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Weinbau
„Frostschäden sind dramatisch“

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Der Frost hat den Reben erheblich zugesetzt, die Schäden sind teilweise massiv. Archivfoto: Alfred Drossel
Die Württembergische Weingärtner-Zentralgenossenschaft erwartet nach den Frostschäden im April ein sehr schwieriges Jahr für die Wengerter. Schon 2016 hat die WZG einen Rückgang von 4,3 Prozent auf noch 27,7 Millionen Liter verkauftem Wein verkraften müssen.

Ludwigsburg. „Solche verheerenden Frostschäden haben wir seit den 80er Jahren nicht mehr erlebt.“ Dieter Weidmann bemühte sich gestern gar nicht erst, die dramatische Situation schönzureden. Bei der Bilanzpressekonferenz sprach der WZG-Vorstandsvorsitzende von „teilweise 90 Prozent der Reben“, die durch die kalte Witterung geschädigt worden seien. Zwar habe er noch keine belastbare Schadensbilanz: „Wir erwarten die Ergebnisse in rund drei Wochen.“ Aber schon jetzt sei klar, dass praktisch alle Lagen und alle Rebsorten betroffen seien, „auch solche, die sonst nicht geschädigt werden.“ Die Weinberge im Ländle hätten ganz besonders viel abbekommen. Bis zur Hälfte der Ernte und mehr sei gefährdet.

Die Folgen sind jetzt noch schwer abzuschätzen. „Wir haben uns in der Genossenschaft einen strikten Sparkurs verordnet“, sagt Weidmann. Alles komme auf den Prüfstand. Kurzfristig hätten die Verbraucher zwar keine Preiserhöhungen zu befürchten — „und schon gar nicht auf breiter Front.“ Aber ganz ausschließen wollte er sie für die Zukunft auch nicht.

Schon das Vegetationsjahr 2016 war für die württembergischen Winzer eine Zitterpartie und eine Herausforderung in „bisher nicht gekanntem Ausmaß“. Nach einem milden Winter verabschiedete sich ein wechselhafter April mit Spätfrösten, die teilweise zu deutlichen Schäden führten. Starkregen im Frühsommer mit Überschwemmungen und Hagelschäden führten zu vielen Infektionen und Pilzkrankheiten, die nur mit viel Arbeit und unter hohen Kosten teilweise wieder aufgefangen werden konnten. Immerhin konnte durch die hohen Temperaturen im September noch einiges gerettet werden. Auch 2016 ist deshalb lediglich ein kleiner Jahrgang, aber von hoher Qualität. Insgesamt wurden 20,30 Millionen Liter bei der WZG eingelagert - immerhin 9,5 Prozent über dem Vorjahr. Knapp drei viertel sind Rotweine, der Rest Weißweine und ein kleiner Teil Schillerweine. „Wir raten auf jeden Fall davon ab, noch weiter auf Rotweine umzustellen“, so Weidmann. Deutschlandweit habe sich der Weißwein erfreulicherweise auch etwas erholt.

Insgesamt folgt die Entwicklung der WZG, der außer Besigheim und Laufen alle Winzergenossenschaften in Württemberg angehören, dem Bundestrend. 2016 wurde in ganz Deutschland erneut weniger Wein getrunken - zum zehnten Mal in Folge. 1,4 Prozent betrug der Rückgang verkaufter Flaschen. „Wir erreichen immer weniger Menschen mit alkoholischen Getränken“, so Weidmann. Die Gesellschaft habe sich gewandelt. „Auch im Premiumbereich ist die ehemalige Steigerung nicht nachhaltig“, obwohl Wein immer noch das beliebteste alkoholische Getränk sei.

Den Markt diktieren die großen Lebensmittelketten und Discounter. „Hier wurden im vergangenen Jahr fast zwei Prozent weniger deutsche Weine verkauft“, beklagt Weidmann. Der Druck von Herstellern aus Südosteuropa nehme ständig zu. Der Durchschnittspreis für die im Lebensmittelhandel gekauften Weine ist im Vergleich zu 2015 erstmals wieder um vier Cent auf 2,19 Euro für 0,75 -Literflasche zurückgegangen. Für deutsche Weine wurden im Schnitt 2,40 Euro ausgegeben. Für Württemberger mussten 3,07 Euro ausgegeben werden – sechs Cent mehr als im Vorjahr. „Damit hat sich der Preisabstand zwischen Württemberger Weinen und den großen deutschen Anbaugebieten noch einmal vergrößert“, so der WZG-Chef. Ohnehin liegen die Württemberger eher im gehobenen Preissegment. Besonders groß ist der Marktanteil natürlich im heimischen Württemberg, aber im Nachbar-bundesland Bayern stehen nicht mehr so viele Weinflaschen von unseren Wengertern im Regal. Dies habe vor allem mit der Einkaufspolitik der Discounter zu tun.

Trotz der erwarteten Ausfälle durch die Frostschäden, sieht Weidmann noch keine Lieferengpässe am Horizont. Für nächstes Jahr sei man voll handlungsfähig, und 2019 zumindest auch bei den Hauptrebsorten. „Ab 2019 hängen wir wieder am Tropf der Natur“, sagt er. Und insgeheim hofft er natürlich, dass die Winzer von weiteren Frostschäden verschont bleiben.

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