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Wahlbeteiligung
Die Zufriedenen gehen zur Urne

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Was ist los in Ludwigsburg? Interessiert sich niemand mehr für Kommunalpolitik? Oder warum gingen am Sonntag nur 36,5 Prozent der Wahlberechtigten an die Urne, um den Oberbürgermeister zu wählen? Die Hitze war schuld, mutmaßten viele. Doch mit dieser Erklärung macht man es sich zu einfach.

Ludwigsburg. Von insgesamt 68.486 Wahlberechtigten haben am Sonntag lediglich 24.994 Bürger ihre Stimme abgegeben. Dabei ist es nicht so, dass die Ludwigsburger nicht den Weg ins Wahllokal finden würden. Erst kürzlich, bei der Europa- und Kommunalwahl lag die Wahlbeteiligung allein bei der Gemeinderatswahl bei über 50 Prozent.

Im Vergleich zu den vergangenen Gemeinderatswahlen war das ein auffällig hoher Wert, ist dieser doch sonst rückläufig. Einzig in Jahren, in denen zeitgleich auch eine Europawahl stattfand, stieg die Wahlbeteiligung. Politikwissenschaftler wie Dr. David Gehne von der Ruhr-Universität Bochum, erklären das so: Je lokaler das Ereignis ist, desto geringer die Wahlbeteiligung.

Eine geringere Wahlbeteiligung wie am Sonntag gab es in der Ludwigsburger Nachkriegsgeschichte allerdings nur in den Jahren 1948 (33,4 Prozent, Elmar Doch) sowie in den Jahren 2003 (25,8 Prozent) und 2011 (20,2 Prozent, jeweils Werner Spec). Seit der Wahl von 1993 (Hans Jochen Henke) liegt die Wahlbeteiligung jedoch immer unter 50 Prozent.

Vielleicht gehen die Bürger nicht wählen, weil sie zufrieden sind mit der Situation? Dieser Auffassung widerspricht der Politologe Armin Schäfer von der Uni Münster. Umfragenforschungen haben ergeben, dass insbesondere die Unzufriedenen zu Hause bleiben und nicht wählen, während die Zufriedenen zur Wahl gehen. Das würde für Ludwigsburg bedeuten, dass der Zufriedenheitsgrad seit Jahren zurückgeht – ein alarmierendes Signal für eine prosperierende Stadt wie Ludwigsburg.

Freilich gibt es Rahmenbedingungen, die eine Wahl mehr oder weniger attraktiv machen. Da steht die Frage, ob es ernsthafte Herausforderer gibt, ganz oben. So gesehen hatte die diesjährige Oberbürgermeisterwahl gute Chancen auf eine hohe Wahlbeteiligung. Dennoch blieb das Interesse weit hinter den Erwartungen zurück. Viele hatten im Vorfeld mit einer Beteiligung von um die 50 Prozent gerechnet.

Vielleicht ist das Interesse am Oberbürgermeister auch in Ludwigsburg eine Frage der möglichen Einflussnahme: Kann ich mit meiner Stimme etwas verändern oder nicht? Oder machen die da oben nur das, was sie wollen? Wie nah ist die Kommunalpolitik am Wähler?

Nicht zuletzt, sagen Politologen, ist die Frage, ob man seine Stimme abgibt auch eine Frage dessen, wie gut man in die Gesellschaft eingebunden ist, ob man in Kirche, Vereinen und anderen Organisationen aktiv ist. Über solche Netzwerke werden Bürger animiert, zu wählen, selbst dann, wenn sie sich nicht so sehr für Politik interessierten. Heute seien immer weniger Menschen in solche Gruppen eingebunden. Der Anstoß, einen Nichtwähler zum Wählen zu animieren, sei viel geringer.

Eines kann man aus der Wahlstatistik ebenfalls ablesen: Die Oberbürgermeisterwahl wurde ernst genommen. 2011 hatten noch 425 Wähler einen ungültigen Stimmzettel abgegeben. Viele hatten ihre Stimme für den Ersten Bürgermeister abgegeben – der jedoch gar nicht zur Wahl stand. Dieses Mal gab es nur 39 ungültige Stimmzettel. Wer seine Stimme abgab, wollte ganz offenbar wirklich auch, dass diese zählt.