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Nachtragshaushalt
So manches wird auf Null gesetzt

Stadtkämmerer legt die aktuellen Finanzdaten vor – Wie viel Geld vom Rettungsschirm kommt, ist noch völlig offen

Die Coronapandemie rüttelt kräftig am finanziellen Standbein der Stadt – darüber haben Stadt und Stadträte bereits Mitte Mai intern gesprochen, danach folgten die Haushaltssperre und eine nichtöffentliche Finanzklausur im Forum. Jetzt hat die Verwaltung einen Krisen-Nachtragshaushalt für das laufende Jahr vorgelegt. Von schmerzlichen Einschnitten sprach der OB am Dienstagabend. Besserung ist nicht in Sicht. „Das Jahr 2021 wird nochmals einen Schritt schmerzhafter“, stimmte Matthias Knecht bereits auf die Finanzdebatte im Herbst ein.

Diese Woche verzichteten die Fraktionen auf Grundsatzreden, die man sich für die Beratung im Gemeinderat aufgespart hat. Vielmehr ging es darum, Fragen zu stellen und sich mit dem zu beschäftigen, was Stadtkämmerer Harald Kistler an Konsolidierungsmaßnahmen ausbreitete. Und der beschönigte es nicht, dass die Stadt mit über 21 Millionen Euro noch mehr Schulden machen muss, als bisher geplant, dazu kommen sogenannte Kassenkredite, deren Rahmen bis auf eine Grenze von 50 Millionen Euro ausgeweitet wurde. Diese Kassenkredite sollen nur bei Bedarf zur Überbrückung genutzt werden.

Trotz immer weiterer Ankündigungen für Rettungsschirme von Land und Bund ist nach wie vor unklar, was wirklich bei den Städten ankommt. In Ludwigsburg rechnet Kistler vorsichtig, eingeplant sind 1,5 Millionen Euro vom Land und 20 Millionen Euro von Bund und Land als Ersatz für Steuerausfälle. „Es gibt das Gießkannenprinzip oder einen Ausgleich für die tatsächlichen Steuerausfälle“, so Kistler. In letzterem Fall würde Ludwigsburg deutlich mehr bekommen.

Weggebrochen ist die Gewerbesteuer, die nach bisherigem Stand von 85 Millionen auf 45 Millionen Euro abrutscht, auch bei der Einkommenssteuer fehlen sechs Millionen Euro. Mit sinkenden Einnahmen können Investitionen nicht mehr aus dem laufenden Betrieb heraus bezahlt werden – das heißt, dass alle Investitionen über Kredite finanziert werden müssen. Dabei hat die Stadt schon vorab kräftig bei Ausgaben im Baubereich und beim Kauf von Grundstücken gestrichen.

Auch die Fachbereiche der Verwaltung waren aufgerufen, zu sparen, 15 Millionen Euro an Vorschlägen sind zusammengekommen. Wegen ihrer politischen Brisanz sind sie noch nicht detailliert im Nachtragshaushalt aufgeführt, weil diese Punkte jeweils vom Gemeinderat entschieden werden müssen. Allerdings schlägt der Kämmerer vor, diese Summe zu sperren. Noch nicht eingearbeitet sind im Gegenzug die vielen Einnahmeausfälle bei Kita- oder Parkgebühren.

Was die Stadt nicht mit der Fahne vor sich herträgt, sind die konkreten Sparmaßnahmen, die ebenfalls politisch von Bedeutung sind. Bei der Beratung lag dazu keine Liste vor, im Nachtragshaushalt lassen sich einige der Posten ablesen. So werden manche Projekte vorerst auf Null heruntergefahren: Dazu zählen die Erweiterung der Oststadtschule oder die Überdachung des Pausenhofs bei der Grundschule Hoheneck (wir berichteten), dazu zählt auch die Sporthalle Ost, für die 300000 Euro eingeplant waren und in diesem Jahr auf Null gesetzt wurden. Auch bei der Umgestaltung des Sportparks im südöstlichen Teil wird gekürzt. Auf Null zurückgefahren wird das Kleinspielfeld Schlösslesfeld wie auch die Förderung der Weinberg-Steillagen. Auch im Mobilitätsbereich fallen etwa weitere Ladesäulen für E-Autos oder die geplante Verkehrsinfozentrale dem Rotstift zum Opfer.

Die größten Brocken werden bei Grundstücken (minus 2,5 Millionen Euro), bei der Mobilität (minus 1,68 Millionen), beim Innenstadtprojekt ZIEL (minus 1,05 Millionen) und beim Bildungszentrum West (minus 1,38 Millionen) eingespart. Teils auch, so der Kämmerer, weil die Posten wegen Verzögerungen, die in der Coronazeit entstanden sind, nicht benötigt werden. Dazu gehören etwa die Planungen für den Zentralen Busbahnhof, wo die Rate um 111000 Euro gekürzt wurde.

Dass die Investitionen komplett über Kredite finanziert werden, „muss eine Ausnahme bleiben“, so Grünen-Fraktionschef Michael Vierling, der vor allem wissen wollte, was es mit der 15-Millionen-Liste aus den Fachbereichen auf sich hat. Laut Kämmerei sind in diesem Betrag vier Millionen Euro enthalten, weil mehrere geplante Stellen nicht besetzt worden sind. Betroffen sind davon die Schulsozialarbeit, das Standesamt – „nicht umsonst beschweren sich Eltern, Schulen“, stellte Erster Bürgermeister Konrad Seigfried fest. In diesem „finanziellen Debakel“ heiße es, „den Kopf über Wasser zu halten“. Überall gebe es brachiale Einschnitte.

Die CDU kündigte schon mal an, die Vereine nächstes Jahr wieder stärker fördern zu wollen, so Fraktionschef Klaus Herrmann. Die Freien Wähler verweisen auf die Rücklagen. „Da stimmen die Zahlen nicht“, so der Eindruck von FW-Fraktionschef Reinhardt Weiss. Die Rücklagen schrumpfen weiter dahin, mit ihnen soll der laufende Haushalt ausgeglichen werden. „Für uns geht der Blick nach 2021“, stellte SPD-Stadtrat Daniel O’Sullivan fest, zumal es viele Unbekannte in der Rechnung gibt. Er erwartet, dass nächstes Jahr die große Krise erst kommen wird, weil dann keine Rettungsschirme mehr aufgespannt werden. Deshalb sei entscheidend, wie der nächste Haushalt aufgestellt wird.

„Es sind brachiale Einschnitte, wir müssen sehen, dass wir den Kopf über Wasser halten.“

Konrad Seigfried
Erster Bürgermeister