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Der Staat soll helfen
Bund unter Druck: Hilfe für Dürreversicherung gefordert

Die Dürre hat große Schäden verursacht, der Staat soll helfen. Helfen könnte auch eine Dürreversicherung, doch die haben nur ganz wenige deutsche Bauern - weil der Staat dabei nicht hilft.

München (dpa) - Angesichts der erwarteten Dürreschäden in Milliardenhöhe wächst der politische Druck auf den Bund, die Versicherung für die Bauern billiger zu machen.

Insbesondere Bayern verlangt von Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) eine Ausweitung der Steuervorteile für die landwirtschaftliche Versicherung und finanzielle Unterstützung für die Beitragszahlungen. Diese wies derweil den Vorwurf zurück, der Bund lasse Bauern hängen.

«Wir fordern vom Bund, dass er den Abschluss von Mehrgefahrenversicherungen unterstützt», sagte die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) der Deutschen Presse-Agentur. «Denn der Staat kann angesichts des Klimawandels nicht jedes Jahr das Risiko übernehmen und immense Summen als Schadensausgleich bereitstellen.»

Deutsche Bauern sind im Gegensatz zu ihren Kollegen in den USA, Frankreich und anderen Ländern in aller Regel nicht gegen Dürre versichert, sondern nur gegen andere Schäden wie Hagel. «Insgesamt kann man für Deutschland schon sagen, dass hier quasi nichts (gegen Dürre) versichert ist», sagte ein Sprecher des Rückversicherers Munich Re. «In den USA hingegen gibt es ein umfassendes System basierend auf einer öffentlich-privaten Partnerschaft.» Die USA, häufig als Musterbeispiel eines herzlosen Kapitalismus kritisiert, bezuschussten die Dürreversicherung - der deutsche Sozialstaat nicht.

«Wir brauchen passende Rahmenbedingungen für Versicherungslösungen», sagte Kaniber. «Das wird bei der nächsten Agrarministerkonferenz Ende September auch ein zentrales Thema sein.»

Dass die Versicherung gegen Dürre in vielen Ländern subventioniert wird, hat seinen Grund. Für die Versicherungsunternehmen ist Dürre ein «Kumulrisiko», wie eine Sprecherin der Münchener und Magdeburger Agrar erläuterte. Übersetzt in die Alltagssprache bedeutet dies das gehäufte («kumulierte») Auftreten eines Schadens.

Das ist auch für Laien leicht nachvollziehbar: Brände oder Autounfälle treffen grundsätzlich nur einen kleinen Teil der Versicherten, das Risiko ist relativ gut kalkulierbar. Extreme Dürre aber ist in aller Regel kein lokales Ereignis, sondern trifft Zehn- oder gar Hunderttausende Bauernhöfe in mehreren Ländern gleichzeitig. Eine Versicherung würde dann auf einen Schlag von Kosten überrollt.

Daher subventionieren nicht nur die USA, sondern auch viele europäische Länder die Versicherung ihrer Landwirte. Ein übliches Modell ist die sogenannte Mehrgefahrenversicherung, die Schäden aller Art abdeckt - einschließlich Dürre. Doch Deutschland geht hier einen Sonderweg. Zwar gibt es auch für die Versicherungsverträge deutscher Bauern Steuervorteile - aber nur gegen Hagel, Sturm, Starkregen und Frost. Die Dürreversicherung hingegen wird mit 19 Prozent besteuert.

Wie teuer die Agrarversicherung ist, lässt sich am US-Beispiel ablesen. Der Rückversicherer Swiss Re beziffert die Beitragseinnahmen der dortigen Mehrgefahrenversicherung auf neun Milliarden Dollar. «Abhängig von der Versicherungssumme werden bis zu 80 Prozent des Beitrags bezuschusst», sagt Swiss-Re-Manager Hans Feyen. «Die geringe Versicherungsdichte in Deutschland ist in der EU eher außergewöhnlich. In Ländern wie Frankreich, Österreich, Spanien und Italien ist die Mehrgefahrenversicherung ziemlich weit verbreitet.» Laut Swiss Re schießt die öffentliche Hand in allen diesen Ländern 50 bis 65 Prozent der Beiträge zu.

Agrarministerin Klöckner hat sich unterdessen gegen Kritik an unzureichenden Hilfen gewehrt. Landwirte in Not bekämen Unterstützung durch Liquiditätsprogramme etwa der Landwirtschaftlichen Rentenbank, es gebe Steuerstundungen und Hilfe bei der Futtermittelbeschaffung. «Wer jetzt schon Liquiditätsprobleme hat, im August, der hat sie nicht nur wegen der Trockenheit, um es deutlich zu sagen», meinte sie. Selbst wenn es eine gute Ernte wäre, «hätte man das alles noch nicht auf dem Konto».

Klöckner will den Erntebericht an diesem Mittwoch ins Kabinett bringen und bewerten, ob die Schäden wegen der Trockenheit ein «nationales Ausmaß» erreichen. Diese Einstufung wäre notwendig, damit neben den zuerst zuständigen Ländern auch der Bund erstmals seit 2003 Dürre-Hilfen auszahlen könnte. Der Bauernverband hat mehrfach Nothilfen von einer Milliarde Euro gefordert.

Der Sommer 2018 ist nach dem «Jahrhundertsommer» 2003 innerhalb von 15 Jahren bereits die zweite Dürreperiode, die Deutschland trifft. Dies ist im Einklang mit den Prognosen der Klimaforscher: Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Klimawandel für Mitteleuropa trockenere Sommer und feuchtere Winter bedeutet.