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Energiehelden
„Wir sind die Macher von morgen“

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Die Ludwigsburger Lehramtsstudentin Patricia Mohr ist beim Energiehelden-Wettbewerb der Stadt dabei. Kürzlich hat die 24-Jährige an der UN-Weltklimakonferenz in Bonn teilgenommen. Zuvor hat sie sich mit weiteren jungen Deutschen auf den Fidschi-Inseln selbst ein Bild von den Folgen des Klimawandels gemacht.

Ludwigsburg. Wie kam es dazu, dass Sie an der Weltklimakonferenz teilgenommen haben?

Patricia Mohr: Ich setze mich schon lange an der Uni und im Jugendbeirat Baden-Württemberg für Nachhaltigkeit und Umweltschutz ein. Ganz nach dem Motto: Nachhaltigkeit ist nicht alles, aber ohne Nachhaltigkeit ist alles bald nichts. Im Zuge meines Engagements bekam ich die Chance, an einem deutsch-fidschianischen Jugendaustausch teilzunehmen. Mit 15 Jugendlichen war ich im Oktober auf den Fidschi-Inseln. Wir machten uns vor Ort ein Bild über die Auswirkungen des Klimawandels. Dann fand der Gegenbesuch statt: 15 junge fidschianische Klimaaktivisten waren in Bonn und wir besuchten gemeinsam die Weltklimakonferenz.

Sie sind also im Zuge eines Nachhaltigkeitsprojektes auf die Fidschi-Inseln geflogen. Ist das nicht widersprüchlich?

Die Fidschi-Inseln haben die diesjährige Präsidentschaft der UN-Klimakonferenz inne. Aber der Inselstaat zu klein, um die 25 000 Teilnehmer aufzunehmen. Daher sprang Bonn als Austragungsort ein. Ich habe lange mit mir gehadert, den Flug ans gefühlt andere Ende der Welt, der ja eine verheerende CO-Bilanz hat, zu machen. Aber die Organisatoren konnten mich vom Mehrwert überzeugen und meinten: „Wenn du nicht mitkommst, dann jemand anderes, aber du wärst uns schon lieber!“ Und so habe ich mich entschieden, diesen Flug anzutreten, mir aber auch versprochen, dass es vorerst der Letzte sein soll. Ein kleiner Trost war auch die Kompensation des Flugs. Seine CO-Bilanz wird in einen Spendenbetrag umgerechnet, der in Aufforstungs- und Klimaprojekte fließt. Zudem haben wir uns beim Austausch nur klimafreundlich, also vegetarisch, ernährt.

Was war das Ziel des Austausches?

Ziel war, den jungen Menschen auf Fidschi eine Stimme zu geben, Netzwerke zu schaffen und gemeinsam aktiv zu werden. Durch das eigene Erleben sollte uns die Dringlichkeit der Thematik noch bewusster werden. Zurück in Deutschland berichten wir beispielsweise in Bildungseinrichtungen über unsere Erfahrungen.

Fidschi – Das klingt, als hätten Sie einen entspannten Badeurlaub gehabt.

Trotz der „Fiji-Time“, einem Ausdruck für die spürbare Gelassenheit vieler Fidschianer, hatten wir einen straffen Zeitplan. Wir haben mit Regierungsvertretern gesprochen, Unis und Schulen besucht, Mangroven gepflanzt und mit Dorfbewohnern über die Auswirkungen der Klimaveränderungen gesprochen. Uns war es wichtig, viele Eindrücke zu gewinnen.

Inwiefern haben die Pazifik-Inseln mit dem Klimawandel zu kämpfen?

Die Menschen dort sind täglich mit den Folgen der Erderwärmung konfrontiert. Durch die Emissionen erwärmt sich das globale Klima. Bei uns schmelzen die Gletscher rapide, dadurch steigt der weltweite Meeresspiegel an. Viele Dörfer auf den Fidschi-Inseln wurden bereits überflutet. In ihrer Not errichten die Bewohner hohe Betonmauern. Einige Dörfer mussten umgesiedelt werden. Ein weiteres Problem: Der Boden wird durch das Salzwasser unfruchtbar. So können keine Lebensmittel mehr angebaut werden. Letztes Jahr suchte ein Wirbelsturm der Stärke 5 die Insel heim und hinterließ ein Bild der Zerstörung. Der Wiederaufbau ist noch im Gange. Das klingt jetzt alles sehr weit entfernt, doch extreme Wettereignisse wie Stürme häufen sich auch bei uns in Deutschland.

Was unternehmen die Staaten dagegen?

Die Vertragsstaaten, also alle Staaten weltweit, leider mit Ausnahme der USA, wollen bis Mitte des Jahrhunderts komplett klimaneutral wirtschaften. Es sollen keine neuen Emissionen in die Atmosphäre gepustet werden. Jedes Land hat sich dafür nationale Ziele gesetzt. Für Deutschland lautet dies: Verringerung der Emissionen um 40 Prozent bis 2020 – im Vergleich zu 1980. Das ist ein sehr ambitioniertes Ziel.

Aber auch der Einzelne kann etwas tun.

Es ist unsere Verantwortung für diese Welt und für unsere Kinder, unsere Konsummuster zu überdenken. Wir müssen uns vom Überfluss befreien und mit dem Wachstumsgedanken, der auf Kosten der ärmeren Länder geht, abschließen. Jeder von uns in Deutschland verbraucht pro Kopf elf Tonnen CO pro Jahr. Würde jeder Erdbewohner in einem solchen Maße konsumieren, bräuchten wir zweieinhalb Erden. Ein paar Tipps: Auf dem Wochenmarkt einkaufen, öffentliche Verkehrsmittel nutzen, den Fleischkonsum reduzieren, tauschen statt zu konsumieren.

Können Sie uns noch Ihre Eindrücke von der Klimakonferenz schildern?

Es war sehr spannend, das Ganze live mitzuerleben. Beeindruckt hat mich der globale demokratische Prozess und der internationale Flair. Es wurde deutlich, dass der Klimawandel ein weltweites Problem ist, das wir nur gemeinsam lösen können. In unserem Hostel waren junge Klimaaktivisten aus der ganzen Welt untergebracht, mit denen wir uns beim Frühstück über das Weltgeschehen und individuelles Engagement austauschen konnten. Auch bei der Konferenz war der interkulturelle Austausch von großer Bedeutung: Zwischen fachlichen Vorträgen waren die Runden von persönlichen Erfahrungen und Emotionen geprägt. Eine indigene Frau erzählte unter Tränen, wie die Ölraffinerie ihre Heimat zerstöre oder ein junges Mädchen aus Kenia sagte: „Für uns geht es nicht um die Konferenz, es geht um unser Leben.“ Beeindruckend war auch die Willenskraft der anwesenden Jugenddelegierten. Obwohl es einigen Grund zum Pessimismus gibt, hat mich diese Energie angesteckt und auch ich fühlte mich als Teil dieser weltweiten Jugendbewegung. Wir junge Menschen sind die Macher von morgen.