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Dünger, Pestizide, Lebensräume
Umwelt-Amt kritisiert Landwirtschaft

Pestizide
Ein Landwirt fährt mit einer Pestizid- und Düngerspritze über ein Feld. Die deutsche Landwirtschaft kommt beim Umwelt- und Naturschutz nach Einschätzung des Umweltbundesamtes zu langsam voran. Foto: Patrick Pleul
Es muss nicht immer bio sein: Auch konventionelle Landwirtschaft kann mit der Umwelt schonend umgehen. Nach Einschätzung der Umweltbehörde passiert das aber noch zu selten. Die Folgen sind dramatisch.

Berlin (dpa) - Die deutsche Landwirtschaft kommt beim Umwelt- und Naturschutz nach Einschätzung des Umweltbundesamtes (UBA) zu langsam voran.

Beim Einsatz von Pestiziden und der Zerstörung bestimmter Lebensräume gibt es aus Umweltsicht sogar Rückschritte, wie die Datensammlung «Umwelt und Landwirtschaft» der Behörde zeigt. Der Bericht liegt der Deutschen Presse-Agentur vor. Problematisch sei vor allem die Konzentration auf wenige Fruchtarten, der hohe Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln auf dem Feld und von Arzneimitteln im Stall.

Demnach ist der Absatz von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland zwischen 1994 und 2015 von knapp 30 000 Tonnen auf über 40 000 Tonnen gestiegen. Ein gutes Drittel davon (34 Prozent) sind Unkrautgifte, darunter auch Glyphosat. «Zahlreiche Studien belegen, dass das Insektensterben im Zusammenhang mit Pflanzenschutzmitteln steht. Selbst im Grundwasser werden regelmäßig Rückstände von Pflanzenschutzmitteln nachgewiesen», heißt es beim UBA.

Zugleich sinkt der Anteil der Flächen mit hohem sogenannten Naturwert, etwa artenreiches Grünland, Brachflächen oder Streuobstwiesen. Demnach lag er im Jahr 2009 noch bei 13,1 Prozent, 2015 waren es noch 11,4 Prozent. Die Stickstoff-Einträge der Landwirtschaft etwa aus Gülle, die unter anderem Grundwasser, Flüsse und Seen belasten, gehen zwar zurück - von 118 Kilogramm pro Hektar 1993 auf noch 97 Kilogramm im Jahr 2013. Der Trend hat sich nach UBA-Angaben aber in den vergangenen zehn Jahren deutlich verlangsamt. Das Ziel von 70 Kilogramm sei noch in weiter Ferne.

Als Konsequenz fordert UBA-Präsidentin Maria Krautzberger, die EU-Agrarpolitik stärker an Umweltkriterien auszurichten. Es dürften nicht mehr die größten Betriebe das meiste Geld bekommen, sondern diejenigen, die etwa durch gezieltes Düngen oder Schutzräume für Insekten die Natur schonten. «Mehr Ökologie darf kein Nischenthema sein», forderte Krautzberger. «Wir brauchen mehr Umweltschutz auch in den konventionell arbeitenden Betrieben.»

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat bereits die Eckpunkte eines «Aktionsprogramms Insektenschutz» vorgestellt und dafür Lob von Umweltschützern erhalten. Es soll demnächst vom Bundeskabinett verabschiedet werden.

Wie die Funke Mediengruppe (Dienstag) unter Berufung auf einen Bericht des Bundesamts für Naturschutz berichtete, gelten von den bislang in den Roten Listen bewerteten 8000 Insektenarten in Deutschland 42 Prozent als bestandsgefährdet, extrem selten, bereits ausgestorben oder verschollen. Hauptursache sei der Verlust von Lebensräumen, aber auch Pflanzengifte sowie Schadstoffe in Böden und Wasser.

«Dieser Artenschwund findet nicht in fernen Ländern statt, sondern direkt vor unserer Haustür», sagte Schulze den Funke-Zeitungen. «Wir brauchen eine andere Pflanzenschutzpolitik, besseres Monitoring der Insektenbestände und mehr landwirtschaftliche Flächen, auf denen Insekten leben können.»