Ludwigsburg. „Wir sind gerade heiß in der Diskussion.“ Mathias Hilbert, Geschäftsführender Direktor aller vier Gymnasien, kann durchaus als Motivator der Bewegung in den weiterführenden Schulen gesehen werden, die Klassenzimmer so bald als möglich mobile antivirale Luftreinigern auszustatten. Rund 700 wären es in der Stadt, und die sollen sicher gemacht werden, sagt er. Derzeit liefen erneut Gespräche mit dem Gesamtelternbeirat – auch über mögliche Leasingmodelle, die der Ludwigsburger Filterhersteller Mann + Hummel (M+H) anbiete.
Forscher geben Rektoren Rückenwind
Erst zwei Wochen ist es her, dass er nach einer Umfrage bei Rektoren weiterführender Schulen in die Offensive ging (wir berichteten), jetzt bekommt er Rückenwind durch die Wissenschaft. Führende Aerosol-Forscher, so nennt man das, fordern, den Fokus auf Innenräume zu lenken, insbesondere auf Klassenzimmer sowie Büros mit mehreren Personen. Sie fordern zusätzlich zu Maske, Abstand und eingebauten Anlagen mobile Filtergeräte. „Leider werden bis heute wesentliche Erkenntnisse unserer Forschungsarbeit nicht in praktisches Handeln übersetzt“, schreiben sie in einem Offenen Brief an Bund und Länder (siehe rechts).
Bestätigt sieht sich auch der Filterhersteller Mann+Hummel. „Vorher war das nicht unbedingt ein Topprodukt im Portfolio“, sagt Pressesprecher Andreas Wallbillich, „mittlerweile gibt es eine immense Nachfrage.“ In anderen Bundesländern wie etwa Bayern, wo Luftreiniger in Schulen explizit gefördert werden, ist Mann+Hummel nach eigenen Angaben gut dabei. Es wurden eigens Werke mit mobilen Luftreinigern hochgefahren. Baden-Württemberg indes setzt auf eingebaute Lüftungsanlagen und verweist auf das Umweltbundesamt, das feste Anlagen und Lüften vorzieht.
Darauf – und damit auf die fehlende Finanzierung – hat sich bisher auch die Stadt berufen, die zudem auf gute Lüftungsanlagen in allen Schulen verweist. Jetzt scheint allerdings ein Umdenken einzusetzen – wenn man die schmallippige Antwort auf die Anfrage unserer Zeitung so deuten möchte: „Wir bereiten die Beantwortung dieser Frage gegenwärtig vor und wägen alle Vor- und Nachteile ab. Dazu werden wir uns intern sowohl mit dem Land als auch mit dem Landkreis abstimmen, um zu dem Thema im Ausschuss für Bildung, Soziales und Sport am 21. April Stellung zu nehmen.“
Da dürfte auch der Antrag der FDP-Fraktion im Gemeinderat behandelt werden. Die hatte Ende März gefordert, alle Klassenzimmer in Ludwigsburg mit mobilen Luftfiltern auszustatten, finanziert über den Fond „Jugend, Familie, Zukunft“ und Spenden. FDP-Stadträtin Stefanie Knechts damalige Äußerung „Nur warten, warten, warten geht nicht“ hat jetzt einen bitteren Klang bekommen. Bei einer rapide steigenden Sieben-Tage-Inzidenz im Kreis (Montag: 155,3) und der Ankündigung des Bundes, ab 200 die Schulen zu schließen, ist die geplante Öffnung im Wechsel kommende Woche unter Umständen nicht zu halten. Mathias Hilbert: „Wir bereiten uns auch auf die Fortführung des Fernunterrichts vor.“
Auch bei der Landesregierung ist die Kritik durchaus angekommen, wie ein Pressesprecher des Sozialministeriums sagt – zudem die neue Virus-Variante auch Kinder und Jugendliche beträfe. Das weitere Vorgehen sei jedoch noch völlig unklar. Im Oktober 2020 hatte die Landesregierung einen multidisziplinären Expertenkreis Aerosole eingesetzt. Dieser empfiehlt neben Masken, Abstand, reduzierter Aufenthaltszeit, guter Hygiene und Lüften Innenraumfilter nur „in Zeiten, in denen Räume nicht ausreichend gelüftet werden können“ oder wenn die Personen oft wechseln.
„In engem Austausch mit der Stadt“
Die Empfehlung der Forscher, Raumluftreiniger einzusetzen, gibt M+H Aufwind. Als Unternehmen vor Ort sei man „in engem Austausch mit der Stadtverwaltung“. Für Gemeinderatssitzungen nutzt sie zwei große M+H-Filter im Testlauf, die laufend optimiert würden. Auch in OP-Sälen sorge M+H längst für saubere Luft. Dies könne jetzt an Schulen weitergehen, so der Direktor für Luftlösungssysteme, Jan-Eric Raschke, so könnten auch Schüler und Lehrer profitieren.