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Öffentliches Leben
Inzidenz in Ludwigsburg über 1000: Wie gehen Institutionen und Behörden damit um?

„Gemeinsam die Kurve kriegen“: Mit diesem Spruch wirbt die Stadt Ludwigsburg für Impfungen. Bisher steigt die Kurve jedoch weiter an. Foto: privat
„Gemeinsam die Kurve kriegen“: Mit diesem Spruch wirbt die Stadt Ludwigsburg für Impfungen. Bisher steigt die Kurve jedoch weiter an. Foto: privat
Die Corona-Infektionszahlen sind auf einem Rekordhoch: Erstmals hat Ludwigsburg die 1000er-Inzidenz-Marke geknackt und die Kurve steigt rapide. Doch die Lage mit Omikron unterscheidet sich gravierend von den Wellen zuvor. Statt härterem Lockdown Lockerungen – auch in Ludwigsburg bleiben kritische Szenarien aus. In den Schulen allerdings wird es eng.

Ludwigsburg. Es war nach der rasanten Entwicklung der Infektionen in den vergangenen Tagen und Wochen bereits abzusehen, doch die vierstellige Zahl macht dennoch schaudern: Die Sieben-Tage-Inzidenz in der Stadt Ludwigsburg stieg am Dienstag auf 1096,1 erstmals über 1000.

Mit der Omikron-Welle, die in Symptomatik und Hospitalisierung milder verläuft, ist das öffentliche Leben bis auf die G-Regeln weiter intakt. Noch wichtiger: Behörden, Institutionen und Einrichtungen sehen sich personell noch gut gewappnet, etwaige Krankheitsausfälle können kompensiert werden. Alles unter Kontrolle? Wir haben nachgefragt:

Stadtverwaltung: Die Stadtverwaltung beobachtet aufmerksam die Situation in den Krankenhäusern im Land mit der Belegung der Intensivstationen und die Hospitalisierungsrate, dies sei „deutlich unter der Alarmstufe“. Auch der Kontakt zum Krankenhaus ist eng, „die in der Regel milderen Verläufe sind ein Glücksfall“. Sie beobachten auch, „dass temporär aufgrund von Infektionen Geschäfte, Handwerksbetriebe oder Kindertageseinrichtungen geschlossen werden müssen.“

Die Stadtverwaltung hat bereits Krisenpläne

Die Stadtverwaltung selbst meldet „keine großen Einschränkungen“. Aber: Wegen Krankheiten würden Öffnungszeiten der frühkindlichen Bildung reduziert, aber noch „wie bei einer üblichen Grippewelle“. Home Office und Schichtmodelle wirkten, wie auch konsequentes Maskentragen „größere Ausfälle verhindern können“. Angesichts der infektiöseren Omikronvariante gebe es bereits Krisenpläne. Diese greifen, „wenn wir zu überdurchschnittlichen Krankheitsquoten im systemkritischen Bereiche kämen.“ Zudem wurden die „kritischen Personalausfallquoten der jeweiligen Pflichtbereiche“ definiert, um rechtzeitig reagieren zu können. Dieselben Strukturen greifen laut Stadtverwaltung auch bei den Stadtwerken. Diese seien „für die Versorgungsinfrastruktur vital wichtig und haben sich darauf eingestellt, weitgehend handlungsfähig zu sein“.

Polizei: „Eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung sehen wir nicht.“ Corona stellt Polizeipräsidium und Polizeirevier vor eine Doppelbelastung. So benötigen sie zusätzlich Personal für Coronakontrollen sowie für die Begleitung von Corona-Versammlungen jeder Couleur. Deren Zahl ist laut Pressesprecher Peter Widenhorn gestiegen, sie seien jedoch „bislang durchgängig friedlich und ohne nennenswerte Störungen verlaufen“. Personal dafür sei ausreichend da. „Die Zahl der krankheitsbedingten Freistellungen und der Corona-Verdachtsfälle bewegt sich beim Polizeipräsidium derzeit in einem Bereich, der unsere Handlungsfähigkeit nicht beeinträchtigt.“ So würden alle Hygieneregeln strikt befolgt und angepasst, innen wie außen sind FFP2-Masken Pflicht, die sich als „sehr effizient“ erwiesen hätten. Zudem gebe es für „kritische Kontakte weitere Schutzausrüstung“.

Feuerwehr: Ausschlaggebend für die Notfallplanung der Feuerwehr ist das Hinweisschreiben des Landkreises „Umgang mit Covid-19 (Corona)“. Intern wurden die Regeln verschärft, FFP2-Masken sind Pflicht, Antigen-Schnelltests werden mehr eingesetzt. Zudem setzt die Feuerwehr vorrangig auf geimpfte und genesene Einsatzkräfte, reduzierte die Kontaktzeiten und hat ihre Schichtmodelle im täglichen Wachdienst optimiert.

Krankenhaus: Am Ludwigsburger Klinikum ist die Personalsituation aktuell noch kompensierbar. Das teilte Klinikensprecher Alexander Tsongas mit. Wenn sich jedoch die Zahl der Mitarbeiter, die sich infizieren oder in Quarantäne gehen müssen, stark erhöhe, könne es – wie schon in den zurückliegenden Pandemiewellen – zu einer angespannten Personalsituation kommen. Die Zahl der erkrankten Beschäftigten sei hoch dynamisch und ändere sich jeden Tag. Von den rund 8000 Beschäftigten bei den RKH-Kliniken, zu denen neben dem Klinikum Ludwigsburg unter anderem auch das Bietigheimer Krankenhaus gehört, seien derzeit 86 Beschäftigte betroffen.

Auf den Intensivstationen ist die Omikron-Welle noch nicht ganz angekommen

Noch wirke sich die Omikron-Welle nicht auf die Überwachungs- und Intensivstationen aus, so Tsongas. Das könne sich aber in den kommenden Wochen ändern. Im Ludwigsburger Klinikum liegen aktuell sieben Patienten wegen Covid auf der Intensivstation. Auf der Normalstation sind 24 Coronapatienten. Vor einem Jahr, als die Inzidenz um die 100 lag, waren es 15 Coronapatienten auf der Intensiv- und 52 auf der Normalstation. Die Situation vor einem Jahr sei allerdings mit heute nicht vergleichbar, betont Alexander Tsongas. Denn die Virusvarianten unterscheiden sich in ihrer Infektiosität, ihrem Krankheitsverlauf und ihrem zeitlichen Verlauf.

Lesen Sie hier: Eine Ludwigsburger Intensivkrankenschwester berichtet von ihrer Arbeit

Ärzteschaft: Die steigende Inzidenz bringt Arztpraxen an ihre Grenzen. „Wir sehen mit großer Sorge, dass manche Praxen derzeit an den Rand ihrer Funktionsfähigkeit geraten“, sagt Dr. Carola Maitra, die Vorsitzende der Kreisärzteschaft. Zum einen komme es zu Ausfällen beim Personal wegen Erkrankung und Quarantäne. Aber auch die Behandlung der Patienten trägt zu der angespannten Situation in den Praxen bei: Auch leicht Erkrankte müssten hier gesehen, untersucht und abgestrichen werden, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und Rezepte erstellt werden, sowie im Fall der Bestätigung einer Covid-Erkrankung an das Gesundheitsamt gemeldet werden, erläutert Maitra. Außerdem koste es die Ärzte viel Zeit, Quarantänerichtlinien zu erläutern. „Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen sind maximal angespannt“, so die Ärztin. Dazu komme, dass in den Praxen weitere personelle Engpässe zu erwarten seien, wenn Mitte März die Impfpflicht für medizinisches Personal greift.

Ärzteschaft ruft weiter zur Einhaltung der Abstandsregeln und zum Tragen der Masken auf

Die Häufung der Krankheitsfälle gebe durchaus Anlass zur Sorge, sagt Maitra. Obwohl die Menschen, die an der jetzt überwiegend vorherrschenden Omikron-Variante erkranken, in den meisten Fällen keine schweren Verläufe haben, fallen sie arbeitsunfähig aus. Das betreffe auch die medizinischen Einrichtungen und solche der sogenannten kritischen Infrastruktur. Die Ärzteschaft rufe deshalb weiterhin zur Einhaltung der Abstandsregelung und zum Tragen der Masken auf. „Neben den Impfungen, die jetzt leider immer weniger wahrgenommen werden, ist vor allem die Kontaktbeschränkung als probates Mittel im Kampf gegen die Pandemie zu sehen“, so Maitra.

Schulen: „Noch sieht es ganz gut aus, aber die Tendenz ist steigend“, sagt Mathias Hilbert, Geschäftsführender Schulleiter der Gymnasien. „Wir werden in den nächsten Wochen vermehrt Klassen in den Fernunterricht schicken müssen.“ An den 24 Ludwigsburger Schulen seien Stand Mittwoch zwei Klassen wegen mehrerer infizierter Schüler im Homeschooling, bei einer weiteren Klasse sei dies absehbar, nur die nötigen PCR-Testergebnisse stünden noch aus. „Wir haben im Moment eine stark steigende Anzahl vor allem an ungeimpften Schülerinnen und Schülern, die erkranken“, so Bernhard Bleil, Geschäftsführender Schulleiter der Grund, Werkreal- und Realschulen. „Das beschäftigt uns sehr, zumal das Landesgesundheitsamt uns mit dem Handlungsleitfaden einige Aufgaben übertragen hat.“

Es droht Fernunterricht für die ganze Schule, wenn 20 Prozent der Lehrkräfte infiziert sind

Den Leitfaden haben die Schulleiter in dieser Woche bekommen. Demzufolge müssen sie ihre Klassen in Quarantäne schicken, wenn fünf oder mehr Schülerinnen und Schüler oder 20 Prozent einer Klasse mit Corona infiziert sind. Eine Rückkehr in die Schule ist nach zehn Tagen möglich, die Kinder und Jugendlichen könnten sich am 5. Tag freitesten. „Ob wir das so umsetzen, oder eine Freitestung erst am siebten Tag gestatten, müssen wir noch entscheiden“, so Hilbert. Sind 20 Prozent der Lehrkräfte infiziert, droht für die ganze Schule Fernunterricht. Ralf Scholl, Vorsitzender des Philologenverbands BW, befürchtet einen Zusammenbruch des Schulbetriebs durch Omikron. Hilbert beschwichtigt: „Wir müssen Ruhe bewahren, wir haben in der letzten Zeit viel dazugelernt.“ Was Bleil positiv hervorhebt: „Die Lehrkräfte sind zu einem sehr hohen Anteil beziehungsweise an vielen Schulen auch vollständig geboostert.“