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Fastenzeit
Hausaufgaben machen für Allah

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Spannende Interviews über fastende Christen und Muslime: Die Klasse 4a der Friedensschule mit Hayrettin Dogan und Mücahit Kilbas von der Islamischen Gemeinschaft Ludwigsburg, Jutta Friedmann von St. Johann, Emine Cetinkaya und Kübranur Aktürk (hinten, von rechts).Foto: Klasse 4a
Muslime essen und trinken während des Ramadan tagsüber nichts – Auch Christen leben manchmal „sieben Wochen ohne“

Ludwigsburg. Wer verzichtet schon freiwillig über einen Monat lang auf Süßigkeiten und das nicht, weil man abnehmen will? Viel mehr Menschen, als man denkt. Wir, die Klasse 4a, beschäftigten uns mit dem Thema Fasten im Christentum und im Islam und suchten nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden. Viele Menschen essen oder trinken eine Zeit lang nichts, um Gott näher zu sein oder einfach um nach dem Fasten manche Dinge bewusster zu erleben oder zu genießen. Auch viele Menschen, die wenig oder nichts mit der Kirche zu tun haben, verzichten eine Zeit lang freiwillig auf eine liebgewordene Gewohnheit. Dabei werden sie sich bewusst, wie gut es ihnen meistens geht und worauf viele andere Menschen ein Leben lang verzichten müssen.

Warum fasten die Moslems im Fastenmonat Ramadan? Das haben wir Hayrettin Dogan von der Islamischen Gemeinschaft Ludwigsburg (IGL) gefragt. Er erklärte uns: „Fasten heißt auf Arabisch ,saum‘ und das bedeutet fernbleiben. Das Fasten hält die Gläubigen fern von Essen, Trinken, vom Lästern und vom Lügen.“ Mücahit Kilbas, auch ein Mitglied der IGL, fügt hinzu: „Fasten ist ein Gebot von Allah und Allahs Gebote müssen die Menschen erfüllen.“ Wenn man Allah liebe, erfülle man gerne seine Gebote. „Man hält den ganzen Tag durch, isst und trinkt nichts und wartet, bis die Sonne untergeht. Dann darfst du endlich was trinken und essen, dann hast du deine Hausaufgaben Allah gegenüber erfüllt und fühlst dich glücklich.“

Aber ein Moslem faste nicht nur beim Essen und Trinken, sagt Kilbas, sondern auch mit den Augen, der Zunge und den Händen. Im Ramadan soll der Mensch also seinen ganzen Körper und seine Seele reinigen. Im Islam habe das Paradies mehrere Stufen, man betrete eine neue Stufe durch eine Türe. Durch die Türe Rayyan werden nur fastende Menschen reingehen, heißt es.

Emine Cetinkaya, eine junge Studentin und Jugendvertreterin der IGL, erzählt, dass Fasten vor allem in den ersten zwei bis drei Tagen anstrengend ist, bis man sich wieder daran gewöhnt hat. „Aber nach den ersten Tagen ist man erstaunt, wie viel mehr Zeit man hat, wenn man tagsüber nicht mit Essen und dem Denken an das Essen beschäftigt ist.“ Kübranur Aktürk ergänzt: „Nach einiger Zeit merkt man gar nicht mehr, dass man fastet, und wenn alle mitmachen, ist es auch etwas Schönes.“

Jakob Rieger, 17-jähriger Schüler aus Asperg, berichtet, dass er während der christlichen Fastenzeit vor Ostern auf Süßigkeiten verzichtete. „Ich wollte ausprobieren, ob ich das schaffe. Es war eine Herausforderung, das durchzuhalten. Aber nach der Fastenzeit haben mir Süßigkeiten viel besser geschmeckt.“ Claudia Englert vom CVJM Ludwigsburg meint: „Mit dem Fasten ist es wie mit dem Beten. Niemand schreibt es mir vor, aber ich mache es und merke, es tut mir gut. Auch das Fasten bei uns Evangelischen ist freiwillig, also keine Vorschrift.“ In der evangelischen Kirche gibt es in der Zeit vor Ostern die Aktion „Sieben Wochen ohne“. Sie fand dieses Jahr zum 31. Mal statt. Über drei Millionen Menschen verzichteten in dieser Zeit nicht nur auf Schokolade oder Fernsehen, sondern „Fasten auch im Kopf“. Dieses Jahr war das Motto „Du bist schön, sieben Wochen ohne Runtermachen“. Ähnlich wie in der Vorweihnachtszeit den Adventskalender gibt es in der Passionszeit den Fastenkalender mit einer Geschichte oder einem Text zum Nachdenken.

Jutta Friedmann, Gemeindereferentin in St. Johann, erzählt uns, dass es heute in der katholischen Kirche keine so strengen Regeln mehr gebe. Jeder könne für sich entscheiden, wie er die Fastenzeit verbringe und ob oder wie er auch sonst im Jahr fasten möchte. „Noch heute gibt es in manchen Familien jeden Freitag im Jahr kein Fleisch, sondern eine Süßspeise wie Pfannenkuchen oder Dampfnudeln.“ Klasse 4a