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Weitere Abschlüsse angestrebt
«Historisch»: Einigung auf Ryanair-Tarifvertrag in Italien

Viele Ryanair-Fluggäste waren zuletzt genervt von Streiks: In den Ferien blieben in mehreren Ländern Maschinen der irischen Airline am Boden. In Italien wird jetzt eine historische Einigung gefeiert. Aber es wird auch Kritik laut.

Rom (dpa) - Europas größter Billigflieger Ryanair hat im Tarifstreit mit einer Pilotengewerkschaft in Italien eine Einigung erzielt. Die mehr als 300 in der ANPAC organisierten Piloten hätten mit großer Mehrheit dem Vertrag zugestimmt, erklärte die Gewerkschaft.

Sie sprach von einem «historischen Ereignis», es handele sich um den «ersten Tarifvertrag für das Flugpersonal von Ryanair, der in Europa unterzeichnet wurde». Italien gehört zu den größten europäischen Märkten der irischen Fluggesellschaft.

Ryanair erklärte, man hoffe, dass es bald zu einem ähnlichen Abschluss mit den irischen Piloten kommen werde. Die Zustimmung der Piloten in Italien über den Vertrag, den Ryanair und ANPAC bereits Anfang des Monats ausgehandelt hatten, kommt wenige Tage nach der Beilegung des Tarifstreits mit irischen Piloten.

Dort fanden die Gewerkschaft Forsa und die Airline im Streit um Arbeitsbedingungen einen Kompromiss, der aber noch abgesegnet werden muss. In Irland hatte das zu fünf Streiktagen geführt; 100 der rund 350 in dem Land stationierten Ryanair-Piloten beteiligten sich.

Der in Italien ausgehandelte Vertrag sichere die Piloten besser ab und gewährleiste eine bessere Bezahlung, erklärte die Gewerkschaft. Nach achtmonatigen Verhandlungen sei das Ergebnis eine «große Genugtuung». ANPAC will mit anderen italienischen Gewerkschaften auch einen Tarifvertrag für die Flugbegleiter in Italien erreichen.

Die Gewerkschaft Uiltrasporti und der Gewerkschaftsbund CGIL äußerten Kritik: Man sei weit entfernt von einem Tarifvertrag, erklärten sie laut Nachrichtenagentur Ansa, forderten neue Verhandlungen und kündigten an, zu einem neuen Streik aufrufen zu wollen.

«Ryanair und andere Billigflieger haben in den letzten Jahrzehnten die Beschäftigungsverhältnisse der Luftfahrtbranche in schwere Turbulenzen gestürzt, die sich nicht kurzfristig auflösen lassen», erklärte der Verkehrspolitiker der Linken-Fraktion im Bundestag, Jörg Cezanne. «Der erste Tarifabschluss ist ein erster großer Schritt, dem jedoch noch viele weitere Folgen müssen.»

Anders als in Italien gibt es in Deutschland noch keine Einigung. Mitte August hatte der Streit der Airline den größten Pilotenstreik in ihrer Geschichte beschert. Etwa 55.000 Passagiere waren von dem 24-stündigen Ausstand betroffen. Ryanair erklärte, die Gewerkschaften in Großbritannien, Deutschland und Spanien zu Verhandlungen in den kommenden Tagen eingeladen zu haben.

Die deutsche Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) verlangt unter anderem höhere garantierte Gehälter. Ryanair will keine Vereinbarungen treffen, die sein Niedrigkostenkonzept in Frage stellen würden. Das Unternehmen verweist auf relativ hohe Endgehälter seiner Kapitäne und Copiloten, die über dem Niveau der Billig-Airlines Eurowings oder Norwegian lägen.

Neben den Piloten verlangen auch Flugbegleiter von Ryanair in Deutschland eine bessere Bezahlung. Dazu verhandelt die Gewerkschaft Verdi mit dem Billigflieger. Verdi will substanzielle Entgeltsteigerungen für die rund 1000 Flugbegleiter erreichen, die in Deutschland stationiert sind. Die Gewerkschaft will auch gegen Befristungen, Leiharbeit und kurzfristige Versetzungen angehen. Mit dem Unternehmen verhandelt parallel auch die Gewerkschaft Ufo (Unabhängige Flugbegleiter-Organisation).