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Explosionen in Afghanistan
Journalisten unter Dutzenden Opfern bei Anschlägen in Kabul

Eine Serie von Anschlägen erschüttert Afghanistan. In Kabul werden auch neun Journalisten getötet, die über einen Anschlag berichten wollten. Anderswo trifft es Kinder, einen Polizeichef und einen BBC-Reporter. Ein dunkler Tag auch für die Pressefreiheit.

Kabul (dpa) - Bei mehreren Bombenanschlägen in verschiedenen Teilen Afghanistans sind Dutzende Menschen getötet worden, darunter auch Journalisten bei ihrer Arbeit vor Ort.

Ein Doppelanschlag in der Hauptstadt Kabul kostete mindestens 25 Menschen das Leben und verletzte mindestens 49 weitere, sagte Polizeisprecher Hashmatullah Stanakzay der Deutschen Presse-Agentur.

Unter den Opfern sind nach Angaben der Organisation «Reporter ohne Grenzen» mindestens neun Journalisten - unter ihnen der Fotograf Shah Marai der französischen Nachrichtenagentur Agence France Presse -, die über den ersten Anschlag berichten wollten. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte den Doppelanschlag in Kabul über Propagandakanäle im Internet für sich. Die Extremisten sprachen von mindestens 110 Verletzten.

Ein BBC-Reporter kam zudem bei einem Angriff in der Provinz Chost im Osten des Landes ums Leben, wie der britische Rundfunk-Sender auf Twitter mitteilte. Der Tod des 29-Jährigen Ahmad Shah sei ein verheerender Verlust, schrieb der Sender. Ersten Berichten örtlicher Medien zufolge soll er von Unbekannten erschossen worden sein.

In der Provinz Kandahar im Süden Afghanistans starben zudem mindestens elf Kinder, als ein Selbstmordattentäter sein sprengstoffgeladenes Fahrzeug nahe einer Moschee explodieren ließ - das Ziel in dem Bezirk Daman sollte offenbar ein ausländischer Militärkonvoi sein. 16 Menschen wurden verletzt, darunter neben Zivilisten und Polizisten auch acht rumänische Soldaten, wie die Nato-Mission Resolute Support (RS) in einer Erklärung mitteilte. Hinter dem Angriff wurden die radikalislamischen Taliban vermutet, sie äußerten sich zunächst nicht. In der östlichen Provinz Nangarhar wurde der Chef der Kriminalpolizei im Bezirk Behsud getötet. Auch dazu bekannte sich zunächst niemand.

Die beiden Explosionen in der afghanischen Hauptstadt waren zusammengenommen bereits der achte größere Anschlag in Kabul seit Jahresanfang. In den ersten vier Monaten 2018 wurden in der afghanischen Hauptstadt Hunderte Menschen getötet und verletzt. Die Bomben vom Montag explodierten kurz hintereinander während des morgendlichen Berufsverkehrs im Viertel Schaschdarak. Ein Selbstmordattentäter auf einem Motorrad habe die erste Detonation an einer Kontrollstelle nahe des Geheimdienstquartiers ausgelöst, sagte Polizeisprecher Stanakzay. In dem Stadtviertel befinden sich auch die US-Botschaft und das Nato-Hauptquartier.

Der Selbstmordattentäter des zweiten Anschlags hatte sich der Polizei zufolge als Journalist ausgegeben und eine Kamera getragen. Seine Bombe explodierte demnach inmitten einer Gruppe von Journalisten, als Helfer sich um die Verletzten des ersten Anschlags kümmerten. AFP-Informationsdirektorin Michèle Léridon würdigte den getöteten Fotografen auf Twitter für seinen Mut. Sein Tod sei ein «schrecklicher Schlag» für die gesamte Nachrichtenagentur. Zahlreiche Kollegen verschiedener Medien zollten dem Fotojournalisten auf Twitter Tribut.

Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian verurteilte den Doppelanschlag von Kabul als einen abscheulichen Akt. Erneut hätten Journalisten einen hohen Tribut gezahlt, sagte er. Den Angehörigen der Opfer sprach er sein Beileid aus. AFP und ihren Mitarbeitern «überall auf der Welt» sicherte der Außenminister die Solidarität Frankreichs zu. Zuvor hatte schon die Regierung in Paris auf der Webseite ihrer Botschaft in Kabul ihre Unterstützung für die Presse- und Meinungsfreiheit zum Ausdruck gebracht. Sie seien «zentrale Stützen einer demokratischen und freien Gesellschaft in Afghanistan.»

Die meisten der getöteten Journalisten arbeiteten dem Afghanischen Sicherheitskomitee für Journalisten (AJSC) zufolge für afghanische Medien wie den TV-Sender Tolo News oder den Radiosender RFE. Derartige Vorfälle seien eine große Bedrohung für die Meinungsfreiheit, sagte der AJSC-Vorsitzende Nadschib Scharifi der Deutschen Presse-Agentur. Nach Angaben von «Reporter ohne Grenzen» (ROG) ist Afghanistan das drittgefährlichste Land für Journalisten hinter Syrien und Mexiko. Neun Journalisten verloren dort demnach 2017 in Verbindung mit ihrer Arbeit ihr Leben.

Auch die USA würdigten in einer Mitteilung auf der Internetseite ihrer Botschaft die «tapferen Journalisten», die bei ihrer Arbeit ums Leben kamen. «Wo die Medien in Gefahr sind, sind alle anderen Menschenrechte umso mehr bedroht», hieß es.

Der Oberkommandierende der Nato-Streitkräfte in Afghanistan, John Nicholson, verurteilte ebenfalls die «feigen Anschläge» in der Hauptstadt. Zugleich drohte er, die «Feinde Afghanistans» könnten nicht gewinnen. «Aktionen wie diese stärken nur unseren unerschütterlichen Einsatz für die Menschen in Afghanistan.»