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Globaler Schuldenstand zu hoch
IWF warnt vor Risiken für die Weltwirtschaft

Frühjahrstreffen in Washington
IWF-Chefin Christine Lagarde forderte von den USA, ihr Defizit zu reduzieren statt es auszuweiten. Foto: Jose Luis Magana/AP
IWF und Weltbank sind sich einig: Ziemlich viel läuft in der Weltwirtschaft in die richtige Richtung. Sorgen machen sich die beiden Institutionen wegen der hohen Schulden weltweit. Ihre Frühjahrstagung beginnen sie mit einer Mahnung.

Washington (dpa) - Der Internationale Währungsfonds (IWF) hält seine Warnungen vor nahenden Gefahren für die Weltwirtschaft aufrecht. Für den Moment möge der Ausblick strahlend sein, sagte IWF-Direktorin Christine Lagarde in Washington. «Wir sehen aber mehr Wolken am Horizont als im Oktober.»

Der globale Schuldenstand sei auf einem Allzeithoch, das mache auch die Finanzmärkte verletzlich, sagte Lagarde. «Bei allem Respekt, die USA sollten ihr Defizit reduzieren und es nicht ausweiten.»

Für die Weltbank untermauerte Präsident Jim Yong Kim zum Auftakt des gemeinsamen Frühjahrstreffens mit dem IWF die Forderung nach einem Schuldenabbau. Besonders gefordert seien die afrikanischen Länder, sagte Kim. Die Weltbank sei besorgt über die Verschuldung vieler Entwicklungsländer.

Kim rief dazu auf, die Periode eines starken Wachstums für Investitionen zu nutzen - etwa in Infrastruktur, Gesundheit oder Erziehung. Das Wachstum müsse allen Mitgliedern einer Gesellschaft zugutekommen, sagte Kim.

Lagarde appellierte eindringlich, keine neuen Handelsschranken aufzubauen. «Unilaterale Handelsrestriktionen sind nicht hilfreich», sagte sie. «Die internationale Zusammenarbeit hat uns über Jahrzehnte geholfen, mehr Fortschritt für mehr Menschen als jemals zuvor zu erreichen.» Deshalb müsse diese fortgesetzt und nicht zurückgefahren werden.

Beim Handel hätten Spannungen, Friktionen und Drohungen das Potenzial, Investitionen langfristig zu beschädigen. Noch gebe es einen von mehreren Faktoren getragenen, breiten Aufschwung, sagte Lagarde. Sie schränkte ein: «Eskalierende Handelskonflikte bedrohen das Momentum.»

Lagarde forderte die Politik auf, Strukturreformen anzugehen und zu beschleunigen. Außerdem sollten Regierungen rasch beginnen, Puffer für die Zukunft einzubauen: Wenn die nächste Krise komme, müsse man vorbereitet sein. Eine Reduzierung der Schuldenstände sei dafür essenziell.

Alle Staaten müssten sich von protektionistischen Maßnahmen aller Art verabschieden, forderte Lagarde. «Jedes Land kann hier mehr tun.» Wenn Investoren die kommenden Bedingungen nicht kennten, würden sie sich zurückhalten. Das sei schlecht für das Wachstum.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz sieht große Herausforderungen für die finanzielle Stabilität der Europäischen Union durch das Ausscheiden Großbritanniens aus der EU. Die Tragweite der Konsequenzen durch den Brexit werde vielfach noch unterschätzt, sagte der SPD-Politiker bei einer Diskussionsrunde des IWF.

Ein Thema in Washington ist auch die Zukunft der Griechenland-Hilfen. Lagarde deutete an, dass das hoch verschuldete Land bald wieder auf eigenen Beinen stehen kann. «Die Märkte schauen sehr viel positiver auf Griechenland als zuvor.» Die Menschen dort seien acht Jahre lang durch eine schwere Zeit gegangen, mit zahlreichen Sparprogrammen und Reformen.

Scholz will am Rande der IWF-Tagung mit Lagarde die Zukunft der Milliardenhilfen für Griechenland beraten. Am Freitag trifft sich die «Washington Group», bestehend aus Lagarde sowie Vertretern von Europäischer Zentralbank (EZB), des Euro-Rettungsfonds ESM und mehreren europäischen Finanzministern.

Das dritte Hilfspaket für Griechenland seit 2010 in Höhe von 86 Milliarden Euro läuft im August aus. Athen hofft, bis dahin das Vertrauen der Finanzmärkte zurückgewonnen zu haben, um sich wieder selbst frisches Geld bei Investoren beschaffen zu können.

Regierungschef Alexis Tsipras ist zuversichtlich, dass das Land von August an finanziell wieder auf eigenen Beinen stehen kann. «Wir sind auf der Zielgeraden», sagte Tsipras zuletzt. In den kommenden Monaten muss Athen aber noch viele Bedingungen für die Hilfen erfüllen, vor allem Privatisierungen.

Frankreich kann sich Schuldennachlässe und eine Verlängerung der Hilfskredite mit Deckelung der Zinsen vorstellen. Nach der Fastpleite liegt Griechenlands Schuldenlast bei knapp 180 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - bei Deutschland sind es etwas mehr als 60 Prozent.

Der Grünen-Finanzexperte Sven-Christian Kindler betonte, Scholz müsse für Schuldenerleichterungen für Griechenland einstehen: «Das Land hat seine Verpflichtungen eingehalten, jetzt muss die Eurogruppe ihr Versprechen auch einhalten.» Allein die Zinsgewinne von 1,3 Milliarden Euro, die Deutschland durch die griechischen Kreditprogramme eingenommen habe, müssten ausgezahlt werden.