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Supreme-Court-Besetzung
Trump greift mutmaßliches Opfer seines Richterkandidaten an

US-Präsident Donald Trump
Stellt die Glaubwürdigkeit jener Frau in Frage, die seinem Wunschkandidaten für den Supreme Court sexuelle Übergriffe vorwirft: US-Präsident Donald Trump. Foto: Evan Vucci/AP
Die Anschuldigungen gegen den Supreme-Court-Anwärter Kavanaugh sind heftig. Eine Frau wirft ihm versuchte Vergewaltigung vor. In den vergangenen Tagen hielt sich der US-Präsident in der Debatte zurück. Nun geht Donald Trump die Frau öffentlich an. Mit welchen Folgen?

Washington (dpa) - US-Präsident Donald Trump hat öffentlich die Glaubwürdigkeit jener Frau in Frage gestellt, die seinem Wunschkandidaten für den Supreme Court sexuelle Übergriffe vorwirft.

In einem Tweet forderte Trump am Freitag die Psychologie-Professorin Christine Blasey Ford auf, ihre Anschuldigungen zu untermauern. Er habe keinen Zweifel, dass sich Ford oder ihre «liebevollen Eltern» damals sofort an die Strafverfolgungsbehörden gewandt hätten - falls die Attacke auf Ford so schlimm gewesen sei, wie sie es sage, schrieb Trump bei Twitter. Er rufe sie auf, eine Anzeige von damals vorzulegen, damit Datum, Zeit und Ort des Angriffs klar würden.

Damit ging Trump die Frau erstmals offensiv an. In den Tagen zuvor hatte er sich betont maßvoll in der Debatte gegeben. Er hatte seinen Supreme-Court-Kandidaten Brett Kavanaugh zwar wiederholt verteidigt und den Kurs der Demokraten in der Frage heftig kritisiert, aber sich auffallend mit Wertungen über Ford zurückgehalten.

US-Medien berichteten, Trumps Umfeld im Weißen Haus habe den Präsidenten zuvor sehr zu Zurückhaltung in dem heiklen Fall gedrängt, um nicht weibliche Wähler zu verschrecken oder in den eigenen Reihen der Republikaner für Unmut zu sorgen. Anfang November stehen die wichtigen Kongresswahlen an, zur Halbzeit von Trumps Amtszeit. Die Strategie der Zurückhaltung hielt nur einige Tage.

Trump hat Kavanaugh als Richter für den Supreme Court vorgeschlagen. Der US-Senat muss die hochrangige Personalie bestätigen. Kurz vor der Entscheidung des Senats hatte Ford aber schwere Vorwürfe gegen den umstrittenen konservativen Juristen erhoben. Sie gibt an, Kavanaugh habe versucht, sie nach einer Schülerparty Anfang der 1980er Jahre zu vergewaltigen. Er soll sie vor 36 Jahren bei einer Highschool-Party auf ein Bett geworfen haben. Kavanaugh habe versucht, sie auszuziehen und sie am Schreien gehindert. Der Richter bestreitet all das energisch.

In der kommenden Woche sollen beide vor einem Ausschuss des US-Senats zu der Sache aussagen. Über die Bedingungen und den Zeitplan einer solchen Anhörung wird noch verhandelt. Ursprünglich war der kommende Montag dafür angepeilt. Ford ließ über ihre Anwältin erklären, sie könne nicht am Montag aussagen, wohl aber im Laufe der Woche.

Außerdem stellte sie mehrere Bedingungen für eine Anhörung, wie US-Medien berichteten. Unter anderem besteht sie demnach darauf, nicht mit Kavanaugh in einem Raum zu sein und nach ihm auszusagen. Außerdem müsse ihre Sicherheit gewährleistet sein. Nach Angaben ihrer Anwältin hat Ford seit ihrer Offenbarung Morddrohungen erhalten.

Ford hatte ursprünglich auch darauf bestanden, dass die Bundespolizei FBI den Fall untersucht, bevor sie vor dem Senat dazu aussagt. Das forderten auch die Demokraten. Das FBI will laut «Washington Post» aber nicht tätig werden - es sei denn, es werde vom Weißen Haus dazu beauftragt. Trump ist gegen FBI-Ermittlungen. Der US-Präsident schrieb am Freitag bei Twitter, «linksradikale» Anwälte wollten das FBI einschalten. «Warum hat niemand das FBI vor 36 Jahren angerufen?»

Ford hatte bereits erklärt, dass sie nach der Party zunächst niemandem von dem Vorfall erzählt habe, auch ihren Eltern nicht. Trumps Forderung, sie möge die Anzeige vorlegen, die sie und ihre Eltern damals sicher sofort erstattet hätten, läuft damit ins Leere.

Der US-Präsident warf den oppositionellen Demokraten erneut vor, sie nutzten Fords Vorwürfe, um Kavanaughs Berufung zu verzögern. Er sprach in einem weiteren Tweet von «linksradikalen Politikern», die keine Antworten wollten, sondern nur verzögern und Unheil anrichten.

Die Ernennung des Supreme-Court-Richters ist in den USA ein großes Politikum. Die Nachbesetzung mit Kavanaugh könnte dem obersten Gericht - höchste Instanz in vielen relevanten gesellschaftlichen Fragen - auf viele Jahre ein konservatives Übergewicht geben. Die Demokraten wehren sich vehement gegen die Ernennung und versuchen, die Abstimmung dazu bis nach den Parlamentswahlen am 6. November zu verzögern - in der Hoffnung, dann eine eigene Mehrheit zu haben und Kavanaugh in letzter Sekunde noch verhindern zu können.

Trump-Tweet