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Abgas-Skandal und CO2-Ziele
Zukunftssorge treibt Daimler-Aktionäre trotz Rekordgewinn um

Daimler EQ
Daimler will das erste vollelektrische Auto der Marke EQ von 2019 an produzieren. Foto: Uli Deck
Daimler kann vor seinen Aktionären mit Rekordzahlen glänzen. Doch bei der Hauptversammlung in Berlin wollen die Anteilseigner lieber über die Zukunft reden - und so mancher hat Zweifel am Kurs des Autobauers.

Berlin (dpa) - Auch die jüngsten Rekordzahlen bei Daimler können die Zukunftssorgen vieler Aktionäre des Autobauers nicht vertreiben. Zu bedrohlich wirken der Diesel-Abgasskandal und immer schärfere CO2-Grenzwerte.

Auch Kartell-Vorwürfe, der geplante Konzernumbau und die Herausforderungen der Elektromobilität machen den Anteilseignern Sorgen - stundenlang mussten Vorstand und Aufsichtsrat bei der Hauptversammlung in Berlin Fragen zu den Dauerbrennern der vergangenen Monate beantworten.

Die Aktionäre fürchten unter anderem hohe Strafzahlungen im Zusammenhang mit dem Diesel-Abgasskandal sowie für den Fall, dass Daimler die in Zukunft geltenden CO2-Ziele der Europäischen Union für Mercedes-Benz-Fahrzeuge nicht einhalten kann.

Viel Redebedarf hatten die Aktionäre auch zum Einstieg des Gründers des chinesischen Autokonzerns Geely, Li Shufu, bei Daimler. Der Milliardär hatte Anfang Februar knapp zehn Prozent der Anteile gekauft und war damit auf einen Schlag größter Einzelaktionär geworden.

Etliche Nachfragen brachten aber kaum Neues zu den Folgen dieses Einstiegs ans Licht. Vorstandschef Dieter Zetsche und sein Finanzvorstand Bodo Uebber trugen wiederholt eine vorbereitete Sprachregelung dazu vor, wonach sie Li in erster Linie als Aktionär betrachten.

Zetsche hatte gleich in seinem Eingangsstatement betont, dass man Optionen für eine Zusammenarbeit ausloten werde. «Wir sind in China offen für alles, was im Einklang mit den Interessen unseres langjährigen Partners BAIC steht», betonte er. Auswirkungen auf den angedachten Konzernumbau habe der Einstieg Lis nicht, ergänzte Uebber. Einige Finanzanalysten und Aktionärsvertreter sehen das durchaus anders.

Viel Kritik gab es auch an der unterdurchschnittlichen Entwicklung des Aktienkurses. «Es liegt ein Schleier auf den Automobilwerten und auch über unserer Daimler AG», sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler. Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment verwies auf Sorgen am Kapitalmarkt, dass es angesichts der Bestwerte bei Absatz, Umsatz und Gewinn im vergangenen Jahr nicht mehr besser werden könne und nach den fetten auch wieder magere Jahre kämen.

Der Rückhalt für die Konzernführung fiel dann am Ende trotzdem deutlich aus: Jeweils mehr als 90 Prozent stimmten für die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat.

Vor allem vom Wachstum in China getrieben, hatte Daimler 2017 so viele Fahrzeuge wie noch nie verkauft - was letztlich auch zu Bestwerten in der Bilanz führte. Bei einem Umsatz von 164,3 Milliarden Euro (+7 Prozent) machte der Dax-Konzern einen Gewinn vor Zinsen und Steuern von 14,7 Milliarden Euro - 14 Prozent mehr als im Jahr davor.

Beim Gewinn, der unterm Strich auf die Aktionäre entfällt, fiel das Plus noch weitaus deutlicher aus. 10,5 Milliarden Euro bedeuten einen Zuwachs um 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Pro Aktie schüttet Daimler 3,65 Euro Dividende aus, 40 Cent mehr als vor einem Jahr und insgesamt rund 3,9 Milliarden Euro.

Was die rechtlichen Risiken angeht, hielten sich Vorstandschef Zetsche und auch Finanzvorstand Uebber ebenfalls weitgehend zurück. Dafür warnte Zetsche die Aktionäre schon einmal vorsichtig vor den Folgen, die die massiven Investitionen in die Elektromobilität auf die Bilanz der kommenden Jahre haben könnten. «Mehr Elektroautos sind gut für die CO2-Bilanz. Aber nicht so gut für unsere Konzern-Bilanz - jedenfalls vorübergehend», sagte Zetsche. Der Wandel hin zu einer emissionsfreien Mobilität sei eine betriebswirtschaftliche Herausforderung. «Deshalb geben wir beim Thema Effizienz keinen Deut nach», sagte Zetsche.

Daimler will das erste vollelektrische Auto der Marke EQ von 2019 an produzieren, neun weitere Modelle sollen folgen. Zudem soll es bis 2022 in jedem Mercedes-Segment eine elektrifizierte Variante geben.

Um die Investitionen stemmen zu können, hatte Zetsche in der Pkw-Sparte Mercedes-Benz im vergangenen September bereits ein neues Sparprogramm aufgelegt, das über die kommenden Jahre einen Spielraum von zusätzlichen 4 Milliarden Euro liefern soll. Unter anderem sollen Produkte schneller auf den Markt gebracht werden, bei den Material- und Produktionskosten wollen die Stuttgarter effizienter werden.

In der Hauptversammlung betonte Zetsche erneut auch die Bedeutung des Diesels für die Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes. «Ohne jeden Zweifel: Wir Automobilhersteller stehen in der Verantwortung, wenn es darum geht, individuelle Mobilität, Klimaschutz und Luftreinhaltung in Einklang zu bringen», sagte er.

Fahrverbote lehnte er explizit ab, zudem sprach er sich indirekt auch gegen die inzwischen von vielen geforderte Hardwarenachrüstung von Diesel-Autos aus: Daimler befürworte, «was technisch sinnvoll und finanziell verantwortbar» sei. «Hierfür sind die angekündigten Software-Updates für über drei Millionen Fahrzeuge eine wirksame und vergleichsweise schnelle Lösung.»

Von den Möglichkeiten des autonomen Fahrens zeigte sich Zetsche weiterhin überzeugt. In den vergangenen Wochen waren in den USA bei Unfällen mit einem Roboterwagen des Fahrdienstvermittlers Uber sowie bei einem Tesla-Auto mit eingeschaltetem Autopiloten zwei Menschen ums Leben gekommen. «Wir wollen die Sicherheit auf den Straßen weiter verbessern», sagte Zetsche. «Genau deshalb treiben wir das autonome Fahren voran. Es wird die Zahl der Unfälle signifikant verringern.»