Ihre Mutter sei zwar sehr lieb, aber eben auch sehr kritisch gewesen, wenn es um die Handarbeiten ihrer Schülerinnen und ihrer Tochter ging. „Meine Mutter hat alles immer sofort auf links gedreht und geschaut, wie die einzelnen Stücke versäubert sind“, erinnert sich Karin Michael an die prüfenden Blicke. Schlampereien ließ ihre Mutter nicht durchgehen. Klassenbeste sei sie im Fach Handarbeiten gewesen, erinnert sich die 71-Jährige. Die Stücke waren so gut, dass die Lehrerin zu Unrecht vermutete, Karins Mutter könnte geholfen haben.
Die Liebe zum Handarbeiten ist geblieben: Als die drei Kinder klein waren, hat Karin Michael den größten Teil der Kleidung an der Nähmaschine selbst genäht. „Meine Kinder haben kaum gekaufte Kleidung getragen“, erinnert sie sich. Doch an der Nähmaschine sitzt sie heute kaum noch, sie greift inzwischen lieber zu Strick- und Häkelnadeln. Ihr Lieblingsplatz befindet sich auf dem großen Sofa im Wohnzimmer. Kakadu Jule sitzt meistens ganz nah bei Karin Michael und stibitzt ihr manchmal sogar die Nadeln. Weit kommt der Vogel damit nicht.
In einem Zimmer in der großzügigen Wohnung ist all das zu bewundern, was die Kornwestheimerin in den vergangenen Wochen gestrickt und gehäkelt hat: Mützen, Socken, Handschuhe und Schals sind die Winterklassiker. Zum Repertoire von Karin Michael gehören aber auch Stulpen, Babysöckchen, und Topflappen für die Griffe der Kochtöpfe.
Wie in einem Handarbeitsgeschäft sieht es im Dachgeschoss aus: In den Regalen werden unzählige Wollknäuel aufbewahrt. So wie es aussieht, geht Karin Michael das Material so schnell nicht aus. Die Ideen übrigens auch nicht. Immer wieder lässt sich die 71-Jährige neue Motive einfallen, damit ihre Strick- und Häkelkreationen im Trend liegen: Die Babyschühchen werden wie angesagte Turnschuhe gestaltet, Abbildungen von Minions zieren die Strickmützen.
Auch Sportvereine wissen das handwerkliche Geschick der Seniorin zu schätzen: So hat sie die 70 Mitglieder des Sportvereins Pattonville mit Mützen in der Vereinsfarbe ausgestattet. Auch für die Damen-Eishockeymannschaft in Esslingen hat sie zu die Stricknadeln klappern lassen. „Sogar in Kanada und Australien trägt man meine Mützen“, erzählt Karin Michael stolz.
Ihre Tochter Lina Mohr, selbst Mutter von drei erwachsenen Kindern, ist seit 26 Jahren als Tagesmutter im Einsatz. Offenbar hat sie von ihrer Mutter nicht nur die Kinderliebe, sondern auch die Kreativität geerbt. Seit gut einem halben Jahr näht sie Kissen aus dekorativen Stoffen, die sie mit Zirbenholzspäne füllt. Das Material bezieht sie von einem Schreiner aus Österreich. Dem aromatischen Duft des Zirbenholzes wird eine ganz besondere Wirkung zugesprochen. Dieser soll sich positiv auswirken.
Ein kleines Kissen mit Zirbenholz am Kopfende soll einen festen und tiefen Schlaf fördern, indem der Herzschlag gedenkt wird. Damit das Zirbenholz seinen aromatischen Duft behält, sollte es ab und an draußen gelüftet werden. Die Späne nehmen die Feuchtigkeit auf und duften anschließend umso aromatischer. Die Zirbenkiefer gehört zur Familie der Kieferngewächse und ist in den Alpen beheimatet.
Dass von Zirbenholz eine ganz besondere Wirkung ausgeht, kann Karin Michael nur bestätigen. Nächtigen ihr Mann Siegmar und sie doch seit einigen Jahren in einem von einem Schreiner in Südtirol angefertigten Bett aus Zirbenholz. Vielleicht ist das ja das Geheimnis von Energie und Kreativität?