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Hoheneck
Inspiration für Leseratten in einzigartiger Atmosphäre

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Nach Herzenslust nach Schätzen stöbern: Das genossen die Besucher, wie hier Leny Ahuanacuri bei sonnigem Wetter. Foto Ramona Theiss
Der antiquarische Büchermarkt in Alt-Hoheneck ist auch im 31. Jahr ein Erfolg. Hobby-Aussteller und Antiquare sorgten für ein breitgefächertes Sortiment.

Ludwigsburg. Die Idylle in Alt-Hoheneck ist an sich schon kaum zu übertreffen. Wenn es allerdings von Leseratten wimmelt, die an zahlreichen Ständen entlang der Straße nach Herzenslust stöbern und mit Bücherstapeln durch den Ortskern schlendern, dann ist die Atmosphäre wirklich einzigartig, denn es ist Büchermarkt. Am Samstag war es wieder so weit. Heiner Beuttler vom Antiquariat Alt-Hoheneck ist der Erfinder dieses Ereignisses, das schon über 30 Jahre stattfindet und jeglicher Digitalisierung trotzt. „Es hat sich kaum etwas verändert, außer dass mehr Hohenecker Nachbarn dazu gekommen sind und auch Schallplatten angeboten werden“, sagt Beuttler sichtlich zufrieden. „Das Interesse am Buch ist ungebrochen, und zwar in allen Altersklassen.“

Hier ein Bildband über Helmut Kohl neben dem kleinen Harmonika-Meister, dort ein Weltatlas im Taschenformat neben den gesammelten Werken von Karl May. Filmgrößen wie Senta Berger oder Romy Schneider sind genauso zu Stars des gedruckten Worts geworden wie Lady Diana. Findet sich noch ein Käufer dafür? Die Wahrscheinlichkeit ist groß, denn kaum jemand sucht hier gezielt nach einem Buch, sondern lässt sich lieber von der Auslage inspirieren. So auch der Hohenecker Krimifan Jörg Titze, der sich mit vier Krimis eingedeckt hat. „Wenn die ausgelesen sind, gebe ich sie weiter.“ Mischi Beiermeister war 15 Jahre lang selbst Ausstellerin und ist jetzt nur Käuferin. Sie sucht nach Autorinnen oder renommierten Verlagen ihren Lesestoff aus.

Michael Raunberg und seine Frau machen zum Büchermarkt Garage und Scheune frei für ihre Büchersammlung. Er brauche ein Mal im Jahr Platz für neue Bücher und biete sie nun anderen Leseratten an. Bei Kaffee, Kräutertee und selbst gebackenen Flachswickeln verweilen die Interessenten gern länger auf den einladenden Bänken. Ein paar Meter weiter hat Anett Ziegler ihrem Mann schon vier Taschenbücher in die Hand gedrückt. „Wir sind zum ersten Mal hier. Ich schaue nach Romanen, die ich schon immer mal lesen wollte oder nach Schriftstellern, die mir besonders gut gefallen.“ Vor einem ganz breitgefächerten Angebot sitzt Claudia Kaupp. Historische Abhandlungen, Kunstbücher, Romane – woher stammt das alles? „Das ist ein Teil der Büchersammlung meines Mannes und jetzt war einfach Zeit, Platz zu schaffen.“

Sibylle Pietsch aus Dachau, die mit ihrem Mann schon sieben Jahre zum Büchermarkt kommt, zeigt etwas ganz Verblüffendes – wahre Kunstwerke, die sich Faltbücher nennen. Schräg gegenüber bietet Mediengestalterin Melanie Knittel einen Kalender an. Hochglanzfotos von ihren Stubentigern, die sie alle mit dem Smartphone aufgenommen hat. Für Katzenliebhaber sicher ein Muss. Daneben fällt Lothar Späth ins Auge und nicht nur das – die Verkäuferin des Buches, Sybille Weber-Blaser, ist sogar eine ehemalige Mitarbeiterin dieses unvergessenen Politikers.

Und worin blättern Mutter und Tochter am Stand neben der Wolfgangkirche so begeistert? Es ist ein Kirchengesangbuch von 1892, das offenbar für in Amerika lebende Deutsche gedruckt wurde. Und wer möchte das unbedingt haben? Die elf Jahre alte Clara Fischediek aus Markgröningen. Sie sammelt alte Bücher und schreibt in diesem zarten Alter schon blutrünstige Geschichten über Vampire. Wen man nicht alles trifft auf diesem Büchermarkt – bis zum nächsten Jahr.