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Interview
Ludwigsburg bekommt Büro der Landeszentrale für politische Bildung

Thomas Franke sitzt noch in Stuttgart, ist aber bereits als Leiter der Ludwigsburger Büros benannt worden. Foto: privat
Thomas Franke sitzt noch in Stuttgart, ist aber bereits als Leiter der Ludwigsburger Büros benannt worden. Foto: privat
Ludwigsburg bekommt eine Außenstelle der Landeszentrale für politische Bildung – Umzugstermin steht noch nicht fest

Ludwigsburg. Die Landeszentrale für politische Bildung wird in Ludwigsburg eine Außenstelle eröffnen, die für den ganzen Regierungsbezirk Stuttgart zuständig ist. Leiter ist seit einem Jahr Thomas Franke, der sich bisher unter anderem um die Projekte Erstwähler und „Politische Tage“ gekümmert hat. Noch hat er sein Büro in Stuttgart. Wir sprachen mit ihm über die anstehende Bundestagswahl und Aufgaben der politischen Bildungsarbeit.

Der Sommer ist da, eine ganze Reihe der Bundestagskandidaten geht in den Urlaub. Leidet dadurch der Wahlkampf?

Thomas Franke: Ich denke nicht, es sind ja auch viele Familien im Sommer unterwegs. Die Kandidaten versuchen allerdings schon, ihre Anhänger zu erreichen und zu mobilisieren, es gibt viele Termine vor Ort, Wochenmarktbesuche, Spaziergänge mit den Kandidaten und viele digitale Veranstaltungen, die es vor Corona so nicht gegeben hat. Seit in den Sommerferien die Plakate hängen, ist der Wahlkampf auch in den Straßen sichtbar. Der Wahlkampf ist vor allem durch die Folgen von Corona gekennzeichnet. Man kann nicht mehr spontan auf eine Veranstaltung gehen, viele Begegnungen finden nicht mehr statt, etwa auf Festen wie der Weinlaube in Ludwigsburg oder beim Schäferlauf in Markgröningen.

Die Landeszentlrale setzt sich für politische Bildung ein und weiß, wie man Menschen erreicht. Wie sollten die Kandidaten in ihrem Wahlkreis agieren?

Die Kandidaten müssen sich natürlich vor Ort in Szene setzen. Die Grünen-Kandidatin Sandra Detzer macht etwa eine Radtour durch den Wahlkreis, Steffen Bilger von der CDU setzt aktuell auf prominente Politiker, wie den CDU-Fraktionschef Brinkhaus oder den Kanzlerkandidaten Armin Laschet, der nach Schwieberdingen kommen wollte. Beide Wege sind möglich. Verstärkt nutzen die Kandidaten inzwischen auch die Social-Media-Kanäle Instagram, Facebook und Twitter, um sich zu präsentieren.

Welche Themen sehen Sie, die beackert werden müssten?

Da unterscheidet sich Ludwigsburg nicht von anderen Städten. Es geht um bezahlbare Wohnungen, gestiegene Mieten, teure Bauflächen. Dazu kommt der Strukturwandel in der Automobilbranche, betroffen sind da auch Zulieferer wie etwa Mann + Hummel. Mit Arbeitsplatzab- und umbau ist zu rechnen. Großes Thema ist für den Wahlkreis die Verkehrsproblematik, etwa die Umfahrung Enzweihingen und der Nord-Ost-Ring sowie der Ausbau des ÖPNV und die Stadtbahn. Diese Entwicklungen zu verfolgen wird spannend, die Politik muss hier die Rahmenbedingungen setzen. Eine große Herausforderung bleiben natürlich die Folgen von Corona, ebenso der Klimaschutz. Ludwigsburg hat sich ja mit der Frage des Fahrverbots und der Schadstoffbelastung bereits ausgiebig beschäftigt.

Ein breites Spektrum, das Sie da benennen. Vieles läuft aber auf einen Zweikampf zwischen CDU und Grüne, Laschet gegen Baerbock hinaus.

Ja, das wird von den Medien gern so dargestellt. Natürlich deuten Umfrageergebnisse auf einen solchen Zweikampf hin. Wobei ich interessant finde, dass derzeit nicht Armin Laschet oder Annalena Baerbock vorne in der Gunst der Menschen liegen, sondern Olaf Scholz. Den sollte man auf der Rechnung haben. Der Zweikampf Laschet-Baerbock ist bisher eher durch persönliche Verfehlungen gekennzeichnet. Sie versuchen jetzt, über Sachthemen wieder die Deutungshoheit zurückzugewinnen.

Scholz ist eher unauffällig gefahren und hat dadurch mehr Zustimmung erhalten. Ich rechne damit, dass es einen Lagerwahlkampf gibt, zwischen einer CDU-geführten Regierungskoalition und einer grün geführten Ampel mit SPD und FDP.

Was meinen Sie, wie Erst- und Jungwähler an die Sache herangehen?

Familie, Schule, Freunde und Social Media spielen eine wichtige Rolle, um sich zu informieren. Gerade auch mit Videos erreicht man junge Leute. Eine große Rolle werden Bewegungen wie etwa Fridays for Future für die jüngere Generation spielen. Klimaschutz, Nachhaltigkeit, das interessiert diese Zielgruppe. Aber auch Corona, zumal das den Alltag stark prägt. Für Schüler wie Studenten gab‘s wenig Präsenzangebote, kaum Austauschmöglichkeiten oder kulturelle Begegnungen.

Was bietet die Landeszentrale an?

Wir informieren zur Wahl über unsere Webangebote, Publikationen und Social Media und führen Veranstaltungen an Schulen durch, das sind die sogenannten Politischen Tage. Es gibt zudem Kooperationsveranstaltungen in Wahlkreisen, digitale Veranstaltungen, Speeddatings mit Kandidierenden, aber auch Moderationen von Schülern, wie etwa im September im Scala in Ludwigsburg mit Bundestagskandidaten. Schüler haben sich inhaltlich darauf vorbereitet und werden dies moderieren. Die Schülergruppe hat vorab Fragestellungen und Themenfelder erarbeitet. Beworben wird die Veranstaltung für alle weiterführenden Schulen, weil sie über Scala-TV gestreamt wird. Es wäre toll, solche politischen Veranstaltungen regelmäßig über Scala-TV anzubieten auch im Bereich der Erwachsenenbildung.

Bei Kommunalwahlen darf ab 16 Jahren gewählt werden, für den Bundestag ab 18. Dabei interessieren sich junge Leute doch eher für globale Themen?

Wer junge Leute für kommunale Themen begeistern will, muss Taten vorweisen. Dann interessiert das schon. Mit Best-Practice-Beispielen kann man das Interesse wecken. Wird der Öffentliche Nahverkehr gestärkt, ein Studententicket eingeführt, spürt das die Jugend unmittelbar. Es gilt auch, auf Mitwirkungsmöglichkeiten hinzuweisen, etwa bei Jugendforen oder im Jugendgemeinderat, man kann auch an einer Demonstration teilnehmen. Wenn man sich selber einbringen kann, ist dann auch ein entsprechender Bezug da. Die Information darüber ist auch eine zentrale Aufgabe der politischen Bildung, denn die politische Beteiligung ist ein wichtiger Bestandteil zur Stärkung der Demokratie.

Wo sehen Sie ihre Aufgaben künftig in Ludwigsburg?

Bisher haben wir über die Außenstellen vor allem die Politischen Tage an den Schulen abgehalten, das wird auch in Zukunft so sein. Wir haben auch etwas mehr Personal für diese Aufgaben bekommen, weshalb wir das weiter ausbauen können. . Bei diesen Veranstaltungen werden junge Erwachsene – meist Studierende – als freie Mitarbeitende qualifiziert, um in Schulklassen Planspiele durchzuführen. Zum Beispiel, wie die Gesetzgebung im Landtag funktioniert. Da werden Rollen als Abgeordnete

verteilt und die Schüler agieren dann,

um ein Gesetz auf den Weg zu bringen. Wir hatten auch schon den Aktionstag „Schule trifft Rathaus“ in Ludwigsburg mit dem früheren Ersten Bürgermeister. Auf diese Weise können Schüler Kommunalpolitik vor Ort erleben. Wir sind aber auch in der Erwachsenenbildung aktiv. Unser Ziel ist, ein regionales Kompetenzzentrum zu werden, mit einem Shop für Info-Materialien und einem Treffpunkt und einer Anlaufstelle für alle, die politisch interessiert sind. Möglich wären dann auch Seminare, Ausstellungen und Lesungen.

Die neue Außenstelle in Ludwigsburg ist für den gesamten Regierungsbezirk Stuttgart zuständig?

Wir müssen von Ludwigsburg aus auch in die Fläche gehen. Der Landkreis Main-Tauber im Norden gehört beispielsweise dazu wie der Landkreis Heidenheim im Osten. Dafür benötigen wir weitere freie Mitarbeiter, die wir über Hochschulen gewinnen können.

Gibt es auch Kooperationen mit verschiedenen Einrichtungen in Ludwigsburg, etwa der Zentralen Stelle oder dem Staatsarchiv am Arsenalplatz?

Wenn wir vor Ort sind, werden wir das sicherlich weiter verstärken. Die Landeszentrale fördert schon bisher die Gedenkstättenarbeit. Exkursionen oder Veranstaltungen des Staatsarchivs könnten in unsere Programme eingebunden werden. Weitere Partner könnten das Deutsch-Französische Institut sein, die Hochschulen und Akademien, aber auch die Uni Stuttgart. Eine Kooperation mit dem Scala besteht bereits.

Weshalb hat Ludwigsburg den Zuschlag als Standort für eine neue Außenstelle erhalten?

Es war ein Wettbewerb zwischen drei Kommunen, Interesse hatten Schwäbisch Gmünd, Heilbronn und Ludwigsburg. Nach einer Standortanalyse hat sich die Direktion für Ludwigsburg entschieden, wegen der Lage in der Region Stuttgart, den vielfältigen Hochschulen und der guten Verkehrsanbindung durch S-Bahn und Autobahnanschluss.

Bis wann rechnen Sie mit einem Umzug nach Ludwigsburg?

Wenn ich eine Glaskugel hätte! Es wäre schön, wenn wir bis Sommer 2023 die Außenstelle eröffnen könnten.

Zum konkreten Standort können Sie noch nichts sagen?

Wir wollen einen Platz in der belebten Innenstadt, um nah bei den Bürgern zu sein.

Wichtig ist eine gute Erreichbarkeit mit dem Öffentlichen Nahverkehr und ausreichend Platz für Büros, Seminarräume und unseren Shop.