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Keine Annäherung
Seehofer: Unterschiedliche Positionen bei Tarifverhandlungen

Zunächst Optimismus zum Start der entscheidenden Verhandlungsrunde für den öffentlichen Dienst. Doch dann verkündet Innenminister Seehofer erst einmal, dass alles kompliziert ist.

Potsdam (dpa) - Nach einem optimistischen Start in die wohl entscheidende Tarifrunde für den öffentlichen Dienst ist eine grundsätzliche Annäherung vorerst ausgeblieben.

Bei Höhe und Struktur eines möglichen Abschlusses gebe es nach wie vor unterschiedliche Positionen, sagte Innenminister Horst Seehofer (CSU) am Sonntagabend in Potsdam. Er ist der Verhandlungsführer des Bundes bei dem Tarifpoker für 2,3 Millionen Beschäftigte von Bund und Kommunen. 

«Wir haben uns ein Stückchen nach vorne bewegt», sagte Seehofer. Aber: «Es muss noch viel gerechnet werden.» Bis Montagmittag sollten Arbeitsgruppen Annäherungsmöglichkeiten ausloten, dann sollen sich die Verhandlungsführer wieder treffen.

Dennoch stehen die Zeichen nach den massiven Warnstreiks der vergangenen Tage auf Einigung. Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite zeigten sich am Mittag optimistisch, dass ein Durchbruch gelingt. Warnstreiks und eine insgesamt anhaltend gute wirtschaftliche Entwicklung sind offensichtlich nicht ohne Wirkung auch auf die Arbeitgeberseite geblieben.

Seehofer sagte vor Beginn auf die Frage, ob er die Warnstreiks beeindruckend fand: «Ja, auch die Haltung der Bevölkerung» - diese befürwortet eine Anhebung der Entgelte im öffentlichen Dienst.

Die Forderung der Gewerkschaften sei berechtigt, dass der öffentliche Dienst an der guten wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland teilhaben solle, sagte der CSU-Vorsitzende, der im Oktober in Bayern mit seiner Partei Landtagswahlen bestehen muss. «Denn diese Beschäftigten erbringen für unser Land einen ganz wichtigen Dienst.» Die Millionen Beschäftigten sollten jedenfalls bald erfahren, wie es weitergehe.

Die Forderungen der Gewerkschaften lehnte Seehofer gleichwohl ab. Die Arbeitgeber wollten in der Runde ein Angebot vorlegen, sagte er, ohne genauer darauf einzugehen. Bis zum Abend war so ein Angebot ausgeblieben, wie auch aus einer knappen gemeinsamen Erklärung der Verhandlungspartner hervorgeht.

Es geht um das Einkommen von 2,3 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen. In den vergangenen Tagen hatten massive Warnstreiks unter anderem Teile des Nahverkehrs in Deutschland lahmgelegt und den Flugverkehr gestört. Die Arbeitnehmer lehnen die Forderungen nach sechs Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 200 Euro mehr, bisher ab.

Verdi-Chef Frank Bsirske warnte, die Abstände der Entgelte im öffentlichen Dienst zur Privatwirtschaft dürften nicht immer größer werden. «Der öffentliche Dienst muss attraktiver werden.» Das gelte gerade auch für Auszubildende. 

Der Vorsitzende des Beamtenbunds dbb, Ulrich Silberbach, erwartete einen Durchbruch bis Dienstag. Aber anders als Bsirske, der zunächst abwarten wollte, wie sich Seehofer in den Verhandlungen positioniert, wurde Silberbach deutlich: «Sollten die Arbeitgeber sich einer vernünftigen, konstruktiven Lösung verweigern, dann werden wir weiter kämpfen für unsere berechtigten Forderungen. Dann würden wir die Arbeitskampfmaßnahmen natürlich nochmal verstärken müssen.»

Für die Kommunen, die weitaus mehr Beschäftigte haben als der Bund, ist ein Abschluss deutlich schwieriger als für den Bundesinnenminister. Der Präsident des kommunalen Arbeitgeberverbands VKA, Thomas Böhle, muss die Interessen finanzstarker Städte und Gemeinden sowie klammer Kommunen unter einen Hut bringen.

Böhle verweist immer wieder auf die Verschuldung von zuletzt mehr als 140 Milliarden Euro und den Investitionsrückstau von 126 Milliarden Euro. Doch auch die Kommunen profitieren von den seit Jahren steigenden Steuereinnahmen und den Zuwendungen des Bundes. Die Kommunen erzielten 2017 einen Überschuss von 10,7 Milliarden Euro, doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Böhle sprach vor der dritten Runde der Tarifverhandlungen von der «festen Absicht, uns zu verständigen».