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Saison-Eröffnung
Schlossfestspiele trotzen der Pandemie

Auftakt mit Tests und Hygienekonzept: Oksana Lyniv dirigiert das Orchester der Ludwigsburger Schlossfestspiele bei der Generalprobe im Forum. Foto: Reiner Pfisterer/p
Auftakt mit Tests und Hygienekonzept: Oksana Lyniv dirigiert das Orchester der Ludwigsburger Schlossfestspiele bei der Generalprobe im Forum. Foto: Reiner Pfisterer/p
Bei der Generalprobe zum Livestream-Konzert im Forum kommt trotz Corona Festival-Stimmung auf

Ludwigsburg. Die Sicherheitsvorkehrungen schon bei der Generalprobe sind enorm: Damit das Eröffnungskonzert der Ludwigsburger Schlossfestspiele trotz der Coronapandemie live und – wenn auch ohne Publikum – vor Ort im Forum über die Bühne gehen kann, wurde ein umfangreiches Hygiene- und Sicherheitskonzept für alle Beteiligten erarbeitet. Getestet sind ohnehin alle rund 50 Musiker des in reduzierter Besetzung spielenden Festspielorchesters sowie alle anderen Anwesenden, zusätzlich herrscht zumindest auf den Wegen im Gebäude und in den Pausen Maskenpflicht. Außerdem sind die Blasinstrumente mit durchsichtigen, mobilen Trennwänden abgeschirmt, um eine Verteilung von Aerosolen einzudämmen. Auf der Bühne müssen auch beim Spielen Abstände von mindestens 1,50 Meter eingehalten werden, sicher ist sicher. Entsprechend luftig ist die Sitzordnung.

Der Spielfreude und Begeisterung des Festspielorchesters tut all dies keinen Abbruch. Zu lange war für viele Musiker die Zeit, in der sie nur alleine oder in kleinen Besetzungen ihrer Profession nachgehen durften. So geht es auch dem Publikum und Kulturveranstaltern in diesen Zeiten – nicht zuletzt Festspielintendant Jochen Sandig, der zu Beginn der Generalprobe ein paar Worte an sein Orchester richtet: „Es war für mich ein Geschenk, euch beim Proben zuhören zu dürfen.“ Zuhörer sind ansonsten nur ein Dutzend weit verstreut im Raum verteilt: Kameraleute, Tontechniker, einzelne Festspielmitarbeiter.

Das Programm, das dann am Donnerstagabend (6. Mai) um 20 Uhr im kostenlosen Livestream übertragen wird, kann sich jedenfalls sehen lassen: Die ukrainische Senkrechtstarterin Oksana Lyniv dirigiert das Orchester in Hochform mit Ludwig van Beethovens 6. Sinfonie („Pastorale“) und Gustav Mahlers „Das Lied von der Erde“, dessen Gesangspartien von der Mezzosopranistin Anna Larsson und dem Tenor Christian Elsner bravourös absolviert werden. Im Hintergrund flimmern als riesige Projektion Filmaufnahmen von J. Henry Fair. „Das Lied von der Erde for the 21st Century“ zeigt in tollen Luftaufnahmen harte Kontraste zwischen der Schönheit der Natur und brutalen Eingriffen des Menschen – von Bohrinseln über Tagebau bis hin zu schweren Umweltverschmutzung. Durchaus plakativ, aber ohne Pathos sprechen die Bilder für sich – ohne damit die hochklassig präsentierte Musik zu überlagern.

Dichter klang trotz Abstand: Die Musiker des Festspielorchesters müssen 1,50 Meter weit auseinandersitzen, die Bläser haben Trennwände vor sich. Im Hintergrund die Projektionen von J. Henry Fair. Foto: Reiner Pfisterer/p

Zwischen den beiden großen Werken des Abends dann vermeintliche Stille. John Cages „4‘33“ mag auf manchen Hörer etwas kurios erscheinen, erklingt doch während der ganzen Zeit in der titelgebenden Länge streng genommen kein einziger Ton. Doch das Orchester folgt dem Gedanken Cages, erstarrt in Spielpose und folgt dem Gang der – durchaus vorhandenen Partitur – ebenso wie die Dirigentin, die hier und da Zäsuren setzt. Was hört man, wenn man nichts hört? Diese philosophisch aufgeladene Frage schwebt über dem auch nach Jahrzehnten noch unkonventionellen Stück. Im eher hermetischen Theatersaal des Forums ist es etwa das Knacken der sich erhitzenden Bühnenbeleuchtung, vereinzeltes Atmen, Schritte im Hintergrund. Daheim, vor dem Computer während des Livestreams, dürfte es bei jedem Zuhörer wieder ganz anders sein.

Die Schlossfestspiele trotzen in dieser schwierigen Phase also der Pandemie und machen Kultur möglich, und wenn es erstmal nur für einen Abend im Mai ist – der Aufwand ist es sicherlich wert.

Info: Das Konzert wird am Donnerstag, 6. Mai, um 20 Uhr auf www.schlossfestspiele.de und arte.tv/de/arte-concert live und kostenlos gestreamt. Wer es verpasst: Eine Aufzeichnung bleibt in den nächsten Monaten online verfügbar.