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Sessions-Ablösung: Was wird aus den Russland-Ermittlungen?

Donald Trump und Jeff Sessions
Donald Trump und Jeff Sessions, der von seiner Frau Mary begleitet wird, im Februar 2017 im Oval Office: Nur einen Tag nach den Kongresswahlen in den USA muss der US-Justizminister seinen Posten in der Regierung von Präsident Trump räumen. Foto: Pablo Martinez Monsivais/AP
Es sind nicht mal alle Stimmen der US-Wahl ausgezählt, da geht US-Präsident Trump schon in die Offensive und drängt den ihm unliebsamen Justizminister Sessions aus dem Amt. Was wird nun aus den Russland-Ermittlungen? Die Demokraten wähnen Böses.

Washington (dpa) - Der erzwungene Rücktritt von US-Justizminister Jeff Sessions hat Befürchtungen ausgelöst, Präsident Donald Trump wolle die Russland-Ermittlungen gegen sich und sein Umfeld behindern.

Trump hatte am Mittwoch Sessions durch einen Vertrauten ersetzt - ein weiterer Peronalwechsel in der Regierung Trumps. Matthew Whitaker, der den Posten kommissarisch übernimmt, hatte in der Vergangenheit den Umfang der Ermittlungen kritisiert - jetzt wird er oberster Aufseher. Führende Demokraten sehen die Untersuchungen nun in großer Gefahr.

Ein FBI-Team um Sonderermittler Robert Mueller geht der Frage nach, ob es bei den mutmaßlich russischen Einflussversuchen auf die Präsidentschaftswahl 2016 geheime Absprachen zwischen Moskau und Trumps Wahlkampflager gab. Für Trump sind die Ermittlungen höchst unangenehm. Er geißelt sie regelmäßig als «Hexenjagd».

Die Chefs der Demokraten im Repräsentantenhaus und im Senat, Nancy Pelosi und Chuck Schumer, halten Whitaker für befangen. Sie sehen Sessions' Rausschmiss als Versuch, die Ermittlungen zu unterlaufen und zu stoppen. Sie sprechen von einer drohenden Verfassungskrise, sollten die Untersuchungen eingestellt werden. Der demokratische Senator Richard Blumenthal sagte dem Fernsehsender CNN: «Unsere Demokratie wird angegriffen.» Der neu gewählte republikanische Senator und frühere Präsidentschaftskandidat Mitt Romney twitterte, Muellers Arbeit dürfe nicht behindert werden.

Whitaker, bisher Stabschef des geschassten Justizministers, hat als Aufseher der Russland-Ermittlungen einen großen Spielraum, deshalb sind die Sorgen auch so groß. Whitaker könnte beispielsweise das Budget oder die Zahl der Mitarbeiter von Ermittler Mueller kürzen. Er könnte Wünsche ablehnen, die Untersuchung auszuweiten oder Trump vorzuladen.

Wenn Mueller seinen Abschlussbericht vorlegt, steht es in der Macht des Justizministers, diesen Bericht an den Kongress weiterzuleiten oder geheim zu halten. Allerdings hat Whitaker nicht in allem freie Hand. Wenn er Schritte des Ermittlers blockiere, müsse der Kongress informiert werden, schreibt die «New York Times». Er könne Mueller auch nicht einfach feuern, sondern nur bei Fehlverhalten.

Der zum Rücktritt gezwungene Sessions hatte es sich schon lange mit Trump verscherzt. Als oberster Chefankläger wäre er eigentlich für die Aufsicht über die Mueller-Ermittlungen zuständig gewesen. Sessions erklärte sich allerdings für befangen und übergab diese Aufgabe an seinen Stellvertreter Rod Rosenstein. Der Hintergrund für diesen Schritt, der Trump so in Rage brachte: Sessions traf sich während des Wahlkampfes mit dem damaligen russischen Botschafter in Washington, Sergej Kisljak. In einer Anhörung vor dem Senat verneinte er dies aber, obwohl er unter Eid stand.

Der Präsident hätte sich gewünscht, dass ihn sein Justizminister vor den Untersuchungen schützt: In der Vergangenheit drängte Trump Sessions sogar auf Twitter dazu, die Ermittlungen zu beenden, und er griff den Minister immer wieder öffentlich an.

Bereits seit längerem wurde erwartet, dass Trump mehrere Kabinettsmitglieder austauschen könnte - allen voran Sessions. Es wurde damit gerechnet, dass Trump mit dem Schritt aus taktischen Gründen bis nach der Kongresswahl warten würde. So kam es nun.

Trump verkündete den Personalwechsel am Mittwoch bei Twitter. Er dankte Sessions knapp für seine Dienste. In einem Schreiben an Trump machte Sessions klar, dass er keineswegs freiwillig seinen Posten räumte. In dem veröffentlichten Brief an Trump heißt es: «Auf Ihr Ersuchen hin reiche ich meinen Rücktritt ein.»

Russland hielt sich mit Kommentaren zurück. «Das ist nicht unsere Frage, das ist eine Frage der USA», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. Zu den laufenden Ermittlungen gegen Russland sagte der Vertraute von Präsident Wladimir Putin lediglich: «Das sind die Kopfschmerzen unserer amerikanischen Kollegen, wir haben mit der Untersuchung nichts zu tun.»

Nach Sessions zeichnen sich nach übereinstimmenden Berichten in US-Medien weitere Personalwechsel im Trump-Kabinett ab. Die Zeit ist günstig, weil seine Republikaner im Senat weiter eine Mehrheit haben. Der Senat muss die Ernennung von Ministern billigen. Nach der Zwischenwahl vom Dienstag haben die Republikaner in der Kammer wie bislang 51 der 100 Sitze sicher. Es könnten aber noch mehr werden, weil noch einzelne Senatsrennen offen waren.

Als Wackelkandidaten gelten in der Trump-Regierung Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen und Innenminister Ryan Zinke, wie die «Washington Post» sowie die Nachrichtenportale «Politico» und «The Hill» berichteten. Demnach wirft Trump Nielsen vor, nicht loyal zu sein und zu lasch bei der Grenzsicherung zu Mexiko vorzugehen.

Auf Innenminister Zinke haben sich die Demokraten eingeschossen, die nach der Zwischenwahl mit ihrer Mehrheit im Abgeordnetenhaus Untersuchungen einleiten können. Bei Zinke geht es nach Angaben von «The Hill» um fragwürdige Geschäfte. Trump wich am Mittwoch einer Frage zur Zukunft Zinkes aus: «Das schauen wir uns an», sagte er.

Trumps Republikaner hatten bei den Wahlen am Dienstag ihre Mehrheit im Senat verteidigt, ihre Kontrolle über das Repräsentantenhaus aber an die Demokraten verloren. Mit der gewonnenen Mehrheit im Repräsentantenhaus könnten die Demokraten Untersuchungen gegen Trump bis hin zu einem Amtsenthebungsverfahren einleiten. Ein solches Verfahren muss Trump derzeit zwar nicht befürchten, weil hierüber am Ende der Senat entscheiden würde - mit einer Zweidrittelmehrheit. Die ist aber nicht in Sicht. Die Demokraten könnten Trump und seine wichtigsten Mitarbeiter durch die verschobenen Kräfteverhältnisse im Repräsentantenhaus aber mit unangenehmen Aufgaben dauerhaft beschäftigen - und durch Untersuchungen, etwa zu den Russland-Verwicklungen, womöglich unangenehme Dinge zutage befördern.

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