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1906 haben die Vierbeiner ihren ersten Einsatz
Tierische Unterstützung: Als Ludwigsburg anfing, mit Hunden auf Verbrecherjagd zu gehen

Heute sind Hunde als Begleiter für Polizisten Alltag. Archivfoto: dpa/ Mohssen Assanimoghaddam
Heute sind Hunde als Begleiter für Polizisten Alltag. Foto: dpa/ Mohssen Assanimoghaddam
Polizeihunde sind heute eine Selbstverständlichkeit. Das war Anfang des 20. Jahrhunderts noch ganz anders. Lange war die Polizei unsicher, ob Hunde wirklich sinnvoll eingesetzt werden können. Denn bei ihren Einsätzen kam es zu kuriosen Zwischenfällen.

Ludwigsburg. Anfang des 20. Jahrhunderts gab es nur in Stuttgart einen Polizeihund, der bei Bedarf von dort ausgeliehen werden musste. Er trug zwar den sinnvollen Namen „Sherlock“, aber seine Fähigkeiten deckten sich nicht gerade mit denen seines Namensvetters, des englischen Detektivs Sherlock Holmes. Ein Name allein macht es halt doch nicht, das beweist ein Artikel des Bietigheimer Enz- und Metterboten am 12. April 1911. Die dortige Polizei hatte wegen eines Geflügeldiebstahls den Stuttgarter Polizeihund Sherlock telefonisch angefordert. Die Ankunft des „berühmten“ Sherlock hatte sich schnell in der Stadt herumgesprochen und die ganze Gegend auf die Beine gebracht. Sherlock ließ sich durch die Menge nicht beirren und nahm eine Spur auf, der Hundeführer und zwei Landjäger keuchend hinterher. Doch auf einmal… Sherlock bekam Durst, und… hatte die Spur verloren.

Ein Rottweiler vom Hundehändler

Zurück ging es zum Tatort: Zum zweiten Mal wurde die Spur aufgenommen, und zum zweiten Mal nahte das Verhängnis, diesmal in Gestalt einer läufigen Hundedame…, den Rest kann man sich denken! Auf jeden Fall hatte die Bietigheimer Polizei absolut kein Interesse mehr an Sherlock.

Ob die Ludwigsburger Polizei ähnliche Erfahrungen gemacht hat? Auf jeden Fall, schon fünf Jahre früher, im Oktober 1906, stellte der damalige Polizeikommissar Pfeffer bei der Stadt Ludwigsburg den Antrag auf Anschaffung eines Polizeihundes mit der Begründung, nicht nur bestehe ein Bedarf, sondern man spare sehr bedeutend an Kosten, die durch die Berufung eines Hundes von Stuttgart anfallen.

Kurz zuvor wurde der Polizei von einem Hundehändler probeweise ein Rottweiler Rüde zur Verfügung gestellt, der sich als sehr gelehrig erwiesen hatte, und mit 80 Mark, fand man, war der Preis des Tieres sehr mäßig angesetzt. Ob Letzteres der Hauptgrund war, auf jeden Fall ließ sich der Gemeinderat überzeugen und beschloss, den Hund zu kaufen und die nötigen Utensilien anzuschaffen, und fürs Fressen „sei das Tier aus der Ratskellerküche zu beköstigen“.

Sechs Jahre später, im März 1912, kam die Hundefrage im Gemeinderat erneut zur Sprache, denn der alte Polizeihund musste, da er nichts mehr taugte, erschossen werden. Es kam aber zu keiner Einigung. Im Oktober 1913 erhielt die Polizei ein unerwartetes und preiswertes „Geschenk“. Ein Hund war aufgegriffen worden, für den sich kein Eigentümer meldete und der als für den Polizeidienst geeignet befunden wurde. Der Gemeinderat beschloss, „das Tier für Polizeizwecke zu verwenden und den bisher erwachsenen Aufwand für Fütterung, Maulkorb usw. auf die Stadt-Pflegekasse zu übernehmen“, berichtete unsere Zeitung damals. Im Kriegsjahr 1916 bemängelte der Gemeinderat in Bezug auf die Polizeihunde, dass die Fütterung einen Aufwand von 430 Mark verursache. Dazu seien die drei Hunde zum Verdruss der Schutzleute nicht folgsam und somit das Geld nicht wert, das man für sie ausgebe. Ein weiterer Missstand sei, dass die Tiere nicht nur einen Herrn hätten, sondern verschiede-nen Händen anvertraut werden.

Der immer noch tätige Polizeikommissar Pfeffer schätzte den Wert der Hunde auch nicht mehr so hoch ein wie früher, gab aber zu bedenken, dass die Tiere bei Nacht als Begleiter der Schutzleute, die in den meist dunklen Straßen der Stadt unterwegs sind, von Vorteil seien. Deshalb war er dafür, dass man die Hunde behält.

Erste Erfolge in den 1920er Jahren

Zehn Jahre später, im Juli 1926, hatte sich die Situation grundlegend geändert. Das Polizeiamt war mittlerweile im Besitz zweier Polizeihunde, die je von einem eigenen Beamten verpflegt und geführt wurden. Das jeweilige Gespann war in einem besonderen Kurs für Hundeführer beim Polizeipräsidium Stuttgart ausgebildet worden und das in unserer Zeitung abgedruckte gute Zeugnis lautete: „Beide Hunde haben beim Stellen und Verbellen von Personen, beim Einholen Fliehender, auch in dem Fall, wo der Flüchtende mehrere Schüsse gegen das verfolgende Tier abgab, glänzend gearbeitet und Hindernisse, wie zum Beispiel eine Bretterwand mit etwa zwei Meter Höhe ohne Schwierigkeiten genommen. Die Hunde sind zweifellos ein wertvolles Hilfsmittel in der Verfolgung von Gesetzübertretern und im Kampf gegen Verbrecher.“

Daraufhin wurden die geschulten Vierbeiner als Begleiter der Schutzleute bei Tag- und Nachtstreifen in den Straßen verwendet und verrichteten zur Zufriedenheit aller Beteiligten ihren Dienst.