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Dichtes Europanetz
Lufthansa wirft ein Auge auf den Billigflieger Norwegian

Im europäischen Luftverkehr steht die nächste große Airline zur Übernahme bereit. Lufthansa will das Feld nicht kampflos der Konkurrenz überlassen und zeigt Interesse an der Norwegian.

München/Frankfurt (dpa) - Der Lufthansa-Konzern hat öffentlich ein Auge auf den angeschlagenen Billigflieger Norwegian geworfen.

Die norwegische Fluggesellschaft mit mehr als 140 Jets ist nach starkem Wachstum in finanzielle Schieflage geraten und gilt wegen ihrer günstigen Kostenstruktur nun auch der Lufthansa als mögliches Übernahmeziel. Zuvor hatte bereits der Konkurrent IAG zwei Angebote gemacht, die aber von den Norwegern abgelehnt worden sind.

«Es steht eine weitere Konsolidierungswelle an. Das heißt, dass wir auch mit Norwegian in Kontakt stehen», sagte Lufthansa-Chef Carsten Spohr der «Süddeutschen Zeitung» (Montag). Ob dann eine Übernahme stattfinde, sei «eine Frage des strategischen Mehrwertes, des Preises und der wettbewerbsrechtlichen Möglichkeiten.»

Norwegian gilt als Vorreiter für Billigflüge auf der Langstrecke, und unterhält gleichzeitig ein dichtes Europanetz mit Boeing-Maschinen, die eigentlich nicht zur Lufthansa-Flotte passen. «Norwegian hat durchaus erfolgreiche Verbindungen in Märkten aufgebaut, in denen sich andere schwertun. Gemeinsam mit Easyjet als Zubringer haben sie Lowcost-Langstrecken aufgebaut, die auch für Geschäftsleute interessant sind», erläuterte Gerd Pontius von der Airline-Beratungsgesellschaft Prologis.

Zuletzt hatte Norwegian zwei Übernahmeangebote der British-Airways-Mutter International Airlines Group (IAG) abgelehnt, die ihren Heimatmarkt schützen will. Die Gebote hätten Norwegian und die Perspektiven der Airline zu niedrig bewertet, hatten die Norweger Anfang Mai mitgeteilt. Der Lufthansa-Konkurrent IAG hatte bereits im April eine Beteiligung von mehr als vier Prozent an der norwegischen Airline aufgebaut. Mehrfach hatten Norwegian-Manager zudem Europas größten Billigflieger Ryanair als möglichen Interessenten ins Spiel gebracht, was die Iren aber dementiert haben.

Letztlich verfolgt die Lufthansa-Tochter Eurowings mit einem Mix aus Kurz- und Langstrecke ein ähnliches Geschäftsmodell wie die Norweger, nur zu deutlich höheren Kosten. Spohr kündigte an, das Langstreckenangebot der eigenen Tochter deutlich auszuweiten. Er habe «noch viel Fantasie für die Zukunft», sagte er der «Süddeutschen».

Pontius zeigte sich skeptisch, was eine Übernahme der Norwegian durch die Lufthansa angeht. «Die Integration eines so großen Flugbetriebs mit einer völlig anderen Unternehmenskultur wäre schon sehr schwierig. Man sieht ja derzeit, welche Schmerzen das schnelle Wachstum der Eurowings und die Integration von Brussels Airlines bereitet.»

«Spohr hat im Moment bei der Eurowings genug Baustellen», sagte auch Airborne-Berater Gerald Wissel. Die Norwegian sei nur in ihrer ursprünglichen Form ohne die komplexe Langstrecke interessant. «Auch den Norwegern ist der Beweis nicht gelungen, dass das Lowcost-Prinzip auf der Langstrecke funktioniert.»

Für den Experten Pontius bleibt die Gesellschaft dennoch ein vergleichsweise attraktives Übernahmeziel: «Natürlich hat sich die Norwegian an vielen Stellen verhoben. Sie ist aber im Gegensatz zu anderen Übernahmekandidaten wie der Alitalia noch im hohen Maße flexibel und gestaltbar.»

Flotte Norwegian