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Gleichstellung auf dem Prüfstand

EIn Netzwerk für Chancengleichheit war eines der Themen der Gesprächsrunden beim Workshop. Foto: Holm Wolschendorf
EIn Netzwerk für Chancengleichheit war eines der Themen der Gesprächsrunden beim Workshop. Foto: Holm Wolschendorf
Workshop sammelt Stimmen und Erfahrungen aus Ludwigsburger Institutionen, Vereinen und Verbänden

„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, so steht es im Grundgesetz, das im Jahr 1949 verabschiedet worden ist. Wie es 70 Jahre danach um die Gleichbehandlung bestellt ist, damit haben sich die mehr als 20 Teilnehmer eines Workshops beschäftigt. Judith Raupp, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Ludwigsburg, hatte Gemeinderäte sowie Vertreter von Institutionen, Vereinen und Verbänden, die sich dem Thema Gleichbehandlung verbunden fühlen, eingeladen.

In Gruppen aufgeteilt fand der Austausch an moderierten Thementischen statt: „Wie hat sich das Erwerbsleben von Frauen seit dem Jahr 1949 verändert? In welchen Bereichen gibt es eine Ungleichbehandlung von Frauen und Männern? Könnte ein Netzwerk die Gleichstellung vorantreiben?“ So lauteten einige Fragen, die an diesem Nachmittag von den Teilnehmern, darunter zwei Männer, beleuchtet wurden.

Wie Judith Raupp im Gespräch erläuterte, wollte sie diese Veranstaltung auch dazu nutzen, Informationen und Anstöße von außen zu erhalten. Sie kündigte an, Anregungen und Ideen in die geplante Fortschreibung des städtischen Chancengleichheitsprogramms einfließen zu lassen. Für sie war das Treffen auch ein Auftakt ihrer erst vor drei Monaten begonnenen Tätigkeit.

„Die Redezeit wird in der Regel von Männern in Anspruch genommen – auch wenn die Mehrzahl der Gesprächsteilnehmer Frauen sind“, lautete eine Antwort auf die Frage, wo Unterschiede festzustellen sind. Judith Raupp betreute den Tisch, an dem die Ungleichbehandlung von Frauen und Männern thematisiert wurde. „Berufstätige Frauen werden immer gefragt, wie sie es mit der Betreuung ihrer Kinder geregelt bekommen, Männer nicht“, so eine weitere Feststellung, die an diesem Nachmittag in den Blickpunkt geriet. Angesprochen wurde auch, dass die klassischen Frauenberufe oftmals schlechter bezahlt würden. Es fehle an Vorbildern, so dass sich an der Berufswahl junger Frauen nur wenig ändere.

An diesem Punkt hakte Gabriele Nießen, die neue Baubürgermeisterin der Stadt Ludwigsburg, ein. „Man muss das Muster durchbrechen“, betonte sie. Jeder müsse sich fragen, was er seinen Töchtern und Söhnen mit auf den Lebensweg gebe. Die Teilnehmer äußerten auch den Gedanken, dass Paare nicht zwischen dem Einkommen differenzieren, sondern das verdiente Geld als Familieneinkommen betrachten sollten, das in einen Topf geworfen wird.

Einig waren sich die Teilnehmer darin, dass in einem Ludwigsburger Netzwerk Synergieeffekte erzielt und das Thema Gleichbehandlung vorangetrieben werden könne. Es wurde angeregt, an einer zentralen Stelle die Daten aller Beteiligten zu sammeln, um für einen reibungslosen Informationsfluss und Kommunikation zu sorgen. Als Themen dieses Netzwerks wurden Gewalt gegen Frauen, Bildung und Berufsleben genannt. Ines Beisenwenger, die diesen Thementisch moderiert hatte, erwähnte auch das Thema Sicherheit im öffentlichen Raum: „Was brauchen wir, um gut zu leben – ob Frauen, Männer oder junge Erwachsene“, sagte sie.

Mit dem Thema Erwerbsleben hatten sich die Teilnehmer gemeinsam mit Nicole Funke, Mitarbeiterin der Kontaktstelle Frau und Beruf, beschäftigt. Dabei ging es nicht nur um die Höhe des Einkommens, sondern um die Rahmenbedingungen. Flexible Arbeitszeiten lassen sich mit Berufen in der Pflege, im sozialen Bereich und im Handwerk nur schwer realisieren. Funke wies auf das sogenannte 30-30- Modell hin, bei dem beide Elternteile jeweils 30 Stunden in der Woche arbeiten und mehr Zeit für die Familie und das Leben bleibt. Beim Blick auf die Altersvorsorge wurden fehlende Informationen vor allem für junge Frauen kritisiert.

An den Rollenbildern von Frauen in Führungspositionen habe sich in den vergangenen 70 Jahren nicht viel verändert, so ein weiterer Kritikpunkt. Dass Frauen einen anderen Führungsstil haben, nämlich intuitiv und integrativ agieren, werde von den männlichen Kollegen oft skeptisch gesehen. „Ich finde nicht, dass Frauen bessere Männer sein müssen, um ihre Arbeit zu erledigen“, so Nießen. Sie plädierte vielmehr für einheitliche Spielregeln in Führungspositionen, die gleichermaßen für Frauen und Männer über Gültigkeit verfügen.