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Bahnsteige
Weiterhin babylonischer Wirrwarr

Hoch das Bein: S-Bahn-Fahrgäste am Ludwigsburger Bahnhof müssen einen Höhenunterschied von 20 Zentimetern überwinden – für Menschen mit Handicap wird das zu einem Problem. Foto: Holm Wolschendorf
Hoch das Bein: S-Bahn-Fahrgäste am Ludwigsburger Bahnhof müssen einen Höhenunterschied von 20 Zentimetern überwinden – für Menschen mit Handicap wird das zu einem Problem. Foto: Holm Wolschendorf
Unterschiedliche Bahnsteighöhe ein Dauerthema – Noch keine Lösung in Sicht – Überlegt werden partielle Umbauten

Ludwigsburg. Alle wollen eigentlich barrierefreie Zugänge in die Züge – doch an den Bahnsteighöhen scheiden sich die Geister. Der Bund setzt auf 76 Zentimeter, die S-Bahn braucht 96 Zentimeter, das Land setzt wegen Stadtbahn und Doppelstockwagen auf 55 Zentimeter. Die unterschiedlichen Höhen sind eine Stolperfalle, ärgerlich für Personen mit Kinderwagen oder Fahrrädern, für Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte sogar ein richtiges Hindernis. Sie müssen in Ludwigsburg, wollen sie in die S-Bahn einsteigen, 20 Zentimeter nach oben. Bei einem Regionalzug geht’s vom Bahnsteig einen Schritt nach unten.

Schon seit Jahren wird darüber gestritten, wie man dem abhelfen kann. Soll der niedrige Bahnsteig für die S-Bahn erhöht werden? Soll der Fahrverkehr nach Gleisen getrennt werden? Bislang gibt es kein Ergebnis, auch ein Besuch des grünen Verkehrsministers Winfried Hermann vor drei Jahren in Ludwigsburg hat die Wende nicht gebracht. Stadträte und städtische Verkehrsplaner zerbrechen sich weiterhin die Köpfe, Anträge von den Linken (heute Ökolinx) und Lubu, die sich teils auch schon jähren, kamen vergangene Woche endlich auf die Tagesordnung im Bauausschuss. Auch eine Machbarkeitsstudie liegt inzwischen vor.

Gegen die „babylonische Verwirrung“, die laut Verkehrsplaner Sascha Behnsen bei Bahnsteighöhen herrscht, ist auch in Ludwigsburg kein Kraut gewachsen. Eine Aufteilung der Bahngleise jeweils auf die Regionalzüge, die 76 Zentimeter benötigen, und auf die S-Bahnen, die 96 Zentimeter brauchen und wofür der Bahnsteig erhöht werden könnte, sei nicht sinnvoll. Aufgrund des dichten Takts müssten die Gleise flexibel genutzt werden können. Der Verkehr Richtung Stuttgart nehme zu, nicht zu vergessen eine reaktivierte Markgröninger Bahn, die ebenfalls die niedrigere Variante bräuchte. Die Gleise 2 und 3 nur für die S-Bahn zu verwenden, falle damit unter den Tisch.

Eine Erhöhung der Bahnsteige wird ebenso kritisch gesehen. Die Stadt hat ein Ingenieurbüro mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt. Der Trend gehe in Richtung 76 Zentimeter, inzwischen gebe es S-Bahnen – etwa die Bahn Rhein-Neckar –, die mit dieser Höhe zurechtkomme. Der Verband Region Stuttgart, zuständig für die S-Bahn, bleibt jedoch bei seinen 96 Zentimetern. Fachkreise, so Behnsen, sprechen inzwischen bei möglichen Investitionen von „Weitsicht und Augenmaß“, zumal auch die Finanzierung von Umbaumaßnahmen nicht klar geregelt sei. In Ludwigsburg schätzt man die Kosten auf zehn Millionen Euro, so Behnsen. Die Verwaltung empfiehlt daher, am Bahnhof von einem Umbau der Bahngleise abzusehen.

Ein Vorschlag ist nun, teilweise eine Rampe anzubieten. Beispiele dafür gibt es laut Behnsen etwa in Wernau. Verkehrsplaner sprechen dabei von „partiellen Aufhöhungen“. Allerdings ist das auch nicht neu. Die Stadt will dies nun mit der Deutschen Bahn besprechen, auch im Zusammenhang mit dem in Ludwigsburg geplanten Umbau des Busbahnhofs, der geplanten neuen Unterführung unter den Gleisen hindurch und dem neuen Fahrradparkhaus. Voraussetzung für die Rampen auf den Bahnsteigen wären feste Haltepunkte für die Züge – so dass von vornherein feststeht, wo die Einstiegshilfe platziert werden muss. An Markierungen am Bahnsteig könnten sich dann die Fahrgäste orientieren.

Elga Burkhart (Lubu) verweist auf die rund 40 000 Fahrgäste am Tag und gibt sich mit den Absichtserklärungen nicht zufrieden. Sie verlangt wenigstens für das S-Bahn-Gleis einen behindertengerechten Einstieg. Sie empfiehlt eine nochmalige Prüfung, weil nur wenig Regionalzüge dort halten würden.

Gegen ihre Stimme ist der Ausschuss jedoch zufrieden mit dem Vorgehen. „Es müssen die Haltepunkte festgelegt und dort Rampen angelegt werden“, so Andreas Rothacker (Freie Wähler). Er verwies auf die Reaktivierung der Markgröninger Strecke, auf die man auch Rücksicht nehmen müsse. Für die von der Verwaltung vorgeschlagenen Haltepunkte sprach sich auch Grünen-Stadträtin Christine Knoß aus. „Ich hoffe, dass ich das noch erleben werde“, bemerkte sie angesichts der nicht einfachen Situation mit den unterschiedlichen Bahnsteighöhen.

„Es gibt verschiedene Bahnbetreiber, und jeder fährt sein eigenes System“, fasste Dieter Juranek (SPD) die schwierige Situation zusammen. Er vermutet, dass angesichts der Standpunkte bei Bund, Land und Regionalverband, die jeweils andere Strategien verfolgen, „uns das Thema noch Jahrzehnte beschäftigen wird“.