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Innenstadt
Wohin die Schilder uns weisen

Die Stadt will das jetzige Leitsystem für Fußgänger erneuern. Noch ist keine Entscheidung gefallen. Fotos: Andreas Essig
Die Stadt will das jetzige Leitsystem für Fußgänger erneuern. Noch ist keine Entscheidung gefallen. Foto: Andreas Essig
Stadt denkt über ein neues Fußgängerleitsystem nach – Drei Angebote werden eingeholt – Bisheriges hat 25 Jahre gehalten

Die Fußgänger haben einst ihr Leitsystem bekommen, noch bevor es etwas für die Parkhäuser gab. Von der Stange war das nicht: Eigens für die Barockstadt sind die Hinweisschilder entworfen worden, die Stadt freute sich bei der Einweihung über den gelungenen „Beitrag zur attraktiveren Erschließung der City“, wie unsere Zeitung damals berichtete. 25 Jahre ist das inzwischen her, die Stadtverwaltung denkt nun darüber nach, beim Fußgängerleitsystem wieder neue Wege gehen.

Dafür hat sie vorab ein Konzept erstellen lassen. Als Grund gab sie an, das bestehende System sei nicht mehr zeitgemäß, es fehlten Entfernungsangaben, es gebe keine übergeordnete Wegeführung mit Plänen, die den Fußgänger leiten, es fehlten Piktogramme und seien schlecht lesbar. So die Darstellung der Stadt, die im vergangenen Herbst bereits einen Förderantrag dafür formulieren wollte.

Die Stadträte im Bauausschuss bremsten erst einmal. Sie verlangen, dass die Stadt Angebote von drei verschiedenen Büros einholt. Unter diesen soll auch jenes sein, das Urheber des bestehenden Leitsystems ist. Das ist das Büro des Neckarweihinger Grafikers Wolfgang Kern, der sich wundert, wie sein einst vielgepriesenes Konzept inzwischen bewertet wird.

„Die Möglichkeiten des Systems wurden nie richtig ausgeschöpft“, sagte er im Gespräch mit unserer Zeitung. Übersichtstafeln, Piktogramme – all das sei möglich, aber nie angefordert worden. Dass manche Beschriftungen falsch oder gar irreführend seien, wie vorgehalten wird, lastet er der Stadt an. „Für die Betreuung ist allein die Stadt zuständig.“

Er sei bereit, das System weiterzuentwickeln. Er hält es weiterhin für tauglich. Es wäre ein Leichtes, sagt er, Besucher über dieses auf eine Schlössertour oder Neckartour zu schicken. Den von der Stadt beklagten Schilderwald hätte allein diese zu verantworten. Er habe gerade wegen der barocken Vielfalt in der Stadt ein einfaches System gewählt, schlicht und zurückhaltend. Als seine Erfindung gilt der „Pfeil im Pfeil“ – die ausgefrästen Pfeile lassen Licht durch, sind filigran. „Ein Spiel mit dem Licht, wie im Barock“, findet Kern. Ludwigsburg sollte seiner Meinung nach nicht auf quadratische Tafeln setzen, die ihn an Industriegebiete erinnern.

Auf solche Tafeln mit Stadtplänen setzt das Büro, das die Stadt vorab angefragt hat, aber auch auf die traditionellen Masten mit Hinweisschildern. Die Stadt hatte das Konzept im Juni vergangenen Jahres als passend für Ludwigsburg vorgestellt.

Mit Kern als Urheber des bestehenden Systems hat sich die Verwaltung später zusammengesetzt. Im Gespräch mit Baubürgermeister Michael Ilk seien die Möglichkeiten ausgelotet worden, sein System weiterzuentwickeln, teilt die Stadt auf Nachfrage unserer Zeitung mit. Im Ergebnis kam die Verwaltung jedoch zu dem Schluss, wie es heißt, dass „eine neue Konzeption geeigneter ist als die Überarbeitung des bestehenden Systems“. Das von Kern entwickelte Leitsystem habe 25 Jahre lang hervorragende Dienste geleistet, allerdings habe sich „die optische Wahrnehmbarkeit der Schilder verschlechtert“, wird in einer schriftlichen Stellungnahme ausgeführt. „Die schlechte Lesbarkeit, die geänderten Anforderungen an Wege und Leitsysteme und die Notwendigkeit, die Wegweisung an das Corporate Design der Stadt anzupassen, sprechen nach Meinung der Stadt für eine Neuentwicklung.“

Nach der Intervention des Bauausschusses sollen nun die drei Angebote – dazu zählt auch das von Kern – abgewartet werden. Dieses Jahr soll die Entscheidung fallen, so der Plan. Im kommenden September möchte die Stadtverwaltung dann den Förderantrag für ein neues Fußgängerleitsystem stellen.

Bei den Haushaltsberatungen im Dezember zeigte sich allerdings, dass die Kuh nicht vom Eis ist. Die Grünen verlangten, die Kosten dafür zu reduzieren, weil das Vorhaben nicht dringlich sei. Die CDU unterstützte das: „Das ist Kür, keine Pflicht“, so Reinhold Noz. Auch die Freien Wähler zweifelten, ob es dieses Jahr gebraucht wird. Andreas Rothacker (FW) verlangte dabei, dass, sollte ein neues Leitsystem kommen, die Stadt die Rechte übertragen bekommt. Allein die SPD mahnte: „Wir brauchen dringend eine Verbesserung“, so Margit Liepins. Die Debatte soll nun im Bauausschuss weitergeführt werden.

Dort ist das Thema schon mehrfach angemahnt worden, wobei es überhaupt um Verbesserungen für Fußgänger in der Stadt geht. Dazu zählt die geplante bessere Wegführung, um auch Fußgängern den Weg durch die Stadt zu erleichtern. Es geht aber darüber hinaus um Barrierefreiheit, um die Zugänglichkeit von öffentlichen Einrichtungen, um mehr Sicherheit auch gegenüber dem fließenden Verkehr, seien es Autos oder Radfahrer. Mehrfach hat die Vertreterin der Lubu, Elga Burkhardt, solche Verbesserungen eingefordert.

In einem Fußverkehrscheck – einem Landesprojekt, an dem die Stadt Ludwigsburg vor gut zwei Jahren teilgenommen und Bürger zum Mitmachen eingeladen hat – sind mehrere Kritikpunkte offengelegt worden. Manche Bereiche sind, wie am Bahnhofsvorplatz, chaotisch, an anderen Stellen sind die Gehwege viel zu schmal. Bei Ampelschaltungen werden – so ein Beispiel am Schillerplatz – nur die Autos berücksichtigt, nicht aber die Fußgänger. Lob gab es beim Check für Sitzgelegenheiten, etwa am Marktplatz. Besondere Maßnahmen wurden danach nicht ergriffen. Die Ergebnisse des Checks fließen in die allgemeine Stadtplanung mit ein, hieß es stets.

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„Die Möglichkeiten des Systems wurden nie ausgeschöpft.“

Wolfgang Kern
Grafikdesign