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Merkel-Nachfolge
Merz würde als CDU-Chef keine Beschlüsse zurückdrehen

Im Wettbewerb um den Chefposten in der CDU richten sich die Augen vor allem auf Kramp-Karrenbauer und Merz. Doch noch sind es gut vier Wochen bis zum Wahlparteitag. Da kann noch einiges passieren.

Berlin (dpa) - Im Rennen um den CDU-Vorsitz bemüht sich der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz, nicht als Mann der Vergangenheit zu erscheinen. Der 62-Jährige traf sich am Donnerstag in Berlin mit mehr als 50 Parlamentariern der Union.

Besonders bei neuen und jüngeren Abgeordneten hat er Nachholbedarf, weil viele von ihnen Merz in seiner aktiven Zeit im Bundestag nicht erlebt haben. Merz sagte nach dpa-Informationen aus Teilnehmerkreisen, dass man nicht erwarten dürfe, dass er politische Entscheidungen der vergangenen Jahre - etwa im gesellschaftspolitischen Bereich - zurückdrehe.

Neben Merz bewerben sich CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, Gesundheitsminister Jens Spahn und eine Reihe weithin unbekannter Kandidaten um den Vorsitz. Entschieden wird auf einem Parteitag am 7. Dezember in Hamburg. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte nach den schweren Verlusten für die Union bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen ihren Rückzug vom Vorsitz angekündigt.

Der Sauerländer habe bei dem Treffen in Berlin auch deutlich gemacht, dass er sich nach seinem Ausstieg aus der Politik geändert habe. Merz wurde mit den Worten zitiert, er sei nicht mehr der Friedrich Merz von vor 17 Jahren. «Ich bin kein Schulz», sagte er nach Angaben der «Bild»-Zeitung mit Blick auf den SPD-Politiker Martin Schulz, der erst mit 100 Prozent der Stimmen zum Parteivorsitzenden gewählt und dann wenige Monate später von Andrea Nahles abgelöst worden war.

Der 62-Jährige hatte 2002 den Vorsitz der Unionsfraktion an die heutige Kanzlerin Angela Merkel verloren und sich 2009 aus der Politik zurückgezogen. Seitdem ist er in der Wirtschaft tätig. So ist er seit Frühjahr 2016 Aufsichtsratschef des deutschen Ablegers der US-Fondsgesellschaft Blackrock. Gegen die Firma ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft, es geht um umstrittene Steuergeschäfte - sogenannte Cum-Ex-Transaktionen - im Zeitraum 2007 bis 2011.

Etwa gleich viele Bürger würden nach einer Umfrage Merz und Kramp-Karrenbauer eine erfolgreiche Kanzlerschaft zutrauen. 36 Prozent könnten sich am ehesten Merz als Bundeskanzler vorstellen, knapp dahinter liegt Kramp-Karrenbauer mit 33 Prozent, so die Umfrage von Kantar Emnid im Auftrag der Funke Mediengruppe (Donnerstag).

Es gilt als wahrscheinlich, dass der oder die neue CDU-Vorsitzende bei der nächsten Bundestagswahl auch als Kanzlerkandidat antritt. Merkel will bis zum Ende der Wahlperiode Kanzlerin bleiben, aber nicht noch einmal kandidieren. Kramp-Karrenbauer sagte der «Frankfurter Allgemeine Zeitung» (Freitag) auf die Frage, ob sie den Blick schon auf die Kanzlerkandidatur richte: «Wenn man sich um das Amt der Vorsitzenden der CDU bewirbt, also einer Partei, die immer in der Lage sein muss, einen Regierungschef oder -chefin zu stellen, dann ist für mich klar, dass damit diese Möglichkeit verbunden ist».

Kramp-Karrenbauer erklärte, sie sehe ihre Aufgabe als Parteivorsitzende jedoch erst einmal darin, «mit allen Verantwortlichen, die Partei programmatisch, personell, organisatorisch in die Lage zu versetzen, dass sie im Falle von Neuwahlen, wann und mit wem sie auch immer stattfinden, die Aufgabe erfüllen kann».

Sie betonte, für einen Fall wie der Gruppenvergewaltigung in Freiburg, an dem mutmaßlich mehrere Asylbewerber aus Syrien beteiligt waren, reichten die Sanktionsmöglichkeiten nicht aus. «Wer auch immer in einem der Mitgliedstaaten ein solches Verbrechen begangen hat und eine lebenslange Einreisesperre erhält, der darf nicht mehr in den Schengen-Raum einreisen», forderte Kramp-Karrenbauer. Eine Abschiebung hänge allerdings davon ab, wie sich die Lage in Syrien entwickele. Könne sie aber erfolgen, dürfe ein solcher Asylbewerber nie wieder europäischen Boden betreten.

Was sie zur Flüchtlingspolitik zu sagen habe, stecke «im großen Thema Sicherheit», sagte Kramp-Karrenbauer. Die AfD erhalte auch deshalb Zuspruch, weil es ein Gefühl gebe, der Staat biete keine Sicherheit und keinen Schutz mehr. «Da müssen wir ganz konkrete Antworten geben.» Es reiche nicht aus, auf Statistiken zu verweisen, die belegen, dass die Kriminalität zurückgehe. «Wenn die Menschen nicht das Gefühl haben, dass sie sicher sind, dann können die Statistiken sagen, was sie wollen.»

Noch vor den geplanten Regionalkonferenzen der CDU wollen sich Kramp-Karrenbauer, Spahn und Merz am Freitagnachmittag beim Vorstand der Frauen-Union in Berlin vorstellen. Die Frauen-Union hat sich mehr oder weniger bereits für Kramp-Karrenbauer ausgesprochen. Die Regionalkonferenzen, bei denen sich die Kandidaten der Basis präsentieren wollen, sollen kommende Woche starten.

Brandenburgs CDU-Landeschef Ingo Senftleben sieht für Spahn im Rennen um den Bundesvorsitz schon keine Chance mehr. «Es ist ja kein Geheimnis, dass momentan Friedrich Merz und Annegret Kramp-Karrenbauer besonders im Fokus stehen. Und ich höre in Gesprächen, einer der beiden wird es wohl werden», sagte Senftleben der «Märkischen Allgemeinen» (Donnerstag).