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Außenminister in Brüssel
Iran-Konflikt: Europäer appellieren erneut an USA

Scheitert das internationale Atomabkommen mit dem Iran an einem Alleingang des US-Präsidenten? Die Europäer wollen dies um jeden Preis verhindern und versuchen noch einmal, ein Zeichen zu setzen. An diesem Freitag steht in Washington eine wichtige Entscheidung an.

Brüssel (dpa) - Kurz vor einer wichtigen US-Entscheidung zum Atomabkommen mit dem Iran haben Deutschland, Frankreich und Großbritannien eine eindringliche Mahnung an Präsident Donald Trump gerichtet.

«Wir appellieren an die Vereinigten Staaten mitzuhelfen, dass dieses Abkommen weiterlebt», sagte Außenminister Sigmar Gabriel an diesem Donnerstag nach einem europäischen Krisentreffen mit dem iranischen Außenminister Mohamed Dschawad Sarif in Brüssel. Der Atomdeal zeige, dass die Weiterverbreitung von Nuklearwaffen mit diplomatischen Mitteln verhindert werden könne.

Bei den Gesprächen wollten die EU-Staaten versuchen, ein Scheitern der internationalen Vereinbarung zu verhindern. US-Präsident Trump hat deren Zukunft infrage gestellt. Bis zu diesem Freitag muss er entscheiden, ob die Sanktionen gegen den Iran, die im Zuge des Abkommens ausgesetzt wurden, außer Kraft bleiben.

Zudem läuft am Samstag eine Frist ab, innerhalb derer der US-Präsident dem Kongress sagen muss, ob sich der Iran an die Auflagen des Abkommens hält. Im Oktober weigerte Trump sich, dies zu tun. Er forderte Senat und Repräsentantenhaus stattdessen auf, ein bestehendes Gesetz um weitere Drohmechanismen gegen Teheran zu erweitern. Mehrere Senatoren arbeiten derzeit an einem Entwurf.

Ziel der US-Regierung ist es offenbar, das Abkommen nicht aufzukündigen, aber auf andere Weise eine härtere Gangart gegen Teheran einzuschlagen. Bisherige Signale deuten nicht darauf hin, dass Trump die Sanktionen wieder in Kraft setzen könnte. Möglich ist aber, dass seine Regierung andere Strafmaßnahmen gegen den Iran verhängt, die nicht in Zusammenhang mit dem Atomdeal stehen.

Das Abkommen stellt dem Iran eine Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen - inklusive des Abbaus von Sanktionen - in Aussicht. Im Gegenzug hat sich das Land verpflichtet, für mindestens ein Jahrzehnt wesentliche Teile seines Atomprogramms drastisch zu beschränken, um keine Atomwaffe bauen zu können.

Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA überwacht das Abkommen. Sie bescheinigt dem Iran, die Auflagen zu erfüllen. Trump stellt die Vereinbarung allerdings trotzdem infrage. Er begründet das damit, dass der Iran nicht «Frieden und Stabilität in die Region» bringe.

Die Europäer sehen dies ebenso, verweisen aber darauf, dass es darum in dem Abkommen nur indirekt gehe und der Iran bislang alle schriftlich eingegangen Verpflichtungen einhalte. Gabriel sagte nach dem EU-Treffen in Brüssel, der Iran habe sich bereiterklärt, mit den Europäern künftig auch über seine Rolle in Ländern wie Jemen, Syrien und Libanon zu sprechen.

Teheran wird vorgeworfen, dortige Konflikte anzustacheln. Umgekehrt wird den mit dem Westen verbündeten sunnitischen arabischen Ölstaaten wie Saudi-Arabien vorgeworfen, genau diese Konflikte zu schüren.

Es sei notwendig, dass sich das Verhalten des Irans in der Region verändere, sagte Gabriel. Seinen Angaben zufolge soll es zunächst ein Treffen zum Konflikt im Jemen geben. Die Lage in dem Bürgerkriegsland sei katastrophal, sagte der SPD-Politiker.

Der iranische Außenminister Sarif nahm an der Pressekonferenz nach dem Treffen nicht teil. Neben Gabriel und Le Drian sprachen lediglich der britische Außenminister Boris Johnson und die EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini.

Sarif begrüßte die Ergebnisse des Krisentreffens in einer kurzen Mitteilung. «Heute herrschte in Brüssel eine große Übereinstimmung», twitterte Sarif nach dem Treffen. Die Europäer hätten akzeptiert, dass der Iran seine Verpflichtungen erfülle. Die zukünftige iranische Einstellung zum Atomabkommen hänge aber auch davon ab, wie die USA sich dazu am Freitag entscheiden würden.  

Nur kurz diskutiert wurden bei dem Treffen nach Angaben von Mogherini die jüngsten regimekritischen Proteste und Unruhen im Iran. Bei ihnen sollen um die Jahreswende herum mehr als 3700 Menschen festgenommen worden sein. 18 Demonstranten wurden getötet, zwei weitere kamen während der Proteste bei einem Unfall ums Leben.

Der EU war zuletzt wiederholt vorgeworfen worden, den Umgang der iranischen Behörden mit den Protesten nur zögerlich und nicht deutlich genug kritisiert zu haben. Ihr wird dabei unterstellt, das Atomabkommen mit dem Iran nicht gefährden zu wollen.

«Wir haben alle miteinander große Sorgen bezüglich der Situation der Menschen, die dort demonstrieren», sagte Gabriel. «Wir sind der festen Überzeugung, dass es eine Demonstrationsfreiheit geben muss.»