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Porzellan ist mehr als Geschirr

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Die Ludwigsburgerin Gabriele Lassotta (links) malt, kreiert Schmuck und restauriert Porzellan.Fotos: Karin Rebstock
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Aktionstag im Keramikmuseum bringt die Faszination von Porzellan näher

Ludwigsburg. Porzellan ist nicht nur zum Anschauen da. Beim gestrigen Aktionstag im Keramikmuseum, das in einem Flügel des Residenzschlosses viel Raum einnimmt, konnten die Besucher die wertvollen Exponate bewundern und auch selbst Porzellan bemalen oder an Themenführungen teilnehmen.

„Wer eine Affinität zu Keramik hat, kann hier locker den ganzen Tag verbringen“, zeigte sich Stephan Hurst, Leiter der Schlossverwaltung, überzeugt. Evelyn Kresse gehörte zu den rund 300 Besuchern. An allen vier unterschiedlichen Führungen nahm sie teil. „Besonders toll finde ich die frühere Tisch- und Esskultur“ sagte sie.

Die Interessierten wurden von zwei echten Expertinnen informiert: den Kunsthistorikerinnen Dr. Maaike van Rijn und Dr. Katharina Küster-Heise vom Landesmuseum Stuttgart. Und so erfuhren die Teilnehmer der Führungen, wie in der Barockzeit bei Hofe gespeist wurde und wie sich die Dekore des Porzellans im Laufe der Geschichte verändert haben. Das Museum an sich sei schon eine Attraktion für sich. Dass beim Aktionstag Theorie und Praxis, also Sehen und Erleben, miteinander verknüpft wurden, kam gut an.

Bei den Führungen ging es aber auch um Glasuren und es wurde gezeigt, was der Unterschied zwischen in Handarbeit bemaltem und gestempeltem Porzellan ist. „Handarbeit bedeutet, dass jeder einzelne Strich mit dem Pinsel aufgetragen wird und jedes Teil ein Unikat ist“, so Katharina Küster-Heise. Das kann durchaus bedeuten, dass nicht jedes Teil zu 100 Prozent dem anderen ähnelt. Und es bedeutet auch, dass man sehr konzentriert arbeiten muss.

Maler weiht in Geheimnisse ein

Porzellanmaler Harald Schweizer weihte Interessierte in die Geheimnisse ein. 38 Jahre lang war er in der Ludwigsburger Porzellanmanufaktur tätig, bis zu ihrer Schließung. Jutta Kalmbach und Wolfgang Wild gehörten zu den Besuchern, die sich trauten. Das Ehepaar aus Schwaikheim hatte sich zwei weiße Espressotässchen samt Untersetzer – alle made in Ludwigsburg – gekauft, um ihnen eine individuelle Note zu geben. Wolfgang Wild beschränkte sich darauf, das Porzellan mit Strichen zu verzieren, während seine bessere Hälfte einen Schmetterling, ein Ochsenauge, aufmalen wollte. Hoffentlich haben sie das Porzellan sicher bis nach Hause gebracht.

Für alle anderen Fälle gibt es Gabriele Lassotta: Die Ludwigsburgerin ist ein echtes Multitalent. Sie malt, kreiert Schmuck und restauriert Porzellan. Anhand einiger Exponate zeigte sie, wie aufwendig es ist, Scherben zu kitten oder gar Teile zu vervollständigen. „Hier habe ich die Rosenblätter modelliert“, zeigte sie auf die aufwendige Verzierung eines Porzellanuntersatzes für eine Uhr von 1860. Ob Geschirr oder Puppenköpfe: Sie schafft es, die Schäden so auszubessern, dass sie für das normale Auge nicht zu erkennen sind. Um einen bemalten Teller, der in zwei Teile zerbrochen ist, wieder herzustellen, benötigt sie auf jeden Fall vier Stunden – inklusive Malerei. Schließlich ist sie auch gelernte Porzellanmalerin.

Wie Keramik entsteht, demonstrierte der Keramikkünstler Kenji Fuchiwaki, dessen Atelier direkt neben dem Keramikmuseum liegt. Wer wollte, konnte unter seiner Anleitung die Töpferscheibe ausprobieren und das Ergebnis brennen lassen.

Doch auch die weniger Kreativen konnten sich eine Erinnerung mit nehmen. In der Ausstellung des Bundes der Kunsthandwerker Baden-Württemberg wurden zu erschwinglichen Preisen moderne Trinkgefäße angeboten. „Die Ausstellung schlägt eine Brücke zwischen dem historischen und modernen Porzellan“, so Stephan Hurst.

Apropos Erinnerung: Die Post hatte zum Aktionstag einen Sonderstempel herausgegeben, der mit dem Ludwigsburger Schloss als Briefmarkenmotiv zu einem schönen Mitbringsel wurde. Eine Maxikarte befindet sich seit gestern übrigens auf dem Weg nach New York. Wie die Mitarbeiterin der Post verriet, wollte eine Besucherin ihren Onkel damit überraschen. Der ist nämlich ein Keramikfan.