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Neue Vorwürfe gegen Beamtenhochschule

Ein Professor der Verwaltungshochschule Ludwigsburg hat gestern im Stuttgarter Landtag Missstände an der Beamtenhochschule kritisiert. „Wir schaffen das nicht – wer kann helfen?“, sagte der 63-Jährige vor dem Untersuchungsausschuss in Richtung Landespolitik.

Ludwigsburg. Der Professor sprach von Prüfungsmanipulationen, möglicher Untreue und mangelnder Wissenschaftlichkeit seiner Hochschule sowie von Verleumdungen gegen ihn. „Wenn ich versuche, etwas zu verändern, wird das relativ hart gekontert“, berichtete er. Zwar werde keine Tasse Kaffee über seinem Hemd entleert. Aber: „Das ist alles feiner und subtiler.“

Bei seiner Aussage vor dem Untersuchungsausschuss in der Affäre um Zulagen für Professoren erhob der Zeuge den Vorwurf, es gebe einen Korpsgeist an der Hochschule, der kritische Kollegen wie ihn ausschließe. Der Finanzexperte hatte sich anders als etliche seiner Kollegen dagegen entschieden, die seit 2012 eröffnete Möglichkeit eines Wechsels in eine Besoldungsgruppe mit lukrativen Zulagen (W2) zu nutzen. Diese Kollegen hätten ungeachtet der äußerst schwammigen juristischen Grundlage damals argumentiert, man müsse mitnehmen, was man mitnehmen könne, so die Aussage des 63-Jährigen im Landtag.

Im Einzelnen berief er sich auf folgende Kritikpunkte: Die Vorlesungen fänden nur vormittags statt – deshalb könne nicht von einer Hochschule, sondern eher von einer Schule die Rede sein. Folge: Es würden Räume angemietet, während am Nachmittag die Einrichtung leer stehe. Das könne ein Fall von Untreue sein.

Um etwaige Ungerechtigkeiten beim Bachelor – gegenüber dem Diplomabschluss auszugleichen, würden jedem Bachelorstudenten eine Mindestzahl von fünf Punkten automatisch zugesprochen. Hinzu kämen ein Fall nachträglicher Verbesserung von Klausurnoten und ein äußerst schludriger Umgang mit den Abschlussarbeiten der Studenten.

Ein Sprecher von Ministerin Theresia Bauer sagte zu der Mängelliste: „Zunächst müssen wir prüfen, ob das einen realen Hintergrund hat.“ Der Grünen-Obmann im Untersuchungsausschuss, Thomas Hentschel, nannte die benannten Missstände „Nickeligkeiten“ und die Bedenken des Professors hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Zulagen einen „gefühlten Zweifel“.

Die Oppositionsobleute zeigten sich zum Teil schockiert. Sascha Binder (SPD) sagte: „Ich bin erschüttert, dass unter der Rechtsaufsicht der Ministerin sich solche Zustände fortsetzen ohne ein Einschreiten.“ FDP-Obmann Nico Weinmann resümierte: „All das lässt kein gutes Licht auf das Ministerium fallen.“ Die Opposition will im Ausschuss vor allem das Krisenmanagement sowie mögliche Pflichtverletzungen von Wissenschaftsministerin Bauer beleuchten. Die Ausschusschefin Sabine Kurtz (CDU) sagte: „Die Abgeordneten des Landtags können nicht beglückt sein, wenn sie solche Dinge hören.“

Nach Ansicht des Professors hat der amtierende Rektor der Hochschule, Wolfgang Ernst, keines der Probleme angefasst. Grund sei, dass er befürchten müsse, wie die geschasste Ex-Rektorin Claudia Stöckle an internem Widerstand zu scheitern.

Ein weiterer Zeuge äußerte sich vor dem Untersuchungsausschuss zum Kontakt zwischen einem Dutzend Professoren mit Interesse am Wechsel in die W-Besoldung und dem Landesamt für Besoldung und Versorgung (LBV). Dabei sei es um die Ruhegehaltsfähigkeit der neuen Bezüge gegangen, also um die mögliche Anrechnung der Besoldungserhöhung auf die Pension, erläuterte der LBV-Vertreter. Dazu habe seine Behörde Auskunft gegeben, aber nicht zur Frage der prinzipiellen Gewährung der Leistungszulagen – wie es die Professoren aus der Auskunft herausgelesen haben wollen. Die 13 in eine andere Besoldungsgruppe gewechselten Akademiker werden jetzt von der Staatsanwaltschaft der Untreue und der Beihilfe dazu beschuldigt. (lsw)