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Streitthema Migration
Merkel plant Asyltreffen mit EU-Regierungschefs

Kanzlerin Merkel rennt die Zeit davon. Am Wochenende schon will sie ausloten, mit wem sie bilaterale Abkommen zur Migration erreichen kann. Ob ihr nach Macron weitere Regierungschefs folgen, ist offen.

Linz/Berlin/Rom (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel will sich an diesem Sonntag mit den Regierungschefs mehrerer EU-Staaten treffen, die von der Flüchtlingskrise besonders betroffen sind.

Merkel will bilaterale Abkommen erreichen, dass Migranten an den Grenzen zurückgeschickt werden können, wenn sie bereits in einem dieser Länder registriert wurden oder einen Asylantrag gestellt haben.

Den Angaben vom Mittwoch zufolge will sich die Kanzlerin in Brüssel mit sechs Regierungschefs treffen: Österreich, Italien, Frankreich, Griechenland, Bulgarien und Spanien. Am kommenden Dienstag soll es auf Antrag der SPD ein Treffen der Koalitionsspitze geben, bei dem die Migrationspolitik besprochen wird. Die SPD hatte massive Kritik am Vorgehen des Koalitionspartners CSU geübt. Thema dürfte aber auch die Vereinbarung von Meseberg zwischen Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sein, in der es unter anderem um eine Investitionsoffensive für die Euro-Zone ging.

Die CSU von Innenminister Horst Seehofer hatte Merkel zwei Wochen eingeräumt, um spätestens auf dem EU-Gipfel am 28. und 29. Juni derartige bilaterale Vereinbarungen zu treffen. Sollte Merkel dies bis dahin nicht gelingen, will Seehofer - gegen den Willen der Kanzlerin - im nationalen Alleingang Flüchtlinge, die schon zuvor registriert wurden, an der Grenze zurückschicken lassen. Damit würde der Asylstreit zwischen den Schwesterparteien weiter eskalieren, Ausgang offen.

Ob es Merkel tatsächlich gelingt, außer Frankreich weitere Regierungen für solche bilateralen Abkommen zu gewinnen, ist fraglich. Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte zeigte sich beim Treffen mit Merkel am Montagabend eher zurückhaltend. Das von der rechtspopulistischen Lega geführte Innenministerium in Rom fährt inzwischen eine harten Kurs gegen Flüchtlinge.

Die «Bild»-Zeitung (Mittwoch) zitierte einen hochrangigen griechischen Regierungsvertreter mit den Worten: «Wir erwarten für eine Stellungnahme die deutschen Vorschläge zur Lösung des Flüchtlingsproblems.» Das Treffen gilt als wichtiger Meilenstein für die von der Kanzlerin angestrebte europäische Lösung der Asyl- und Flüchtlingsproblematik.

Merkel und Macron hatten zuvor bei ihrem Treffen in Meseberg ein Eurozonen-Budget für 2021 vereinbart, aber im Rahmen der bisherigen Haushaltstrukturen und ohne Angaben zur Höhe. Ziel von Merkel und Macron ist es, den Euro krisenfester zu machen und eine milliardenschwere Investitionsoffensive zu starten. Im Koalitionsvertrag hatten CDU, CSU und SPD vereinbart, die Eurozone finanziell zu stabilisieren und die Grundlage für einen eigenen Investitionshaushalt zu schaffen.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zeigte sich zufrieden mit den Beschlüssen von Meseberg. Die Pläne seien «in hohem Maße konsensfähig», auch wenn vielleicht nicht alle EU-Länder spontan zustimmen könnten, sagte Juncker.

Die SPD-Spitze verteidigte die Kanzlerin gegen Söders Kritik. «Die täglichen Söder-Ausfälle sind mittlerweile vollkommen realitätsfern», sagte SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel der Deutschen Presse-Agentur. «Niemand kann was dafür, wenn Herr Söder in den Koalitionsverhandlungen gepennt hat.»

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) räumte im ZDF-«Morgenmagazin» ein, dass er in seinen 13 Jahren im Amt eine solch schwierige Lage im Verhältnis zwischen den Schwesterparteien noch nicht erlebt habe. Er zeigte sich jedoch überzeugt, dass Merkel in der Frage der Rücknahme von Flüchtlingen mit anderen europäischen Ländern eine Lösung findet.

Der Unionsfraktionschef will trotz allem weiter mit der CSU nach einer Lösung suchen. Die EU müsse angesichts der «Amerika-zuerst»-Politik von US-Präsident Donald Trump zusammenhalten, sagte Kauder. «Trump lässt nichts aus, uns zu bedrängen. Da brauchen wir Freunde in Europa.»