1. Startseite
  2. Lokales
  3. Stadt Ludwigsburg
Logo

Ludwigsburg
Kunst im öffentlichen Raum: Kaputt, verschwunden oder zugewuchert

Die Skulptur „Der Wechsel“ ist seit Jahren in einem Lager verschwunden. Fotos: Ramona Theiss (2), Bergan (1), LKZ-Archiv (2)
Die Skulptur „Der Wechsel“ ist seit Jahren in einem Lager verschwunden. Foto: Ramona Theiss (2), Bergan (1), LKZ-Archiv (2)
Für die Erinnerung an Mörike wird derzeit ein neuer Standort gesucht, weil die Skulptur in der Fußgängerzone immer wieder von Lieferwagen beschädigt wird.
Für die Erinnerung an Mörike wird derzeit ein neuer Standort gesucht, weil die Skulptur in der Fußgängerzone immer wieder von Lieferwagen beschädigt wird. Foto: Ramona Theiss (2), Bergan (1), LKZ-Archiv (2)
Das Kunstwerk am Gebäude des Landratsamts im Schlösslesfeld auf dem Wasen ist von Efeu überwuchert.
Das Kunstwerk am Gebäude des Landratsamts im Schlösslesfeld auf dem Wasen ist von Efeu überwuchert. Foto: Ramona Theiss (2), Bergan (1), LKZ-Archiv (2)
Das Mosaik am ehemaligen Finanzamt ist schon vor vielen Jahren zerstört worden. Daran ist die Stadt aber unschuldig. Verantwortlich war ein Privatinvestor.
Das Mosaik am ehemaligen Finanzamt ist schon vor vielen Jahren zerstört worden. Daran ist die Stadt aber unschuldig. Verantwortlich war ein Privatinvestor. Foto: Ramona Theiss (2), Bergan (1), LKZ-Archiv (2)
Im Rathaus wurde die Schlangenbemalung von einem Fahrradhalter verunstaltet.
Im Rathaus wurde die Schlangenbemalung von einem Fahrradhalter verunstaltet. Foto: Ramona Theiss (2), Bergan (1), LKZ-Archiv (2)
Immer wieder verschwinden Kunstwerke aus dem öffentlichen Raum. Oder sie verkommen oder werden verunstaltet. Fehlt es in Ludwigsburg am Bewusstsein für die Kunst?

Ludwigsburg. 2009 ist ein Buch mit dem Titel „Ludwigsburger Kunstführer“ erschienen. Darin werden viele der Kunstwerke in der Stadt vorgestellt. Es sind Dutzende. Einer der drei Autoren des Buches ist Günther Bergan. „Meine beiden Ko-Autoren und ich fühlen uns mit denen im Buch beschriebenen Kunstobjekten immer noch verbunden und sind deshalb erstaunt, eigentlich verärgert, über den teilweise schlechten Zustand. Vor allem aber auch über den Verlust mancher Objekte“, sagt Bergan.

Die Liste der verschwundenen oder kaputten Kunstwerke ist lang und umfasst mindestens zehn Objekte. Darunter das Mörike-Denkmal vor dessen Geburtshaus, das schon öfters beschädigt wurde – momentan fehlt wieder ein Mast. Aber auch der Schlangenbemalung im Rathaus, in die ein Fahrradständer „integriert“ wurde, oder der Skulptur „Der Wechsel“, die viele Jahre vor dem Eingang des Museums stand und jetzt ganz verschwunden ist, ging es an den Kragen.

„Die meisten der Kunstwerke wurden mit öffentlichen Mitteln erworben“, sagt Bergan. Der Stadt stellt er eine nüchterne Bilanz aus. „Eine Stadt der Kunst war Ludwigsburg, so glaube ich, wohl noch nie.“ Allerdings erinnert sich Bergan an Zeiten, vor allem in den 80er und 90er Jahren, als Kunst im öffentlichen Raum ein großes Thema war. Viele der Objekte in Ludwigsburg stammen aus der Zeit. Vor allem der Kunstverein machte sich damals laut Bergan für Ausstellungen und Installationen unter freiem Himmel stark. „Meist hat die Stadt dann eines der Kunstwerke gekauft.“

Fehlendes Bewusstsein, vielleicht auch fehlendes Geld, hätten dann aber dazu geführt, dass einige der Kunstwerke verkommen oder verschwunden sind, sagt Günther Bergan. „Irgendwie fehlt momentan der Nerv dafür.“

Das sieht man bei der Stadtverwaltung etwas anders. Ganz in Vergessenheit geraten seien die Kunstwerke nicht – trotz Coronakrise. „Beim Fachbereich Kunst und Kultur gibt es seit einem Jahr eine zeitlich befristete Teilzeitstelle (50 Prozent), die sich neben anderen Aufgaben mit der Entwicklung und dem Bestand von Kunst im öffentlichen Raum in Ludwigsburg befasst“, teilt die Stadtverwaltung auf Anfrage mit. Für eine dauerhafte Betreuung aller öffentlichen Kunstwerke reiche diese Stelle aber nicht aus. Daher würden die Objekte auch von den städtischen Abteilungen, die mit Bauen zu tun haben, im Auge behalten. „Prominentere Kunstwerke werden in regelmäßigen Abständen untersucht und bei Bedarf repariert oder saniert.“

Ein festes Budget für den Erhalt der Kunstwerke gibt es nicht. Bis 2019 standen dem Fachbereich Kunst und Kultur aber 15000 Euro im Jahr für den Ankauf von Kunstwerken zur Verfügung. Davon seien bei Bedarf auch Reparaturen bezahlt worden, teilt die Stadt mit. Wegen der Coronakrise, die große finanzielle Auswirkungen auf die Stadtkasse hat, wurde dieses Budget in den vergangenen beiden Jahren gestrichen. In dieser Zeit habe aber der Fachbereich Tiefbau und Grünflächen einige Reparaturen übernommen. Ab dem nächsten Jahr soll wieder eigenes Geld zur Verfügung stehen.

Geld scheint grundsätzlich vorhanden zu sein. Wie erklärt sich die Verwaltung dann den schlechten Zustand einiger Kunstwerke – oder ihr Verschwinden?

Die Mörike-Skulptur in der Kirchstraße (Fußgängerzone) sei in den vergangenen Jahren mehrfach durch Lieferverkehr beschädigt worden. Das Kunstwerk sei dann immer wieder repariert und aufgestellt worden, teilt die Stadt mit. Und es gibt noch ein weiteres Problem: „Sehbehinderte Menschen stoßen zunehmend mit dem Mast zusammen, weil er in den Laufweg hineinragt“, so die Stadt. Daher werde schon seit Monaten in Zusammenarbeit mit der Mörike-Gesellschaft nach einem anderen Ort gesucht. Zwei Ideen – Mörikes Wohnhaus in der Innenstadt und das Blühende Barock – seien aus unterschiedlichen Gründen aber schon verworfen worden. Und weiter: „Es ist unser Ziel, die Skulptur, die nach der letzten Beschädigung abgebaut und repariert wurde, neu aufzustellen. Die Künstlerin ist davon unterrichtet.“

Der Fahrradhalter über der Schlangenbemalung im Rathaus soll ebenfalls verschwinden. Er werde nicht mehr genutzt.

Für drei – mittlerweile verschwundene – Kunstwerke sieht es aber weniger gut aus. Der „Schwebebalken“ im Rotbäumlesfeld wurde wegen mangelnder Sicherheit abgebaut. Auf einen Neubau der Holzinstallation, die völlig verwittert war, werde aus Kostengründen verzichtet.

Auch zwei Skulpturen werden nicht zurückkehren. „Der Wechsel“, der früher am Eingang des Museums im Kulturzentrum stand, bleibt im Lager der Technischen Dienste. „Um die Skulptur wieder aufzustellen, müsste wegen deren Gewichts ein entsprechender Sockel gegossen werden, auf dem sie verankert werden kann. Dafür steht zurzeit leider kein Geld zur Verfügung“, schreibt die Stadt. Auch die Skulptur „Eiserne Psyche“, die früher in einem der Rathausdurchgänge stand, kehrt vorerst nicht aus dem Museumsdepot in der Bottwartalstraße, in dem sie sich seit über zehn Jahren befindet, zurück. Das Kunstwerk sei dort im Freien untergebracht. Laut Bergan ist es mittlerweile hinter Gestrüpp versteckt und kaum zu sehen. Die Stadt hat aber versprochen, das Areal auszuputzen.

Dass das Thema Kunst im öffentlichen Raum heute vernachlässigt werde, dementiert die Stadt. Zurzeit gebe es wegen der Pandemie aber keine Mittel und Möglichkeiten. „Wir würden das Thema gerne wieder aufnehmen, sobald über Drittmittel im Bereich neu entstehender Areale in der Stadt neue Möglichkeiten entstehen“, versichert die Verwaltung. Kunst im öffentlichen Raum sei für eine Stadt wie Ludwigsburg sehr relevant. Die Stadt verweist dabei auf das Festival „Neuland“ auf dem Franck-Areal am Bahnhof. Bei diesem soll im September ein Teil der künstlerischen Installationen im öffentlichen Raum gezeigt werden.