahme der Feuerwehrleute: Sie eilten ausgerüstet mit sogenannten Leinenbeuteln zum Einsatzort. In einem solchen Behältnis befand sich ein langes Kunststoffseil, das zunächst zum Betroffenen, der in der Mitte eines Sees eingebrochen war, geworfen wurde. Daran konnte er sich festhalten, bis weitere Hilfe eintraf.

Zu Fuß über die Eisfläche zu eilen, mache dabei keinen Sinn, so Andreas Schmidt. Die Gefahr sei zu groß, dass auch die Retter ins Eis einbrechen. Deshalb gelte es, auf dem Bauch liegend vorwärts zu robben, um das Gewicht auf der Eisfläche möglichst gering zu halten. Angestoßen von handlichen Eispickeln ging es dabei zügig nach vorne. Die Retter gelangten außerdem auf einem Spineboard genannten Rettungsbrett oder einer leichten Steckleiter liegend zum Unfallort. Dort wurde der Verunglückte dann aus dem Eis geborgen, auf Rettungsbrett oder Leiter gelegt, festgezurrt und gezogen vom Rettungsseil ans Ufer gebracht.

Diese einzelnen Aktionen wurden nun geübt und dabei zeigte sich, dass hierfür auch körperliche Fitness erforderlich ist. Zum Einsatz kamen außerdem die aus der Seefahrt bekannten Überlebensanzüge. Das sind Overalls mit Gummistiefeln aus wärmeisolierenden Materialien, mit denen Aktionen im eiskalten Wasser möglich sind.

Dass an diesem Abend realitätsnah geübt werden konnte, war dem Eismeister der Eishalle, Gerhard Schleicher zu verdanken. Er ist bei der der Benninger Feuerwehr aktiv und fädelte den Kontakt zu den Stadtwerken Ludwigsburg-Kornwestheim als Betreiber der Eishalle ein. Die Übung wurde schließlich genehmigt und so konnte Gerhard Schleicher das Eis optimal für seine Feuerwehrkameraden vorbereiten. „Wir sind sehr dankbar, dass dies möglich gemacht wurde“, sagte Andreas Schmidt.