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Corona
Infektionsgeschehen bei Kindern - Covid-Impfung auch für Kinder sinnvoll?

Noch gibt es in Deutschland keinen zugelassenen Covid-Impfstoff für Kinder. Archivfoto: dpa
Noch gibt es in Deutschland keinen zugelassenen Covid-Impfstoff für Kinder. Foto: dpa
Das Infektionsgeschehen bei Kindern hat Fahrt aufgenommen. Laut Robert-Koch-Institut steigen die Fallzahlen in allen Altersgruppen wieder an, besonders stark jedoch bei Kindern und Jugendlichen. Das beobachtet auch die Leiterin des Gesundheitsamtes im Landkreis Ludwigsburg, Dr. Karlin Stark. Doch während ältere Personengruppen geimpft werden können, gibt es für Kinder derzeit keinen zugelassenen Impfstoff auf dem deutschen Markt.

Nun wollen die Hersteller Pfizer und Biontech ihren Corona-Impfstoff in den USA künftig auch bei Jugendlichen ab zwölf Jahren einsetzen. Bislang ist der Einsatz des Impfstoffs in den USA erst für Jugendliche ab 16 Jahren zugelassen. Eine klinische Studie in der Altersgruppe von zwölf bis 15 Jahren habe eine Wirksamkeit von 100 Prozent gezeigt, erklärten der US-Konzern Pfizer und das deutsche Unternehmen Biontech.

Der Berufsverband der Kinder und Jugendlichen fordert auch für Deutschland ein Impfangebot für Kinder und Jugendliche: „Für die Jüngeren brauchen wir so schnell wie möglich geeignete Impfstoffe. Unser Ziel muss die komplette Durchimpfung aller Kinder und Jugendlichen sein. Nur so lässt sich auch ein ausreichender Bevölkerungsschutz erreichen.“ Ob ein Impfstoff in Deutschland zugelassen wird oder nicht, das wird im Paul-Ehrlich-Institut entschieden. Die Ständige Impfkommission (Stiko) gibt dann eine Empfehlung ab, was den Einsatz des Impfstoffes in der Praxis anbelangt „Ich vertraue der Stiko sehr“, sagt Karlin Stark und betont: „Man muss bei einer Impfung immer den möglichen Schaden dem Nutzen gegenüberstellen.“

Kaum schwere Verläufe bei Kindern

Nach derzeitigen Erkenntnissen infizieren sich zwar mehr Kinder und Jugendliche insbesondere mit der britischen Mutante des Coronavirus, allerdings gebe es kaum schwere Verläufe. „Kinder sind jedoch vermehrt Überträger des Virus. Das könnte auch Einfluss auf eine mögliche Impfempfehlung haben, sofern es einen zugelassenen Impfstoff gibt“, so Stark. Wissenschaftler gingen inzwischen davon aus, dass es „unwahrscheinlich“ ist, dass eine vollständig geimpfte Person eine andere Person ansteckt. „Deshalb entfällt ja auch 14 Tage nach der zweiten Impfung die Quarantänepflicht.“

Vom Beginn der Pandemie bis zum Februar 2021 gab es bei Kinder unter zehn Jahre nur vereinzelt Infektionen. Doch mit der zunehmenden Verbreitung der britischen Variante hat sich das geändert. „Inzwischen haben wir mehr Infektionen bei den Kindern zwischen sechs und neun als bei den Über-80-Jährigen“, beobachtet die Leiterin des Gesundheitsamtes. Das liege natürlich daran, dass die Älteren zunehmend geimpft sind, aber auch daran, dass nun auch Kinder anfälliger für das Virus werden.

Im Lagebericht Covid-19 des Landesgesundheitsamtes heißt es dazu: „Der Anteil der Infizierten über 60 Jahre an allen Fällen innerhalb der letzten sieben Tage beträgt 14 Prozent; der Anteil der Kinder und Jugendlichen (0-19 Jahre) 21 Prozent.“ Und noch etwas hat sich geändert: Während das Virus-Wildtyp nur in ganz wenigen Fällen von Kindern auf Erwachsene übertragen wurde, nimmt genau dieser Infektionsweg weiter zu. „Das ist auch ein Effekt der Virusvariante“, erklärt Karlin Stark. Zwar würde das Virus immer noch zu einem größeren Anteil von den Erwachsenen verbreitet, doch sei der Infektionsweg von Kindern zu Erwachsenen keine Seltenheit mehr.

Spätfolgen von Corona sind zu erwaten

Mit der Zunahme der Corona-Ansteckungen bei Kindern und Jugendlichen sind nach Einschätzung eines pädiatrischen Infektiologen auch mehr Spätfolgen in diesen Gruppen zu erwarten. „Wir rechnen durch die Lockerungen der Maßnahmen mit mehr Betroffenen mit meist diffusen, länger anhaltenden gesundheitlichen Problemen“, sagte Markus Hufnagel vom Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsklinik Freiburg der Deutschen Presse-Agentur.

„Darauf ist die Pädiatrie im Vergleich zur Versorgungssituation bei Erwachsenen nach überstandener Infektion noch nicht vorbereitet.“ Und da für Kinder und Jugendliche noch keine Covid-19-Impfstoffe zugelassen sind, zählen sie zu den Gruppen, die noch einige Monate empfänglich für das Virus sein werden.

Die Zulassung eines Impfstoffs und die Empfehlung, diesen möglichst flächendeckend einzusetzen, sind unterschiedliche Dinge. Denkbar ist auch, dass ein zugelassener Impfstoff nur für eine bestimmte Gruppe empfohlen wird. „So ist es beispielsweise bei der Grippeimpfung“, erläutert Karlin Stark. „Da impft man auch nur schwer chronisch kranke Kinder, weil für sie eine Infektion lebensbedrohlich werden könnte.“

Auch der gesamtgesellschaftliche Aspekt kann eine Rolle spielen: „Wir impfen auch Jungen gegen Röteln, obwohl diese die Impfung selbst gar nicht bräuchten. Aber ungeschützt können sie jede schwangere Frau und das ungeborene Kind gefährden.“