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Volkstrauertag
Erinnern an NS-Opfer und an die Aussöhnung

Schüler gestalten das Gedenken und erinnern auch an Menschen wie Lucien Tharradin, der trotz Verfolgung Größe zeigte.Foto: Andreas Becker
Schüler gestalten das Gedenken und erinnern auch an Menschen wie Lucien Tharradin, der trotz Verfolgung Größe zeigte. Foto: Andreas Becker
Mit einer Gedenkstunde wurde am gestrigen Volkstrauertag auf dem Ehrenfriedhof der Kriegstoten und der Opfer von Gewaltherrschaft und Terror gedacht. Etwa 150 Menschen beteiligten sich am feierlichen, stillen Akt. Die versöhnlichen Töne überwogen dabei.

Vor allem Schüler des Goethegymnasiums verliehen der Kranzniederlegung durch Oberbürgermeister Matthias Knecht, dem Reservistenkameradschaft Ludwigsburg, dem Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge, dem Sozialverband VDK, der Landsmannschaft der Schlesier sowie der Marine-Kameradschaft Ludwigsburg einen würdigen und bewegenden Rahmen, der zum Innehalten und Nachdenken anregte.

Der Mädchenchor sang, Neuntklässler hatten sich mit den Biografien von Nazi-Opfern befasst. Sie erinnerten an den späteren Bürgermeister und Vater der Ludwigsburger Partnerschaft mit Montbéliard, Lucien Tharradin. Das Mitglied des französischen Widerstandes hatte das KZ Buchenwald überlebt und mit wurde schließlich mit höchsten Ehren bestattet. „Er hatte die Größe, Versöhnung anzubieten“, sagten die Schüler.

Der junge Jude Hans Alfred Groß dagegen überlebte das Grauen nicht. Auch gab es keine Beerdigung. Ein Stolperstein vor seinem Elternhaus erinnert an ihn. Nachträglich haben die Jugendlichen Abschiedsworte an ihn gerichtet. Er wurde nur 24 Jahre alt.

Die Achtung der Menschenrechte bildet den Kern der europäischen Werte, bekräftigen die Schüler. Auch wenn das „Projekt Europa“ gerade ins Wanken gerade, gelte es Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Frieden als einen Schatz gegen Rassisten und Nationalisten, die Hass und Zweitracht säen, zu verteidigen. Das Doppelquartett des Musikvereins Oßweil stimmte die Europahymne an, spielte das ergreifende Lied vom „Alten Kameraden“ und begleitete den Gräbergang durch den alten Friedhof.

„Suche den Frieden und jage ihm nach.“ Dieses Jahresmotto sei wie geschaffen für den Volkstrauertag, betonte Pfarrerin Stefanie Pflüger. Gedenken und Erinnern helfe, mit anderen Augen in die Zukunft zu blicken, wohl wissend, dass solches Leid nicht ansatzweise noch einmal geschehen darf. „Diese Aufgabe ist nicht leicht in einer Zeit, wo Gedenkstätten zerstört werden, wo Menschen aufgrund ihres Glaubens auf offener Straße angegriffen werden, wo Nationalismus in Deutschland schamlos aufflammt“, so die Pfarrerin. Die Jagd nach Frieden sei anstrengend, sei aber Aufgabe aller. Frieden ergebe sich nicht von selbst, Frieden müsse gesucht und geschaffen werden. „Wir dürfen nicht nachlassen, wir sind täglich neu gefragt.“ Das bedeute auch, immer wieder an das Unrecht der Vergangenheit zu erinnern, um daraus zu lernen.

OB Matthias Knecht erinnerte nicht nur an gefallene deutsche Soldaten, sondern an alle Opfer von Gewalt und Krieg. Die toten Vertriebenen und Flüchtlinge, Opfer von Verfolgung, Intoleranz und Terrorismus, von Hass und Gewalt. „Aber unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern. Unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der ganzen Welt“, sagte er.

Weniger versöhnlich war der Akt des kommunalen Ordnungsdienstes. Während die Gedenkfeier lief, wurden Strafzettel wegen unerlaubten Parkens gegenüber vom Friedhof verteilt. Zahlreiche Teilnehmer waren betroffen und entsprechend verärgert. Lapidare Aussage des Ordnungsdienstes: „Wir kontrollieren eben auch am Sonntag.“