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Vor allem kleinere Flugzeuge
Deutlich mehr Luftfahrt-Unfälle in Deutschland

Kleinflugzeug
Ein notgelandetes Kleinflugzeug liegt auf einem Feld in Niedersachsen. Im vergangenem kam es zu deutlich mehr Unfällen in der deutschen Zivilluftfahrt. Foto: Hauke-Christian Dittrich
Nie zuvor war Fliegen so sicher, jubelten Unfallforscher im vergangenen Jahr. Nun deuten erste Zwischenbilanzen auf ein Ansteigen der Luftfahrt-Unglücke hin. Müssen sich Urlauber Sorgen machen?

Hannover (dpa) - Die Zahl der Unfälle in der deutschen Zivilluftfahrt ist im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Das geht aus einer Zwischenbilanz der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) in Braunschweig hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. 

Demnach gab es in diesem Jahr zwischen Januar und Mitte Juli 126 Unglücke, im Vorjahreszeitraum waren es 107. In die schweren Fälle involviert waren 2018 vor allem kleinere Flugzeuge bis 2000 Kilogramm (42 Fälle). Bei den kleinen Fliegern gab es mit 10 Toten auch die meisten Menschenleben zu beklagen. Insgesamt gab es im ersten Halbjahr 2018 23 Todesopfer (Vorjahreszeitraum: 19).

Dabei berichtete die BFU in ihrer Unfallbilanz 2017 noch recht euphorisch, die Zahl der Unfälle und schweren Störungen habe sich im Vergleich zu den 1990er Jahren mehr als halbiert. «Im vergangenen Jahr hatte die BFU mit in Deutschland registrierten Luftfahrzeugen im In- und Ausland und ausländisch registrierten Luftfahrzeugen in Deutschland die seit 28 Jahren geringste Anzahl von Unfällen und schweren Störungen zu verzeichnen», schrieb die BFU in dem Jahresbericht.

Wie erklärt sich nun der Anstieg in diesem Jahr? Müssen sich die zahlreichen Urlauber beim Besteigen ihrer Urlaubsmaschinen nun Sorgen machen? Nein, sagt Arwed Richter vom Hamburger Flugunfallbüro JACDEC («Jet Airliner Crash Data Evaluation Centre»). «Im langfristigen Trend der vergangenen 30 Jahren bleibt das Fliegen so sicher wie nie.» Aber: «Auch im internationalen Luftverkehr ist jetzt schon klar, dass es mehr Unfälle und vor allem Todesfälle gegeben hat.»

Betroffen seien meist regionale Airlines in Kathmandu oder Kuba, die nicht das Gros der Weltluftfahrt repräsentierten. Allein der Absturz einer Boeing 737 im Mai auf Kuba mit mehr als 100 Toten hob die Unfallbilanz auf ein Niveau, das weit über dem des gesamten Jahres 2017 lag.

Nach den Halbjahreszahlen seines Büros - bei denen allerdings nur kommerzielle Flugzeuge mit einem Gewicht von mehr als 5,7 Tonnen oder mindestens 19 Sitzen erfasst wurden - gab es weltweit insgesamt 327 Zwischenfälle. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum hatten die JACDEC-Unfallforscher nur 302 solcher Fälle gezählt. Nun gab es allein zwischen Januar und Juni insgesamt vier tödliche Unfälle mit insgesamt 300 Toten. Im ersten Halbjahr 2017 hatte das Hamburger Büro gerade mal 16 Unfalltote gezählt.

Das Jahr 2017 galt als sicherstes Jahr in der Geschichte der gewerblichen zivilen Luftfahrt. In Europa blieben schwerere Flugzeugunglücke mit Todesfällen sogar völlig aus. Der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) hatte mit Blick auf 2017 errechnet: «Fliegen war 2017 also etwa 482 Mal sicherer als in den 1970ern.»

Wie erklären sich vor dem Hintergrund dann die Zahlen der BFU? In der Bilanz enthalten sind zum einen alle in Deutschland registrierten Maschinen sowohl der kommerziellen wie auch der privaten Luftfahrt - vom Airbus über den Segelflieger bis zum Heißluftballon. Also auch das zweisitzige Ultraleichtflugzeug, das bei der Landung von der Bahn abkam, oder Unfälle von in Deutschland zugelassenen Luftfahrtzeugen im Ausland. Die Zahl der aufgelisteten Unfälle spiegelt also nicht unbedingt das Sicherheitsniveau der Branche wider.

Der Boom in der zivilen Weltluftfahrt ist ungebrochen. Die UN-Luftfahrtorganisation ICAO geht von mehr als vier Milliarden Passagieren aus - für 2025 wird die Neun-Milliarden-Marke angepeilt.

Mitteilung Aviation Safety Network

Luftfahrt-Unfalluntersuchungsbüro JACDEC

Global Aviation Safety Study