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Schloss
Mit Langer Nacht in die neue Saison

Stimmungsvolle Illumination im Schlosshof.
Stimmungsvolle Illumination im Schlosshof.
Kostümführungen ziehen Groß und Klein in ihren Bann.
Kostümführungen ziehen Groß und Klein in ihren Bann.
Die Kulinarik kam nicht zu kurz.
Die Kulinarik kam nicht zu kurz.
Bric-à-Brac sorgten für Musik. Fotos: Benjamin Stollenberg
Bric-à-Brac sorgten für Musik. Foto: Benjamin Stollenberg
Das Residenzschloss ist aus seiner Winterruhe erwacht. Beim mittlerweile dritten Frühlingserwachen erlebten hunderte von Besuchern diesen historischen Ort am Samstagabend bei Sonderführungen, Vorträgen und mit Musik von einer ganz besonderen Seite. Erst um Mitternacht endete das Event.

Ludwigsburg. Der Hauptweg wurde nach Einbruch der Dunkelheit von Kerzenlicht illuminiert, das Schloss durch dezente Beleuchtung in Szene gesetzt. „Die Resonanz ist toll“, zog Stephan Hurst, Leiter der Schlossverwaltung, eine positive Bilanz. „Die Kombination aus Kulinarik, Musik und der Möglichkeit, das Schloss bei Nacht zu erleben, kommt an.“ Das Publikum war bunt gemischt, und sogar das Wetter hatte sich dem Thema Frühlingserwachen angepasst: Keine Spur von Regen oder gar Windböen.

Schwer fiel die Auswahl bei den Sonderführungen: Baron von Bühler berichtete über barocke Feste bei Hofe, während Kammerzofe Christine aus dem Nähkästchen plauderte, Edmund Banhart das Augenmerk auf die funkelnden Kronleuchter richtete oder Renate und Babette die Besucher an der Last des umfangreichen Schlossputzes teilhaben ließen. Familien mit Kindern konnten das Schloss bei Dunkelheit im Laternenschein erleben.

Recht neu ist die Führung mit Laura Imprescia, die den Aufenthalt von Frankreichs Kaiser Napoleon Bonaparte im Jahr 1805 als Hofdame Katharina von Spiegel hautnah miterlebt hat. „Er kam, sah und krönte“, heißt der Titel dieser Sonderführung, die eine Brücke zum Themen der Staatlichen Schlösser und Gärten schlägt. In diesem Jahr steht es unter dem Motto „Ziemlich gute Freunde. Frankreich und der deutsche Südwesten“.

Tagelang, so berichtete die in eine elegante Robe gehüllte Hofdame, hätten die Vorbereitungen auf den Besuch von Kaiser Napoleon gedauert, der spätabends am 2. Oktober 1805 auf dem Rücken seines Pferdes am Haupteingang des Schlosses eintraf. 100 Kanonenschüsse wurde ihm zu Ehren abgegeben, fünf Minuten lang läuteten die Kirchenglocken in Ludwigsburg. Herzog Friedrich II, der spätere König Friedrich I., hieß ihn willkommen. Es muss ein merkwürdiger Anblick gewesen sein, den 2,20 Meter großen und mehr als 200 Kilogramm schweren Herzog neben dem deutlich kleiner gewachsenen Napoleon zu sehen. Dieser soll über Friedrich gesagt haben, er sei der lebende Beweis dafür, wie weit sich die menschliche Haut ausdehnen könne. Die gesamte Familie des württembergischen Regenten und auch dessen Hofstaat, insgesamt rund 250 Menschen an der Zahl, hatten sich zu Ehren des Kaisers im Marmorsaal versammelt. „Mon dieu, waren das aufregende Zeiten“, so Katharina von Spiegel. Und die muss es ja wissen.

Der Besuch trug Früchte: Napoleon gelang es, den württembergischen Herzog zu seinem Verbündeten zu machen. Dieser stellte Soldaten – die meisten der 12.000 Männer sollten allerdings ihr Leben verlieren – und erhielt als Gegenzug mehr Land und höhere Steuereinnahmen. Nach der gewonnenen Schlacht von Austerlitz erhob Napoleon den Herzog in den Königsstand. Aus Württemberg wurde ein Königreich und aus dem Ludwigsburger Schloss die königliche Sommerresidenz. Bei einem weiteren Besuch gelang es Napoleon, die Heirat seines jüngsten Bruders Jérôme mit Katharina, der jüngsten Tochter des frisch gekrönten Königs Friedrich I., einzufädeln.

Im Zeichen Frankreichs stand auch das Programm in den Attikaräumen: Eine Hofdame lud die Besucher zu barocken Spielen ein, während die vier Musiker der Band Bric-à-Brac, Sabine Zimmermann, Gottfried Jetter, Julia und Matthias Vetter, mit Chansons für französisches Flair sorgten. Der Winzer Jean-Luc Schwartz war aus dem Elsass angereist und kredenzte seine Weine. Eine gute Gelegenheit also, mit einem Glas Crémant auf den gelungenen Abend anzustoßen. Das Weingut Herzog von Württemberg lud ebenfalls zur Verkostung ein, während das Team vom Gasthaus Allgäu mit französisch inspirierten Häppchen für Gaumenfreuden sorgte. In kurzen Vorträgen drehte es sich um die Beziehungen zwischen Württemberg und Mömpelgard, um Versailles und Ludwigsburg und natürlich um die Verbindung zwischen Napoleon und Friedrich I.

Ebenfalls bis Mitternacht geöffnet hatten die Museen des Residenzschlosses. Ob Mode-, Keramikmuseum, die Barockgalerie oder die Privaträume von Herzog Carl Eugen mit der kostbaren Ausstattung im Rokoko: In 20-minütigen Führungen brachten Experten den Besuchern kurz und knackig alles Wissenswerte näher. Bei seiner kreativen Arbeit über die Schulter schauen ließ sich auch der Keramikkünstler Kenji Fuchiwaki. Ein Spaß für die ganze Familie war der Besuch der Legoausstellung. Um Mitternacht versank das Schloss dann in seine gewohnte nächtliche Ruhe. Und es gehörte wieder den Schlossgeistern – falls vorhanden.