Ludwigsburg. Anfang März sind sie umgezogen, nun wurde der neue Standort der „Zeitenräder“ vor dem Pflugfelder Torhaus mit einer kleinen Feierstunde eingeweiht. 2009 im Rahmen des Projekts „Außerdem: Kunst im öffentlichen Raum“ entstanden, habe sich die 13,6 Tonnen schwere Plastik, vis-à-vis zum Bahnhofsgebäude aufgestellt, „in einem disparaten Umfeld gut behauptet“, so Kulturamtsleiterin Wiebke Richert im Gespräch mit unserer Zeitung. Millionen von Passanten dürften seit ihrer Einweihung daran vorbeigeeilt sein. Nötig wurde der Umzug wegen des anstehenden Umbaus des ZOB. Dem neuen Standort kann Richert viel abgewinnen: Hier habe man der Kunst ungleich viel mehr Platz einräumen können, zudem generiere so ein Umzug auch neue Aufmerksamkeit, rege ein neuer Kontext stets zur erneuten Auseinandersetzung ein.
Das haben die „Zeitenräder“ mit der Firma Franck zu tun
Schwöbels „Zeitenräder“ nehmen erklärtermaßen Bezug auf die Ersatzkaffee-Produktion der Firma Heinrich Franck Söhne, insbesondere in ihrer Materialität: Die zwei übermannsgroßen Räder sind im Gussverfahren entstanden, dem Beton wurde Kaffeesatz zugeschlagen. 2009 habe die Künstlerin in ihrer Ansprache zur Eröffnung auch die Fiktion aufgemacht, die Räder können gleichwohl sinnbildlich bis zum Kaffeeberg hinunterrollen und so eine Achse zwischen der proletarischen (Ersatz-)Kaffeekultur des 19. und 20. Jahrhunderts und der einer adligen Elite vorbehaltenen des 18. Jahrhunderts, erinnert Richert.
Auch wenn dieser Gedanke nun aus topographischen Gründen weniger naheliegend erscheint, kommt der ursprünglich intendierte Zusammenhang unmittelbar gegenüber dem ehemaligen Werksgelände doch mindestens ebenso gut zur Geltung wie an der Ecke Bahnhofstraße/Myliusstraße. Entsprechend glücklich sei die Künstlerin, deren Arbeiten oft mit Wandel und Vergänglichkeit zu tun haben, mit dem neuen Standort, so Richert. Bedeutungen möchte Schwöbel nicht vorgeben, eher vielleicht Betrachtungen zu kosmischer Kaffeesatzleserei anregen: Ist ein Kontinuum zerbrochen, krümmen sich Raum und Zeit in diesen Trichtern wie auf ein Schwarzes Loch zu?
Diese Ausstellung wird im Pflugfelder Torhaus gezeigt
Auch Dr. Hans Ulrich Jordan, erster Vorsitzender des Bürgervereins Weststadt und Pflugfelden, findet, dass das Kunstwerk nun wirklich toll dasteht und freut sich über das Engagement der Stadt: Ganz behutsam wurden die „Zeitenräder“ mit dem Dampfstrahler von Schmutz, Flechten, Algen und Moosen befreit, die sich im Lauf der Jahre darauf abgelagert hatten. Noch heller, fast milchkaffeebraun wirken die beiden frisch gereinigten Scheiben, deren Oberfläche anfänglich einen anthrazit-schwarzen Farbton hatte. Tatsächlich kommt die Großplastik, definitiv eins der avancierteren zeitgenössischen Kunstwerke im Ludwigsburger Stadtraum, vor dem Pflugfelder Torhaus hervorragend zur Geltung.
Drinnen zeigt der Bürgerverein als Träger des Torhauses eine Dauerausstellung zur Wirtschaftsgeschichte der Weststadt, die für diesen Anlass um einen Schwerpunkt auf die Geschichte der Firma Franck & Kathreiner ergänzt wurde. 90 Prozent der Exponate stammen aus den Beständen des Vereins, viele davon sind erstmals zu sehen. Zur Feier des Tages schenkten die Mitglieder Linde’s Kornkaffee und Caro-Kaffee aus.
Info:
Das Pflugfelder Torhaus ist in aller Regel am 1. Sonntag des Monats zwischen 13 und 17 Uhr geöffnet, www.bv-wep.de.