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Historie
Mumienhand in der Sammlung des Ludwigsburger Museums ist ein schwieriges Erbe

Der Umgang mit der Mumienhand, die eines von 25 000 Exponaten aus der Stadtgeschichtlichen Sammlung ist, ist nicht einfach. Foto: Ludwigsburg Museum
Der Umgang mit der Mumienhand, die eines von 25 000 Exponaten aus der Stadtgeschichtlichen Sammlung ist, ist nicht einfach. Foto: Ludwigsburg Museum
Der Umgang mit der Mumienhand, die eines von 25 000 Exponaten aus der Stadtgeschichtlichen Sammlung ist, ist nicht einfach. Foto: Ludwigsburg Museum
Der Umgang mit der Mumienhand, die eines von 25 000 Exponaten aus der Stadtgeschichtlichen Sammlung ist, ist nicht einfach. Foto: Ludwigsburg Museum
Der Historische Verein, dessen Gründung sich in diesem Jahr zum 125. Mal jährt, hat den Grundstein für die Stadtgeschichtliche Sammlung gelegt. Dazu gehört auch ein Exponat, auf das man nicht besonders stolz ist: die Hand einer ägyptischen Mumie.

Ludwigsburg. Ganz anders wird sich Stadtrat Adolf Feyerabend gefühlt haben, als er von seiner Ägyptenreise Ende des 19. Jahrhunderts dieses ganz besondere Souvenir mitbrachte. Der Mitinhaber der Metallwarenfabrik Kallenberg & Feyerabend hatte dieses Körperteil auf einem Markt in dem Land am Nil erworben und in seine Heimatstadt mitgebracht. Im Jahr 1897 schenkte er dieses Mitbringsel dem Historischen Verein. Und so wurde diese Hand Teil der umfangreichen Stadtgeschichtlichen Sammlung, die der Historische Verein schließlich dem Ludwigsburg Museum überlassen hat.

Vermutlich aus einem Grabraub

Schwierig ist dieses Exponat für Museumsleiterin Alke Hollwedel vor allem deshalb, weil es aus heutiger Sicht illegal ist. Was Ende des 19. Jahrhunderts mehr oder weniger offen auf dem Markt angeboten wurde, wäre heute verboten. Denn die Hand stammt vermutlich aus einem Grabraub. „Die Haltung zu solchen Objekten hat sich geändert“, so die Expertin. Abgesehen davon, dass sie offensichtlich recht unsanft vom Körper entfernt, nämlich abgerissen, worden ist, lässt sich kaum etwas darüber sagen.

Gehörte sie einem Mann oder einer Frau? Einem Pharao oder einem Priester? Die mumifizierte Hand wirft viele Fragen auf. Selbst das Alter lässt sich nicht hundertprozentig bestimmen, da dieses Körperteil bisher noch nicht untersucht worden ist. Stammt sie wirklich aus der vorchristlichen Zeit, als die ägyptische Kultur ihre Blützeit erlebte? Vielleicht ist Stadtrat Feyerabend damals einem Schwindel aufgesessen und die Hand war nur entsprechend präpariert worden, war also ein Fake, um Geld damit zu machen?

Die Leiterin des Ludwigsburg Museum im MIK weist darauf hin, dass die Mumienhand eines von zirka 25000 Exponaten der Stadtgeschichtlichen Sammlung ist. „Heute ist der Umgang mit Sammlungsstücken wie der Mumienhand, die dem Historischen Verein um das Jahr 1900 von einem Privatmann geschenkt wurde, ein anderer,“ sagt sie.

Orient war beliebtes Reiseziel

„In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war der Orient für ein historisch interessiertes, gebildetes Publikum ein beliebtes Reiseziel“, ordnet Alke Hollwedel den Erwerb dieses ganz besondere Reisemitbringsels ein. Die Entdeckungen der Archäologen vor Augen konnte eine Mumienhand ein angemessenes Souvenir sein. Für die ägyptischen Fundstätten bedeutete dies allerdings , dass Händler Gräber und Friedhöfe plünderten, um an „Ware“ zu gelangen. Die Mystik, die ägyptische Mumien umgibt, trieb seltsame Blüten. Und so mutet es aus heutiger Sicht skurril und befremdlich an, dass bis in die 1920er Jahre sogenanntes Mumienpulver als Heilmittel Verwendung fand. Dieses bestand aus zermahlenen ägyptischen Mumien. Grabräuber stahlen Leichen deshalb aus ihren Ruhestätten, um sie zu Geld zu machen.

Noch bis zum Jahr 1983 waren Mumien frei verkäufliche Waren und durften sogar exportiert werden, gibt Alke Hollwedel zu bedenken. Außerdem verweist sie auf einen Leitfaden des Deutschen Museumsbundes (DMB) für den Umgang mit menschlichen Überresten in Sammlungen und Museen. Bei Rückgabeersuchen, so ist darin nachzulesen, gebe es in der Regel einen kolonialen Kontext. Und dieser besteht in diesem Fall nicht.

Es wird auch geforscht

In Baden-Württemberg habe es bedeutende Ausstellungen zum Thema, wie die Mumien-Ausstellung in Jahr 2018 im Reiß-Engelhorn-Museum in Mannheim, gegeben. Außerdem werde Forschungsarbeit geleistet wie in der Ägyptischen Sammlung der Universität Tübingen. In diesem umfassenden Zusammenhang gestellt, könnte die erneute Beschäftigung mit diesem Ludwigsburger Einzelstück möglicherweise an Relevanz gewinnen. Weiterführen könnte nach Auffassung von Alke Hollwedel auch die Beschäftigung mit Adolf Feyerabend, zu dem es einen Aktenbestand im Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg gibt.

Eines steht für die Museumsleitern auf jeden Fall fest: „Die Mumienhand ist eines der ältesten Stücke aus der Sammlung des Historischen Vereins und zeugt vom umfassenden Anspruch, den die Gründer damit verbanden.“

Bei einem Kunstprojekt ausgestellt

Bisher wurde die Hand in jüngster Zeit nur einmal öffentlich präsentiert, und zwar im Sommer vorigen Jahres im Rahmen eines Kunstprojektes. 26 Wochen lang wurde im Innenhof des MIK für jeden Buchstaben des Alphabets jeweils eine Woche lang ein ausgewähltes Sammlungsobjekt gezeigt. Und dazu gehörte eben auch diese mumifizierte Hand.

Auch wenn in diesem Jahr das 125-jährige Bestehen des Historischen Vereins begangen wird, soll diese Hand im Depot bleiben. Auch in absehbarer Zeit ist keine Ausstellung dieser mumifizierten Hand geplant. Das Museum nimmt mit seiner aktuellen Ausstellung „Die Tücke des Objekts“ zum 125-jährigen Bestehen des Historischen Vereins die Nachlässe der Ludwigsburger Autoren, Vischer, Kerner und Mörike in den Fokus, so Hollwedel.

„Bei der Arbeit mit der Sammlung erfahren wir auch, dass nicht alle Sachverhalte sich noch vollständig recherchieren lassen, zumal diese Aufgabe derzeit nur von einer Teilzeitkraft geleistet werden kann“, gibt die Expertin zu bedenken.