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pädagogische hochschule
Tele-Paten holen Kinder aus der Isolation

Ein Steckbrief eines Studenten, der gerne Telepate werden möchte.Foto: privat
Ein Steckbrief eines Studenten, der gerne Telepate werden möchte. Foto: privat
Nachhilfe, Spiele oder einfach mal reden: Die Pädagogische Hochschule hat mit dem Kinderschutzbund die Tele-Paten ins Leben gerufen. Dabei werden Studenten mit Kindern vernetzt, die derzeit mit ihren Familien zu Hause bleiben müssen – teils auf engstem Raum und der steigenden Gefahr häuslicher Gewalt ausgesetzt.

„Sie haben Zeit? Sie sitzen zu Hause und überlegen, wie Sie anderen helfen können?“ Erst am Montag hat Professorin Dr. Katrin Höhmann alle 5000 Studierenden der Pädagogischen Hochschule (PH) angeschrieben. Stand Mittwoch hatten sich schon knapp 290 in der Lernplattform Moodle informiert, über 80 erklärten sich bisher zur Übernahme einer Patenschaft bereit.

Viele Familien kommen derzeit an ihre Grenzen

Gestartet hat Professorin Höhmann mit Rektor Martin Fix das Projekt, weil Bedarf bestehe: „Die Idee kam schnell nach den Schulschließungen und den ersten Ausgangsbeschränkungen.“ Die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus könne manche Familie an den Rand ihrer Kräfte bringen. Kinder können nicht in die Kita oder in die Schule, hinzu kommen Homeoffice oder auch existenzielle Sorgen. Auf engstem Raum beieinander, keine Freizeitangebote und Ausweichräume für die Kinder – da ist Stress fast vorprogrammiert.

Bei einer Fortbildung zur Kindswohlgefährdung lernte sie ein Modell bei München kennen, „Balu und Du“, bei dem Studenten einen Nachmittag die Woche mit „ihrem“ Kind verbringen. Denn kommt es zu Gewalt, sind die Opfer – meist Kinder und Frauen – nun völlig isoliert. Laut der Bundesregierung hat häusliche Gewalt schon in der ersten Woche der Ausgangsbeschränkung deutlich zugenommen.

Im Vordergrund steht neben der Entlastung der Kinder auch die der Eltern: „Es gibt viele Familien, die Gutes wollen, aber den Stress schwer aushalten.“ Höhmann, Leitungsmitglied des PH-Instituts für Erziehungswissenschaft, ist Expertin für sexualisierte Gewalt und zudem im Vorstand des Kinderschutzbundes.

Kinderschutzbund ist Anlaufstelle für Vermittlung

Folgerichtig ist der Kinderschutzbund Teil des Projekts Tele-Paten. So hat der Kinderschutzbund Ludwigsburg mit der Vorsitzenden Christa Holtzhausen eine Hotline für Familien eingerichtet. „Alle, die das Gefühl haben, an ihre Grenzen zu kommen, können sich an die Sozialpädagoginnen des Kinderschutzbundes wenden.“ Die Tele-Paten sind ein weiterer Teil: Wenn sichtbar wird, dass es für das Kind in der Familie gut wäre, einen Paten zu haben, wird dieser vermittelt.

Plan ist es laut Höhmann, dass die Studenten-Paten eine Stunde täglich oder alle zwei Tage mit den Kindern telefonieren oder „via Internet lesen, lernen, lachen, spielen, albern und ernst sind“. Die Paarungen werden von ihr möglichst nach Vorlieben zusammengestellt. In dem Fall sei es ein großer Vorteil, dass der Smartphone-Anteil auch bei Grundschulkindern relativ hoch sei.

Genutzt werden sollen die Kontakte des Kinderschutzbunds, zusätzlich wird der Fachausschuss Schulsoziarbeit der Stadt mit ins Boot genommen. Eine weitere Adresse ist das Schulamt. Alle Familien sind eingeladen, sich an den Kinderschutzbund zu wenden und teilzunehmen.

Kinder in Gewalt-Familien, hat Höhmann die Erfahrung gemacht, „versuchen sich anzupassen“. Eltern bleiben Eltern, zudem fühlten sich viele Kinder schuldig. Deswegen sei Kontakt nach außen wichtig: „Sie brauchen jemand, der ihnen Mut macht.“ Es gehe darum, „Kinder zu stabilisieren: Das ist ein kleines Mosaiksteinchen, jemand zu haben, der anders ist.“