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Rhetorik
Diskutieren für Deutschland auf Englisch

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Marcus Nonn aus Vaihingen trainiert auch zu Hause regelmäßig für die Debattier-Turniere.Foto: Holm Wolschendorf
Vor drei Jahren hat Marcus Nonn angefangen, bei englischsprachigen Debattier-Wettbewerben anzutreten. Nun gehört der Vaihinger zum Nationalteam und nimmt an den Schul-Weltmeisterschaften in diesem Sommer teil. Der 14-Jährige ist der jüngste deutsche Teilnehmer der Geschichte.

Ludwigsburg. Marcus Nonn war noch nie in England, geschweige denn in Amerika. Trotzdem spricht er perfekt Englisch und nimmt sogar an Debattier-Wettbewerben in der Sprache teil. „Ich weiß nicht, woher es kommt“, sagt der 14-Jährige aus Vaihingen. Vielleicht liegt es daran, dass er mit seiner Familie gerne Filme anschaut – in Originalsprache. „Das klingt einfach schöner“, so Nonn.

Vor drei Jahren sah der Jugendliche eine Aufführung der Debating-AG am Friedrich-Abel-Gymnasium in Vaihingen. „Das hat mir sehr gefallen. Ich wollte das auch können“, sagt Marcus Nonn, der dort zur Schule geht. Referate hätte er schon immer gerne gehalten.

Zwischen 20 und 30 Schüler sind aktiv und üben, auf Englisch im Wettstreit zu diskutieren, auch Debating oder Wortstreit genannt. Dabei kommen Pro- und Contrapositionen abwechselnd zu Wort, jeder Redner versucht zudem, seinen Standpunkt mit Argumenten zu belegen. Eine Jury bewertet die Debatte.

„Der Appetit kommt beim Essen“, sagt er über sein ungewöhnliches Hobby. Dabei kommt es nicht nur auf den Inhalt an, so Marcus Nonn, der Stil und die Strategie seien ebenfalls entscheidend. Das thematische Spektrum reicht von politischen über wirtschaftliche zu ethischen Fragen. Beispielsweise geht es um die Schuldenkrise oder den Syrienkonflikt. Das Debating hat im angelsächsischen Raum eine lange Tradition. In Deutschland wurde es in den 90ern Trend.

Schnell erzielte Marcus Nonn Fortschritte im Wortstreit. Schließlich war er so gut, dass ihm geraten wurde, sich für das Nationalteam zu bewerben, das aus drei bis fünf Schülern besteht. Der Vaihinger hat es in diesem Jahr ins Team geschafft und nimmt somit an den Weltmeisterschaften im Juli in Stuttgart teil. „Ich bin der Jüngste, der je im deutschen Team war“, sagt der 14-Jährige. Die anderen vier der Schülergruppe sind Mädels zwischen 15 und 17 Jahren.

Obwohl Marcus Nonn erst 14 ist, geht er schon in die 11. Klasse. Mit fünf wurde er eingeschult und übersprang schließlich die zweite Klasse. „Schon im Kindergarten hieß es, dass er sich langweilt“, erzählt seine Mutter Claire Nonn. Als er aufs Gymnasium kam, wurde ein Intelligenztest angeregt. Das Ergebnis wollte die Familie nicht wissen. „Das spielt keine Rolle“, so Claire Nonn. Marcus sieht das genauso. Auch sein kleiner Bruder Sebastian, 12, ist ein Überflieger, hat schon eine Klasse übersprungen und nimmt ebenfalls an der Debating-AG des Gymnasiums teil.

Von ihr hätten die beiden das nicht, sagt Claire Nonn und lacht. Der Vater habe Physik studiert. Einfach sei es natürlich mit zwei begabten Jungs nicht immer gewesen. Zum Glück habe die Familie Unterstützung erhalten von der Kinderärztin und Lehrern. „Ich bekam Tipps, wie ich den Wissensdurst der Jungs stillen kann“, so Claire Nonn, die in Südkorea geboren und von Franzosen adoptiert wurde. Marcus und Sebastian sind daher zweisprachig aufgewachsen.

Auch in der Schule habe Marcus Nonn nie Probleme gehabt. „Sie haben akzeptiert, dass ich genauso lernen muss wie die anderen, nur nicht ganz so lange dafür brauche“, sagt der 14-Jährige. „Ich hatte auch Glück und bin in einer sehr netten Klasse gelandet.“

Freunde hat Marcus Nonn mittlerweile in der ganzen Welt, seine Freundin wohnt in Spanien. Vor allem durch das Debating hat er ein großes Netzwerk aufgebaut. „Es gibt immer Leute, die sich beim Diskutieren sehr hineinsteigern, das gehört auch zur Show“, sagt der Schüler. Vor und nach einem Wettkampf spiele das aber keine Rolle. Besonders mit den vier Mädels, die auch im Nationalteam sind, verbringt er viel Zeit. Als die Entscheidungsrunden anstanden, wer ins Nationalteam kommt, fanden Turniere in Estland, Kroatien und Slowenien statt, erzählt der Jugendliche.

Seine Eltern hätten zwar immer wieder Bedenken, ihn alleine ins Ausland gehen zu lassen, wüssten aber, dass die vier Mädels und die Coaches des Teams aufpassen. Es sei ein kostspieliges Hobby, oft sei Marcus Nonn unterwegs. „Man verdient auch kein Geld dabei, bekommt es aber später im Berufsleben zurück“, ist sich der Schüler sicher. Viele Debattierer wären später in der Wirtschaft oder als Juristen aktiv. Das könne er sich auch gut vorstellen. Aber erst einmal steht das Abitur an. Das macht er nächstes Jahr, mit 16 Jahren. Am liebsten würde er dann noch einmal an den Schul-Weltmeisterschaften teilnehmen. Die finden 2017 nämlich in Bali statt.