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Scholz dämpft Kosten
Baukindergeld wird bei Quadratmetern gedeckelt

Wunsiedel-Imagekampagne
Baukindergeld als kommunale Initiative: Mit günstigen Bauplätzen und einem Zuschuss von 5000 Euro pro Kind wirbt die Stadt Wunsiedel in Oberfranken. Foto: David Ebener Foto: David Ebener
Es ist ein CSU-Lieblingsprojekt und wird nun deutlich gestutzt. Weil das Baukindergeld von weitaus mehr Familien als erwartet beantragt werden könnte, verschärft SPD-Finanzminister Scholz die Auflagen. Was das für unerwartete Folgen haben kann, zeigt ein Fall aus Berlin.

Berlin (dpa) - Die Bundesregierung will den Empfängerkreis für das neue Baukindergeld wegen befürchteter Mehrkosten in Milliardenhöhe einschränken. Die Leistung soll für eine vierköpfige Familie nur bis zu einer Obergrenze von 120 Quadratmetern Wohnfläche gezahlt werden.

Das geht aus einer überarbeiteten Regierungsvorlage für den Haushaltsausschuss des Bundestags hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Pro weiterem Kind soll die Fördergrenze um zehn Quadratmeter wachsen. Geplant ist ein Zuschuss von 12.000 Euro pro Kind über zehn Jahre.

Zuvor hatten auch die «Welt am Sonntag» und das «Handelsblatt» über die Verschärfung berichtet. Der Kompromiss zwischen Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sowie Innen- und Bauminister Horst Seehofer (CSU) war notwendig geworden, weil sonst die bisher von Union und SPD bis 2021 veranschlagten zwei Milliarden Euro nicht reichen würden. Das Vorhaben war von der bayerischen CSU durchgesetzt worden.

Scharfe Kritik an der geplanten Deckelung kam aus der Unionsfraktion. «Die Beschränkung ist ungerecht und sorgt für unnötige Bürokratie. Die meisten Familien, gerade auf dem Land, würden vom Baukindergeld ausgeschlossen», sagte der haushaltspolitische Sprecher Eckhardt Rehberg (CDU) der dpa. Das widerspreche dem Koalitionsvertrag. «Lebensfremd ist zudem die Beschränkung ab dem dritten Kind auf 10 Quadratmeter pro Kind. Solche kleinen Kinderzimmer werden heute gar nicht mehr gebaut.»

Der stellvertretende Unionsfraktionschef Ulrich Lange (CSU) betonte, die Spitzen der Koalitionsfraktionen hatten bei ihrem Treffen auf der Zugspitze im Mai bewusst keine Obergrenze außer dem Einkommen festgelegt. «Wir wollen Familien die Schaffung von Wohneigentum erleichtern und diese Förderung nicht durch zu enge Flächenvorgaben unangemessen einschränken. Dabei muss es bleiben und das dafür erforderliche Finanzvolumen bereitgestellt werden», erklärte er. Dazu gebe es in der Koalition zurzeit intensive Gespräche.

Laut Koalitionsvertrag sollen Familien für den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses 1200 Euro pro Kind und Jahr erhalten - über einen Zeitraum von zehn Jahren. Also 12.000 Euro bei einem und 24.000 Euro bei zwei Kindern. Die Einkommensgrenze liegt bei 75.000 Euro zu versteuerndem Einkommen plus 15.000 Euro Freigrenze pro Kind, also 90.000 Euro bei einem und 105.000 Euro bei zwei Kindern.

Die Kinder müssen unter 18 Jahre alt sein und in der Immobilie wohnen. «Nach dem Einzug in die selbstgenutzte Immobilie muss die Meldebestätigung vorgelegt werden», heißt es in der Vorlage. Eine Sprecherin Seehofers betonte, man werbe im parlamentarischen Verfahren für eine Ausweitung der Quadratmeterzahl.

Am kommenden Mittwoch trifft sich der Haushaltsausschuss des Bundestags zur entscheidenden «Bereinigungssitzung», wo die letzten Details des bisher auf 341 Milliarden Euro veranschlagten Etats geklärt werden. Zusätzlichen Druck hatte erzeugt, dass die Spitzen der Koalitionsfraktionen von CDU, CSU und SPD bei ihrer Klausur auf der Zugspitze vereinbart hatten, dass die neue Subvention rückwirkend ab 1. Januar 2018 gezahlt werden soll - was Mehrkosten bedeuten wird.

Was die überraschende Deckelung bedeuten kann, zeigt ein Beispiel aus Berlin, das der dpa berichtet wurde. Eine freiberuflich tätige Frau (39) und ihr Freund (40) haben zwei Kinder und am Freitag den Kaufvertrag für eine 127 Quadratmeter große Wohnung abgeschlossen. «Wir haben mit Ach und Krach den Kredit bekommen», berichtet Karlotta Ehrenberg. Die Entscheidung sei nur in Erwartung des rückwirkend zugesagten Baukindergelds möglich gewesen. Jetzt sehe es so aus, als sei das Geld nur bei einem dritten Kind und einer dann auf 130 Quadratmeter steigenden Fördergrenze noch zu bekommen. «Das ist doch verrückt», kritisierte Ehrenberg.

Zuletzt war vor Kosten von bis zu vier Milliarden Euro bis 2021 gewarnt worden. Zudem will man verhindern, dass auch der Kauf von großen Luxusimmobilien gefördert wird. Die SPD sieht das Baukindergeld insgesamt kritisch, da alle Steuerzahler dafür aufkommen, es aber nur Familien hilft, die sich ein Eigenheim am Ende auch leisten können. Die Baukindergeldsumme kann wie ein Bausparvertrag als Sicherheit beim Immobilienerwerb eingebracht werden. Und soll zudem auch mit dem Erwerb von Eigentum als zusätzliche Sicherheit für die Rente und den Lebensabend helfen.

Steuerzahlerbund-Chef Reiner Holznagel hatte betont, es wäre viel mehr geholfen, wenn zum Beispiel die Grunderwerbsteuer gesenkt würde. In Berlin werden bei einem Wohnungskaufpreis von 350.000 Euro gleich 18.000 Euro fällig. Zwar ist diese Steuer Ländersache - aber hier könnte gerechter eine Entlastung geschaffen werden, statt alle Steuerzahler an der Subvention Baukindergeld zu beteiligen.

Die FDP lehnt das Projekt ab, der Haushaltsexperte Otto Fricke hält zudem die Quadratmeter-Auflage für absurd. «Wie soll man der vierköpfigen Familie mit 120,1 Quadratmeter Wohnfläche in einer alten Bergmannssiedlung im Ruhrgebiet erklären, dass sie leider komplett rausfällt und die Familie aus München im teuren Glockenbachviertel mit 119 Quadratmetern dagegen gefördert wird?», sagte er dem «Handelsblatt». Wenn der Haushaltsausschuss grünes Licht gibt, soll der Bundeshaushalt mitsamt der Vereinbarungen zum Baugeld in der ersten Juli-Woche im Bundestag beschlossen werden.