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Schlechte Bilanz
Geförderter Mieterstrom nach einem Jahr wenig gefragt

Private Photovoltaikanlage
Seit Inkrafttreten des Gesetzes am 25. Juli 2017 wurden bis Ende Juni 139 Anlagen eingetragen. Foto: Patrick Pleul
Die Solaranlage auf dem eigenen Dach ist nur was für wohlhabende Häuslebauer? Das sollte der Mieterstrom ändern: eine Förderung, um Vermietern und Mietern Lust auf eigenen Sonnenstrom zu machen. Nach einem Jahr ist die Bilanz aber mau. Woran liegt's?

Berlin (dpa) - Die Nachfrage nach geförderten Mieterstrommodellen, über die Mieter von Solaranlagen auf Hausdächern profitieren sollen, bleibt ein Jahr nach Einführung überschaubar. Die Bundesnetzagentur veröffentlichte neue Zahlen.

Die Summe der Leistung der eingetragenen Anlagen beträgt demnach für das laufende Kalenderjahr 3,7 Megawatt - förderfähig wären allerdings 500 Megawatt pro Jahr. Seit Inkrafttreten des Gesetzes am 25. Juli 2017 wurden bis Ende Juni 139 Anlagen eingetragen. «Wir beobachten die Wirkungen, aber zunächst muss das Gesetz auch im Markt wirken können», teilte das Bundeswirtschaftsministerium auf Anfrage dazu mit.

Das Gesetz sollte die Energiewende in den Innenstädten voranbringen. Dafür lässt der Hausbesitzer eine Photovoltaik-Anlage aufs Dach bauen, von der die Bewohner der Mietwohnung ohne Umweg Strom beziehen - und zwar billiger als von einem normalen Stromanbieter. Es entfallen nicht nur bestimmte Teile der Stromrechnung, etwa Netzentgelte, sondern der Betreiber der Anlage - also der Hausbesitzer oder ein von ihm beauftragter Anbieter - bekommt auch noch einen Zuschlag pro Kilowattstunde. Der nicht verbrauchte Strom wird ins Netz eingespeist und vergütet. Mieter sind nicht verpflichtet, den Strom vom Dach zu beziehen, das darf nicht mit dem Mietvertrag verknüpft werden.

Kritiker sehen sich nach einem Jahr bestätigt. «Die Zahlen zeigen, dass das Mieterstromgesetz kaum wirkt», sagte ein Sprecher des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), der Stadtwerke und kommunale Netzbetreiber vertritt, der dpa. Das liege nicht am Modell selbst, sondern an der rechtlichen Ausgestaltung: «Bürokratische Vorgaben wie Preisobergrenzen oder das Verbot geeigneter Flächen wie Garagendächer hemmen die Nachfrage.»

Finanziert wird der Zuschlag über die EEG-Umlage, die alle privaten Stromverbraucher und viele Unternehmen mit der Stromrechnung zahlen. Dass beim Mieterstrom die regional berechneten Netzentgelte für die Netzbetreiber wegfallen, führt ebenfalls zu Mehrkosten für die anderen Stromverbraucher in der Region - allerdings sehr überschaubar, wie das Wirtschaftsministerium angibt.

Dennoch kritisiert das unter anderem der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW): «Das Modell, über Privilegierung bei Netzentgelten Mieterstrommodelle zu fördern, ist kompliziert und birgt soziale Risiken», sagte Stefan Kapferer, der Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung. Zielführender sei eine komplette Förderung über die EEG-Umlage, so dass die Last bundesweit verteilt würde.

Ein Bündnis aus Immobilien-, Energie- und Umweltverbänden sowie Verbraucherschützern hat bereits Verbesserungsvorschläge vorgelegt. Es fordert unter anderem, den Strom von der EEG-Umlage zu befreien oder den Zuschlag entsprechend zu erhöhen. Verbraucher ohne Mieterstrom, die dies über ihre Stromrechnung mitfinanzierten, sollten über eine Reform beim Strompreis entlastet werden. Zudem sollten aus Sicht der Verbände der Lieferbereich für den Mieterstrom erweitert werden, etwa auf den Wohnblock oder das Quartier.

Die Grünen im Bundestag nannten das Mieterstromgesetz einen «Rohrkrepierer». Schon vor einem Jahr sei es als viel zu bürokratisch und ineffizient kritisiert worden, sagte Vize-Fraktionschef Oliver Krischer. «Wieder einmal haben Union und SPD unter Beweis gestellt, dass sie nicht willens oder in der Lage sind, die notwendigen nächsten Schritte in der Energiewende zu gehen.»