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Strafprozess
Haftstrafen für Haupttäter im Rockerkrieg

Die gewaltsame Auseinandersetzung zwischen zwei verfeindeten Rockergruppen im April vergangenen Jahres in Ludwigsburg bringt mehrere der Beteiligten ins Gefängnis. Das Landgericht Stuttgart verhängte gestern mehrjährige Haftstrafen.

Ludwigsburg. Stuttgart/Ludwigsburg. Ein großer Prozess ist am Stuttgarter Landgericht nach gut fünf Monaten Dauer zu Ende gegangen. Vier der angeklagten Mitglieder der Rockergruppe Stuttgarter Kurden (vormals Red Legions) sind wegen gefährlicher Körperverletzung oder Beihilfe zu Strafen zwischen zwei und vier Jahren verurteilt worden. Ein Angeklagter wurde freigesprochen. Mit diesem Urteil endet das Verfahren über die Schlägerei vom 20. April letzten Jahres in Ludwigsburg allerdings nur vorläufig. Damals waren zwei Mitglieder der verfeindeten, von türkischen Migranten dominierten Gruppe Osmanen Germania BC durch Schläge mit Baseballschlägern und Holzlatten sowie durch Messerstiche schwer verletzt worden.

Die Richter der Stuttgarter Schwurgerichtskammer stellten nach einer umfangreichen und akribisch genauen Beweisaufnahme fest, dass zwei der 24- und 34-jährigen Angeklagten aus der Gruppe Stuttgarter Kurden in der Nacht zum 21. April vergangenen Jahres einen kurz zuvor bei einer Auseinandersetzung in Stuttgart-Stammheim verletzten Freund rächen wollten. Dabei hat nach den richterlichen Feststellungen „bedingungslose Gewalt und Rücksichtslosigkeit auf Verluste“ eine Rolle gespielt. Ganz besonders hervorgehoben hat der Schwurgerichtsvorsitzende einen Appell an die Landesregierung, dringend polizeiliche Kapazitäten zu schaffen, um künftig der Gefahr rechtsfreier Räume zu begegnen.

Die Ludwigsburger Auseinandersetzung mit den beiden Schwerverletzten hatte laut dem gestern verkündeten Urteil einige Stunden zuvor bereits in Stuttgart-Stammheim ihren Anfang genommen. Dort war ein Mitglied der Stuttgarter Kurden durch Baseballschläge der Osmanen auf den Kopf und durch einen Messerstich schwer verletzt und ins Ludwigsburger Klinikum gebracht worden. Schnell hatte sich das unter dessen Freunden herumgesprochen, die daraufhin in Ludwigsburg ihren Rachefeldzug starteten. Etwa 15 bis 20 Männer und eine 28-jährige Bekannte des Verletzten aus Kornwestheim fuhren zum Klinikum und trafen dort zufällig die beiden Mitglieder der Osmanen Germania. Das Gericht stellt auch fest, dass der Angriff auf diese beiden Männer sofort nach dem Verlassen der Fahrzeuge begann.

Mit den Baseballschlägern und Holzlatten schlugen die Angreifer gezielt auf die Köpfe der Opfer. Beide erlitten dadurch schwere Kopfverletzungen und Messerstiche in den Arm und den Rücken sowie einen tiefen Stich in den Oberschenkel. Es habe Lebensgefahr bestanden, so das Gericht. Der Angriff sei wortlos vonstattengegangen. Erst als die Polizei Ludwigsburg erneut anrückte, verschwanden die Angehörigen der Kurden-Gang, die bereits eine Stunde zuvor von den Ordnungshütern vor dem Klinikum kontrolliert worden waren.

Wer von den fünf Angeklagten für die Messerstiche verantwortlich ist, konnte das Verfahren letztlich nicht klären. Bewiesen wurde laut Urteil nur, dass der Hauptbeschuldigte mit seinem Baseballschläger auf die Köpfe der Opfer einschlug und auch noch zutrat, als einer der Verletzten am Boden lag. Fünf Jahre Haft hatte die Staatsanwaltschaft für ihn gefordert. Das Gericht schickte ihn vier Jahre wegen gefährlicher Körperverletzung hinter Gitter.

Ebenfalls für vier Jahre muss sein 24-jähriger Rockerkollege ins Gefängnis, weil auch er zugeschlagen und getreten hatte. Ein 22-Jähriger kam wegen Beihilfe zur Körperverletzung mit drei Jahren und neunen Monaten Haft davon.

Die 28-jährige Freundin des in Stammheim verletzten Opfers, die den Fahrzeug-Konvoi nach Ludwigsburg angeführt hatte, wurde ebenfalls wegen Beihilfe zur Körperverletzung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Der Letzte im Bunde, ein 32-Jähriger wurde gemäß dem Antrag des Staatsanwalts wegen erwiesener Unschuld freigesprochen und erhält Haftentschädigung.

Den Vorwurf des gemeinschaftlichen versuchten Totschlags konnte die Schwurgerichtskammer nicht aufrechterhalten. Geblieben war rechtlich nur noch die Körperverletzung.

Mit diesem Urteil ist die Ludwigsburger Rocker-Auseinandersetzung allerdings noch nicht ganz erledigt. Zwei verschiedene Jugendstrafkammern am Stuttgarter Landgericht werden im Herbst gegen jene Beteiligte des Überfalls verhandeln, die zur Tatzeit noch unter 21 Jahre alt waren. Wann diese Prozesse beginnen, ist noch offen.