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Porträt
„Wo Awo draufsteht, soll Awo drin sein“

Für das Foto wählt Rudi Schrödel seinen Lieblingsplatz bei der Awo: den Teich im Garten in der Talstraße. Foto: Ramona Theiss
Für das Foto wählt Rudi Schrödel seinen Lieblingsplatz bei der Awo: den Teich im Garten in der Talstraße. Foto: Ramona Theiss
Spiel ohne Verlängerung: Mehr als 30Jahre hat Rudi Schrödel als Geschäftsführer bei der Awo Ludwigsburg die Aufgaben eines Trainers übernommen und geschaut, dass jeder Mitarbeiter auf der richtigen Position spielt. Nun verabschiedet er sich in den Ruhestand und schaut sich die Spiele künftig vom Zuschauerrang an.

Ludwigsburg. Den Fußballbezug für seinen Abschied bei der Awo Ludwigsburg hat Rudi Schrödel nicht zufällig gewählt. „Ich habe meine Urlaubsplanung schon immer nach dem VfB-Kalender gerichtet“, sagt der leidenschaftliche Fußball-Fan. Wenn die Stuttgarter kicken, sitzt er am liebsten im Stadion. Dass seine Abschiedsveranstaltung, die wegen der Coronapandemie nur online stattfinden kann, Fußballbezug hat, passe auch zu seinem Führungsstil, sagt der 63-Jährige. „Ich habe immer geschaut, wer auf welcher Position das beste Ergebnis für die Awo bringen kann“, fasst er zusammen. Dass er mit dieser Vorgehensweise richtig liegt, zeige die Zufriedenheit der rund 300 Awo-Mitarbeiter. Diese beschreiben seinen Führungsstil laut Schrödel als patriarchisch. „Das ist eine Auszeichnung für mich“, sagt er. Schließlich bedeute das, dass er darauf achte, dass es dem Unternehmen und den Mitarbeitern gut geht.

Seit 25 Jahren arbeitet er mit dem aktuellen Vorstand zusammen

Der 63-Jährige ist seit 1990 Geschäftsführer bei der Awo. Zuvor war der gelernte Sozialpädagoge beim Jugendamt im allgemeinen sozialen Dienst. „Dort habe ich ein breites Feld der sozialen Arbeit kennengelernt.“ Als er für die Awo angefragt wurde, habe er sofort zugesagt. Ein Vorteil bei der Arbeit für die Awo: die kurzen Entscheidungswege. „Wenn ich etwas im Namen der Awo zusage, muss ich nicht durch 100Gremien.“ Außerdem schätzt Schrödel die Zusammenarbeit mit dem Vorstand. Seit mehr als 25Jahren arbeite er im Ortsverband Ludwigsburg mit den Vorsitzenden Helmut Wallmersperger und Margit Liepins zusammen. „Es ist gut, wenn es so viel persönliche Kontinuität gibt“, sagt Rudi Schrödel.

Er sei kein Schreibtischmensch, beschreibt sich der 63-Jährige selbst. Rudi Schrödel ist viel im Haus unterwegs, bei Sitzungen und in Kontakt mit den Mitarbeitern. „Mir ist es wichtig, dass ich nicht einfach hier oben unterm Dach sitze und unten gearbeitet wird“, sagt er. Und auch bei der jährlichen Glühweinaktion der LKZ fasst Schrödel tatkräftig mit an. Die Aufgabe der Awo bei der Aktion ist es schon immer, Brote zu schmieren. An so manche Geschichte erinnert sich Rudi Schrödel noch gut: Etwa einmal, als das Schmalz komplett gefroren geliefert wurde. „Dementsprechend lang hat es gedauert, bis die Brote geschmiert waren“, erzählt er.

Wenn er auf die Zeit bei der Awo zurückblickt, sind es vor allem die Momente mit Menschen, die ihm besonders in Erinnerung geblieben sind. „Wenn man Menschen schnell und unbürokratisch helfen kann und diese Hilfe dann funktioniert, das fühlt sich natürlich toll an.“ Sowieso: Die Menschen sind für Rudi Schrödel das Wichtigste, der Kontakt zu ihnen das Schönste. Er legt wert darauf, die Namen aller Mitarbeiter zu kennen und diese persönlich anzusprechen. Die Werte der Awo sollen nicht nur leere Hülsen sein, sondern auch nach innen getragen werden. „Mir ist wichtig: Da wo Awo draufsteht, soll auch Awo drin sein. Reden und handeln sollten schon übereinstimmen“, sagt Schrödel.

Für die Zeit als Rentner ist noch kaum etwas geplant

Am 21.Mai ist sein letzter Arbeitstag. Für die Zeit danach hat Rudi Schrödel noch nichts geplant. Er möchte vor allem genießen, keine Verantwortung mehr zu haben, nicht mehr der Agierende zu sein. Zuerst einmal ist ein längerer Urlaub geplant: mit dem Wohnmobil geht es nach Schweden. Verplanen lassen möchte sich der 63-Jährige nicht. Er könne sich aber vorstellen, irgendwann zum Vorlesen in die Kitas zu kommen.

„Es wird anders, ohne den Griff zum Handy abends“, vermutet er. Fehlen werden ihm die Menschen, mit denen er zum Teil jahrelang zusammengearbeitet hat. Aber er freut sich darauf, sich nicht mehr über alles den Kopf zerbrechen zu müssen. Wenn bisher eine Mitarbeiterin zu ihm kam mit der Nachricht, sie sei schwanger, war sein erster Gedanke: Wie kann ich sie jetzt ersetzen? „Dass ich mich nicht einfach mitfreuen kann, das belastet.“ Jetzt wird sich das ändern. Wenn er künftig von einer Schwangerschaft erfährt, könne er – „Wie es sich gehört“ – die werdenden Eltern beglückwünschen.

Dass der Abpfiff seines mehr als 30 Jahre andauernden Spiels nur online stattfinden kann, sei schade. „Es schmerzt, dass ich mich von langjährigen Weggefährten nicht richtig verabschieden kann“, sagt Rudi Schrödel. Doch nun gilt es, das Beste daraus zu machen. Schließlich stehen der Abschied und die beginnende Rente schon lange fest, noch bevor Corona überhaupt ein Thema war. Und er sei trotz allem noch sehr privilegiert, sagt der 63-Jährige. „Wenn der digitale Abschied mein persönliches Corona-Opfer ist, ist das im Verhältnis zum Leid Betroffener doch mehr eine Randnotiz.“