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Fahrverbote
Ludwigsburg setzt auf eine Übergangszeit

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Seit Jahren liefert die Messstation in der Friedrichstraße Daten zur Luftqualität – und die ist angesichts der Grenzwertüberschreitungen verbesserungswürdig. Archivfoto: Ramona Theiss
Stadt will die Schadstoffwerte in zwei bis drei Jahren unter den Grenzwert bringen – Vergünstigte Bustickets, Ausbau des Nahverkehrs und E-Mobilität

Ludwigsburg. Die Städte ersticken im Verkehr, seit Jahren verlangt die Europäische Union, für eine bessere Luftqualität zu sorgen. Jetzt drohen Fahrverbote, in Leipzig hat das Bundesverwaltungsgericht den Weg dazu freigemacht. Gegen Stuttgart hat die Deutsche Umwelthilfe geklagt, die Stadt Ludwigsburg ist nicht außen vor – ihr wurde im vergangenen Herbst eine solche Klage angedroht.

Denn auch in Ludwigsburg liegt an der stark befahrenen Friedrichstraße die Schadstoffbelastung mit Stickstoffdioxid (NO2) über dem Grenzwert. Über die Jahre hinweg hat sich die Situation gebessert, auch durch Neuentwicklungen in der derzeit umstrittenen Dieseltechnik. So sank in Ludwigsburg der NO2-Wert in den letzten zehn Jahren von 76 auf 51 Mikrogramm pro Kubikmeter. Das klingt gut, in einem Negativranking im Magazin „Der Spiegel“ kam die Barockstadt nicht so gut weg: Die Luft in Ludwigsburg ist schlechter als in Dortmund oder Leverkusen. Der Grenzwert für alle liegt bei 40 Mikrogramm.

Die Stadt Ludwigsburg, die als nachhaltigste Stadt Deutschlands mittlerer Größe für sich wirbt, ist also nach wie vor gefordert. „Wir haben die Zeit genutzt, um mit Hochdruck an den verschiedenen Maßnahmen zu arbeiten“, so Oberbürgermeister Werner Spec kurz nach der Urteilsverkündung des Bundesverwaltungsgerichts gegenüber unserer Zeitung. Er sei „guten Mutes“, dass die Stadt in zwei bis drei Jahren die NO2-Grenzwerte einhalten kann. Es gehe darum, die Luftqualität zu verbessern, aber auch ein gerichtliches Verfahren mit Fahrverboten zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund setze man darauf, dass Gerichte auch eine Übergangszeit akzeptieren.

Kurzfristig könnte das vergünstigte 1,50-Euro-Ticket eingeführt werden. Die Stadt wartet diesbezüglich auf eine Rückmeldung vom Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS). Spec setzt auf den März, „wir wollen das so schnell wie möglich angehen“. Mit 600 000 Euro wird das Projekt von der Stadt unterstützt. Der OB hält die Ermäßigung für den richtigen Ansatz, um einen Anreiz für den Umstieg auf den Nahverkehr zu schaffen.

Trotz allen Problemen und Widerständen zeigt sich der OB zuversichtlich, dass die Reaktivierung der Markgröninger Strecke gelingt und die BRT-Schnellbusse (Bus Rapid Transit) innerhalb von drei Jahren auf die Straße kommen. Dafür habe man eigens Personal eingestellt.

Im Fuhrpark hat die Stadt noch einige Aufgaben vor sich (siehe Zusatztext). Aktuell laufen Förderanträge für die Anschaffung weiterer E-Fahrzeuge, die Anzahl soll auf 30 verdoppelt werden. Auch die Ladeinfrastruktur soll ausgebaut werden, vier Ladesäulen in der Schwieberdinger Straße sind im Plan. Diese sollen in der Weststadt mit einem intelligenten Stromnetz (Smart Grid) und einem Batteriespeicher verknüpft werden. Für den Ausbau des Stromnetzes zeichnen die Stadtwerke verantwortlich.

Als nächstes großes Projekt gilt der Aufbau eines Parkraummanagements in der Weststadt. Dies soll erstmals digitalisiert erfolgen, wobei Stellplätze in Parkhäusern und im öffentlichen Straßenbereich miteinander gekoppelt werden. Spec verspricht sich davon, dass sich der Parksuchverkehr verringert. Die digitalisierte Form des Parkraummanagements werde in Ludwigsburg modellhaft entwickelt. Noch in diesem Frühjahr soll das Projekt umgesetzt werden.

Weitere Maßnahmen sollen folgen, vieles hat die Stadt nach dem Dieselgipfel in Berlin in einem Maßnahmenplan zusammengefasst. Wie berichtet, umfasst dies die Nachrüstung von Dieselbussen, die Doppelstrategie und die Förderung von E-Taxis. Die Stadt nennt auch die Digitalisierung der Verkehrsinfrastruktur, den Bau des neuen Fahrradparkhauses am Bahnhof und den Aufbau von sieben Pedelec-Stationen in diesem Jahr. Auch die grünen Wände sollen kommen, Spec verspricht etwa für Eglosheim eine großflächige Lösung.

Die Stadträte erhalten heute im Gemeinderat einen Bericht zum weiteren Verfahren. „Wir müssen Staus vermeiden und den Verkehr verflüssigen“, so die Losung von Klaus Herrmann (CDU), der sich damit konträr zu den Grünen sieht. Von Fahrverboten hält er denn auch gar nichts, wo nötig, sollten Alternativen zum Auto angeboten werden. Dies wären die Doppelstrategie und der Ausbau der E-Mobilität. Fahrzeuge gehörten nachgerüstet.

Anders sieht es Michael Vierling (Grüne), der die Frage aufwirft, „ob es ohne Fahrverbote gehen wird“. Er wolle dies nicht, aber alle bisher genannten Maßnahmen würden nicht dazu beitragen, dass kurzfristig der Grenzwert für Stickstoffdioxid in Ludwigsburg eingehalten werden kann. „Der Gesundheitsschutz geht vor“, sagte er. Er empfiehlt, in enger Abstimmung mit dem Land und der Stadt Stuttgart vorzugehen, um gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. „Wir sollten nicht warten, bis wir von der Umwelthilfe verklagt und gezwungen werden.“